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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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hatte, vertrieb ich mit Bücherlesen und in der Ge-
sellschaft meiner Freunde, deren ich eine Legion in
jener Gegend habe. Alle Tage hatte ich Zuspruch,
aber nicht allemal war mir der Zuspruch erfreulich.
Viele kamen nur aus Neugierde, um den Kerl zu
sehen, welcher so mancherley Ebentheur bestanden
hatte. Solche Menschen sind wirklich unerträglich,
aber ich wußte auch allemal ihre Neugierde mit
Sarkasmen abzuspeisen: mit Pfaffen sprach ich
von der Pfafferey -- nach meiner Art; mit Juristen
kommendirte ich über die Hure Jurisprudenz, und
den Medizinern erklärte ich das goldne Sprüch-
lein:

Qui quondam medicus, nunc est vespillo
Diaules;
Quod vespillo facit, fecerat id medicus.

Hiedurch scheuchte ich die Eulen von mir. Aber
allemal war mir es herzlich lieb, wenn ich so ei-
nen alten ehrlichen Bruder wieder zu sehen bekam,
wie z. B. Herrn Stuber von Königsstetten.
Das Schicksal dieses Mannes geht mir noch jezt
sehr nahe. Seine Frau nämlich ward, wie er
mir im Sommer 1795, als ich bey den Schwaben
Korporal war, schrieb, wegen der Bübereyen und
Bedrückungen der Kaiserlichen tiefsinnig. Das
mag doch ein großes, großes Elend seyn!


hatte, vertrieb ich mit Buͤcherleſen und in der Ge-
ſellſchaft meiner Freunde, deren ich eine Legion in
jener Gegend habe. Alle Tage hatte ich Zuſpruch,
aber nicht allemal war mir der Zuſpruch erfreulich.
Viele kamen nur aus Neugierde, um den Kerl zu
ſehen, welcher ſo mancherley Ebentheur beſtanden
hatte. Solche Menſchen ſind wirklich unertraͤglich,
aber ich wußte auch allemal ihre Neugierde mit
Sarkasmen abzuſpeiſen: mit Pfaffen ſprach ich
von der Pfafferey — nach meiner Art; mit Juriſten
kommendirte ich uͤber die Hure Jurisprudenz, und
den Medizinern erklaͤrte ich das goldne Spruͤch-
lein:

Qui quondam medicus, nunc eſt veſpillo
Diaules;
Quod veſpillo facit, fecerat id medicus.

Hiedurch ſcheuchte ich die Eulen von mir. Aber
allemal war mir es herzlich lieb, wenn ich ſo ei-
nen alten ehrlichen Bruder wieder zu ſehen bekam,
wie z. B. Herrn Stuber von Koͤnigsſtetten.
Das Schickſal dieſes Mannes geht mir noch jezt
ſehr nahe. Seine Frau naͤmlich ward, wie er
mir im Sommer 1795, als ich bey den Schwaben
Korporal war, ſchrieb, wegen der Buͤbereyen und
Bedruͤckungen der Kaiſerlichen tiefſinnig. Das
mag doch ein großes, großes Elend ſeyn!


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[388/0400] hatte, vertrieb ich mit Buͤcherleſen und in der Ge- ſellſchaft meiner Freunde, deren ich eine Legion in jener Gegend habe. Alle Tage hatte ich Zuſpruch, aber nicht allemal war mir der Zuſpruch erfreulich. Viele kamen nur aus Neugierde, um den Kerl zu ſehen, welcher ſo mancherley Ebentheur beſtanden hatte. Solche Menſchen ſind wirklich unertraͤglich, aber ich wußte auch allemal ihre Neugierde mit Sarkasmen abzuſpeiſen: mit Pfaffen ſprach ich von der Pfafferey — nach meiner Art; mit Juriſten kommendirte ich uͤber die Hure Jurisprudenz, und den Medizinern erklaͤrte ich das goldne Spruͤch- lein: Qui quondam medicus, nunc eſt veſpillo Diaules; Quod veſpillo facit, fecerat id medicus. Hiedurch ſcheuchte ich die Eulen von mir. Aber allemal war mir es herzlich lieb, wenn ich ſo ei- nen alten ehrlichen Bruder wieder zu ſehen bekam, wie z. B. Herrn Stuber von Koͤnigsſtetten. Das Schickſal dieſes Mannes geht mir noch jezt ſehr nahe. Seine Frau naͤmlich ward, wie er mir im Sommer 1795, als ich bey den Schwaben Korporal war, ſchrieb, wegen der Buͤbereyen und Bedruͤckungen der Kaiſerlichen tiefſinnig. Das mag doch ein großes, großes Elend ſeyn!

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/400>, abgerufen am 22.11.2024.