cionem voraus, und machte schonende Menschlich- keit gegen die, die sich ergaben, oder die vor Ver- wundung nicht mehr schaden konnten, unmöglich: aber was kümmert sich ein Kroat um Menschlich- keit, zumal wenn seine Vorgesezten selbst so un- menschlich sind, ihn, der sich auf eigne Faust er- nähren muß, gegen einen Blutsold zu Unmensch- lichkeiten aufzufodern! Um diesen Sold treufleißig zu verdienen, tödteten die Kroaten hie und da Bau- ren, weckten sie des Nachts auf, um nach diesem oder jenem zu fragen; und wenn die Unglücklichen ihre Thür oder Fenster öffneten, um ihnen Aus- kunft zu geben, so ergriffen sie dieselben, schnitten ihnen den Kopf ab, und ließen ihn als einen San- küllottenkopf sich bezahlen. -- Und nun wollen wir noch fragen, lieben Leser, warum so viele Barbareyen von den Franzosen in Deutschland her- nach begangen wurden?
Der Pfarrer zu Nußdorff, eine halbe Stunde von Landau, hat sich auch sehr an seiner Gemeinde versündiget. Dieser Mensch war, wie alle Pfaf- fen in ganz Frankreich, der neuen Einrichtung feind, ob er gleich lutherisch war: es ärgerte ihn sein Ver- lust des Dezems und der Sporteln. Es mogten auch mehrere von seinen Bauren etwas hart und derb mit ihm gesprochen haben. Er zeigte also diese bey den deutschen Offizieren an, und die armen
cionem voraus, und machte ſchonende Menſchlich- keit gegen die, die ſich ergaben, oder die vor Ver- wundung nicht mehr ſchaden konnten, unmoͤglich: aber was kuͤmmert ſich ein Kroat um Menſchlich- keit, zumal wenn ſeine Vorgeſezten ſelbſt ſo un- menſchlich ſind, ihn, der ſich auf eigne Fauſt er- naͤhren muß, gegen einen Blutſold zu Unmenſch- lichkeiten aufzufodern! Um dieſen Sold treufleißig zu verdienen, toͤdteten die Kroaten hie und da Bau- ren, weckten ſie des Nachts auf, um nach dieſem oder jenem zu fragen; und wenn die Ungluͤcklichen ihre Thuͤr oder Fenſter oͤffneten, um ihnen Aus- kunft zu geben, ſo ergriffen ſie dieſelben, ſchnitten ihnen den Kopf ab, und ließen ihn als einen San- kuͤllottenkopf ſich bezahlen. — Und nun wollen wir noch fragen, lieben Leſer, warum ſo viele Barbareyen von den Franzoſen in Deutſchland her- nach begangen wurden?
Der Pfarrer zu Nußdorff, eine halbe Stunde von Landau, hat ſich auch ſehr an ſeiner Gemeinde verſuͤndiget. Dieſer Menſch war, wie alle Pfaf- fen in ganz Frankreich, der neuen Einrichtung feind, ob er gleich lutheriſch war: es aͤrgerte ihn ſein Ver- luſt des Dezems und der Sporteln. Es mogten auch mehrere von ſeinen Bauren etwas hart und derb mit ihm geſprochen haben. Er zeigte alſo dieſe bey den deutſchen Offizieren an, und die armen
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cionem voraus, und machte ſchonende Menſchlich-
keit gegen die, die ſich ergaben, oder die vor Ver-
wundung nicht mehr ſchaden konnten, unmoͤglich:
aber was kuͤmmert ſich ein Kroat um Menſchlich-
keit, zumal wenn ſeine Vorgeſezten ſelbſt ſo un-
menſchlich ſind, ihn, der ſich auf eigne Fauſt er-
naͤhren muß, gegen einen Blutſold zu Unmenſch-
lichkeiten aufzufodern! Um dieſen Sold treufleißig
zu verdienen, toͤdteten die Kroaten hie und da Bau-
ren, weckten ſie des Nachts auf, um nach dieſem
oder jenem zu fragen; und wenn die Ungluͤcklichen
ihre Thuͤr oder Fenſter oͤffneten, um ihnen Aus-
kunft zu geben, ſo ergriffen ſie dieſelben, ſchnitten
ihnen den Kopf ab, und ließen ihn als einen San-
kuͤllottenkopf ſich bezahlen. — Und nun wollen
wir noch fragen, lieben Leſer, warum ſo viele
Barbareyen von den Franzoſen in Deutſchland her-
nach begangen wurden?
Der Pfarrer zu Nußdorff, eine halbe Stunde
von Landau, hat ſich auch ſehr an ſeiner Gemeinde
verſuͤndiget. Dieſer Menſch war, wie alle Pfaf-
fen in ganz Frankreich, der neuen Einrichtung feind,
ob er gleich lutheriſch war: es aͤrgerte ihn ſein Ver-
luſt des Dezems und der Sporteln. Es mogten
auch mehrere von ſeinen Bauren etwas hart und
derb mit ihm geſprochen haben. Er zeigte alſo dieſe
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/495>, abgerufen am 22.11.2024.
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