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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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verschiednen Lagen, doch so viel gelernt, daß der
Mensch nimmermehr ganz unglücklich ist, wenn er
nur nicht selbst den Ursachen des ihn drücken-
den Uebels nachspührt. Denn finden wir die Ur-
sache davon in uns, so werden wir nothwendig mit
uns selbst unzufrieden, und dann gute Nacht Ru-
he auf geraume Zeit: finden wir sie an Andern, so
füllt sich unser Herz mit Zorn, Rachgierde und an-
dern unangenehmen Gefühlen, und wir sind eben-
falls unglücklich. Dieß ist eine von meinen e-
bens-Maximen
, die freilich ihr Schiefes hat und
etwas egoistisch ist; aber der Gerade geht ohne
Krücken, und nur der Beinbrüchige bedarf ihrer,
um durchzukommen, so gut es geht. Genug, für
Patienten von meiner Art hatte jener wohl recht,
welcher sagte:

Ich hab mein' Sach auf Nichts gestellt;
Drum kann mir's auch nicht fehlen.

In der Folge mehr über diesen Gegenstand.

Die preußische, sonst so hochberühmte, Genauig-
keit im Dienste hat bey Maynz ein gewaltiges Ar-
gument gegen sich bekommen durch den Ueberfall
bey Marienborn. Die Sache ist bekannt; also
nur einige Bemerkungen!

Da das ganze Feld von Maynz bis an Marien-
born voll hohes Getraides war, und da folglich
Spionen, ohne bemerkt zu werden, ganz nahe her-

verſchiednen Lagen, doch ſo viel gelernt, daß der
Menſch nimmermehr ganz ungluͤcklich iſt, wenn er
nur nicht ſelbſt den Urſachen des ihn druͤcken-
den Uebels nachſpuͤhrt. Denn finden wir die Ur-
ſache davon in uns, ſo werden wir nothwendig mit
uns ſelbſt unzufrieden, und dann gute Nacht Ru-
he auf geraume Zeit: finden wir ſie an Andern, ſo
fuͤllt ſich unſer Herz mit Zorn, Rachgierde und an-
dern unangenehmen Gefuͤhlen, und wir ſind eben-
falls ungluͤcklich. Dieß iſt eine von meinen e-
bens-Maximen
, die freilich ihr Schiefes hat und
etwas egoiſtiſch iſt; aber der Gerade geht ohne
Kruͤcken, und nur der Beinbruͤchige bedarf ihrer,
um durchzukommen, ſo gut es geht. Genug, fuͤr
Patienten von meiner Art hatte jener wohl recht,
welcher ſagte:

Ich hab mein' Sach auf Nichts geſtellt;
Drum kann mir's auch nicht fehlen.

In der Folge mehr uͤber dieſen Gegenſtand.

Die preußiſche, ſonſt ſo hochberuͤhmte, Genauig-
keit im Dienſte hat bey Maynz ein gewaltiges Ar-
gument gegen ſich bekommen durch den Ueberfall
bey Marienborn. Die Sache iſt bekannt; alſo
nur einige Bemerkungen!

Da das ganze Feld von Maynz bis an Marien-
born voll hohes Getraides war, und da folglich
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[370/0382] verſchiednen Lagen, doch ſo viel gelernt, daß der Menſch nimmermehr ganz ungluͤcklich iſt, wenn er nur nicht ſelbſt den Urſachen des ihn druͤcken- den Uebels nachſpuͤhrt. Denn finden wir die Ur- ſache davon in uns, ſo werden wir nothwendig mit uns ſelbſt unzufrieden, und dann gute Nacht Ru- he auf geraume Zeit: finden wir ſie an Andern, ſo fuͤllt ſich unſer Herz mit Zorn, Rachgierde und an- dern unangenehmen Gefuͤhlen, und wir ſind eben- falls ungluͤcklich. Dieß iſt eine von meinen e- bens-Maximen, die freilich ihr Schiefes hat und etwas egoiſtiſch iſt; aber der Gerade geht ohne Kruͤcken, und nur der Beinbruͤchige bedarf ihrer, um durchzukommen, ſo gut es geht. Genug, fuͤr Patienten von meiner Art hatte jener wohl recht, welcher ſagte: Ich hab mein' Sach auf Nichts geſtellt; Drum kann mir's auch nicht fehlen. In der Folge mehr uͤber dieſen Gegenſtand. Die preußiſche, ſonſt ſo hochberuͤhmte, Genauig- keit im Dienſte hat bey Maynz ein gewaltiges Ar- gument gegen ſich bekommen durch den Ueberfall bey Marienborn. Die Sache iſt bekannt; alſo nur einige Bemerkungen! Da das ganze Feld von Maynz bis an Marien- born voll hohes Getraides war, und da folglich Spionen, ohne bemerkt zu werden, ganz nahe her-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/382>, abgerufen am 25.11.2024.