zwungen worden, so oder so zu schreiben; Cüstine hatte ihnen vielmehr ausdrücklich sagen lassen: daß, wenn man seine Aufsätze nicht für wahr hielte, oder sonst Anstand nähme, sie einzurücken, man sie im- merhin hinlegen könnte. Sobald aber die Preußen Frankfurt inne hatten, lautete das Ding aus einem andern Tone: die Zeitungsschreiber erklärten ein- hellig in ihren ersten Blättern, daß sie von den Franzosen gezwungen, und aus Furcht vor der Guillotine (ohe!) eins und's andre gegen ihre Ueber- zeugung und gegen ihren deutschen Patriotismus -- gerade als wenn ein deutscher Zeitungsschreiber deutschen Patriotismus haben könnte! -- in ihre öffentlichen Blätter aufgenommen hätten, welches den Neufranken zu favorisiren schiene: nun aber, da diese Tyranney aufhörte, würden sie sich auch als wahre deutsche Patrioten zeigen u. s. w.
Wer aber die Zeitungsschreiber nur von Ferne kennt, der weiß gar wohl, daß dieses saubere Volk sammt und sonders allemal den angestimmten Ton nachstimmt, und daß es ihnen um nichts weniger zu thun ist, als um Wahrheit und Publizität. Wenn aber übrigens die Verbreitung der gröbsten und gefährlichsten Lügen zu Gunsten der deutschen Armeen, und schaamloses, hämisches Herabsetzen der feindlichen -- Beweise des deutschen Patriotis- mus sind, so muß ich den Frankfurter Zeitungs-
zwungen worden, ſo oder ſo zu ſchreiben; Cuͤſtine hatte ihnen vielmehr ausdruͤcklich ſagen laſſen: daß, wenn man ſeine Aufſaͤtze nicht fuͤr wahr hielte, oder ſonſt Anſtand naͤhme, ſie einzuruͤcken, man ſie im- merhin hinlegen koͤnnte. Sobald aber die Preußen Frankfurt inne hatten, lautete das Ding aus einem andern Tone: die Zeitungsſchreiber erklaͤrten ein- hellig in ihren erſten Blaͤttern, daß ſie von den Franzoſen gezwungen, und aus Furcht vor der Guillotine (ohe!) eins und's andre gegen ihre Ueber- zeugung und gegen ihren deutſchen Patriotismus — gerade als wenn ein deutſcher Zeitungsſchreiber deutſchen Patriotismus haben koͤnnte! — in ihre oͤffentlichen Blaͤtter aufgenommen haͤtten, welches den Neufranken zu favoriſiren ſchiene: nun aber, da dieſe Tyranney aufhoͤrte, wuͤrden ſie ſich auch als wahre deutſche Patrioten zeigen u. ſ. w.
Wer aber die Zeitungsſchreiber nur von Ferne kennt, der weiß gar wohl, daß dieſes ſaubere Volk ſammt und ſonders allemal den angeſtimmten Ton nachſtimmt, und daß es ihnen um nichts weniger zu thun iſt, als um Wahrheit und Publizitaͤt. Wenn aber uͤbrigens die Verbreitung der groͤbſten und gefaͤhrlichſten Luͤgen zu Gunſten der deutſchen Armeen, und ſchaamloſes, haͤmiſches Herabſetzen der feindlichen — Beweiſe des deutſchen Patriotis- mus ſind, ſo muß ich den Frankfurter Zeitungs-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0291"n="279"/>
zwungen worden, ſo oder ſo zu ſchreiben; <hirendition="#g">Cuͤſtine</hi><lb/>
hatte ihnen vielmehr ausdruͤcklich ſagen laſſen: daß,<lb/>
wenn man ſeine Aufſaͤtze nicht fuͤr wahr hielte, oder<lb/>ſonſt Anſtand naͤhme, ſie einzuruͤcken, man ſie im-<lb/>
merhin hinlegen koͤnnte. Sobald aber die Preußen<lb/>
Frankfurt inne hatten, lautete das Ding aus einem<lb/>
andern Tone: die Zeitungsſchreiber erklaͤrten ein-<lb/>
hellig in ihren erſten Blaͤttern, daß ſie von den<lb/>
Franzoſen gezwungen, und aus Furcht vor der<lb/>
Guillotine (<hirendition="#aq">ohe!</hi>) eins und's andre gegen ihre Ueber-<lb/>
zeugung und gegen ihren deutſchen Patriotismus —<lb/>
gerade als wenn ein deutſcher Zeitungsſchreiber<lb/>
deutſchen Patriotismus haben koͤnnte! — in ihre<lb/>
oͤffentlichen Blaͤtter aufgenommen haͤtten, welches<lb/>
den Neufranken zu favoriſiren ſchiene: nun aber,<lb/>
da dieſe Tyranney aufhoͤrte, wuͤrden ſie ſich auch<lb/>
als wahre deutſche Patrioten zeigen u. ſ. w.</p><lb/><p>Wer aber die Zeitungsſchreiber nur von Ferne<lb/>
kennt, der weiß gar wohl, daß dieſes ſaubere Volk<lb/>ſammt und ſonders allemal den angeſtimmten Ton<lb/>
nachſtimmt, und daß es ihnen um nichts weniger<lb/>
zu thun iſt, als um Wahrheit und Publizitaͤt.<lb/>
Wenn aber uͤbrigens die Verbreitung der groͤbſten<lb/>
und gefaͤhrlichſten Luͤgen zu Gunſten der deutſchen<lb/>
Armeen, und ſchaamloſes, haͤmiſches Herabſetzen<lb/>
der feindlichen — Beweiſe des deutſchen Patriotis-<lb/>
mus ſind, ſo muß ich den Frankfurter Zeitungs-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[279/0291]
zwungen worden, ſo oder ſo zu ſchreiben; Cuͤſtine
hatte ihnen vielmehr ausdruͤcklich ſagen laſſen: daß,
wenn man ſeine Aufſaͤtze nicht fuͤr wahr hielte, oder
ſonſt Anſtand naͤhme, ſie einzuruͤcken, man ſie im-
merhin hinlegen koͤnnte. Sobald aber die Preußen
Frankfurt inne hatten, lautete das Ding aus einem
andern Tone: die Zeitungsſchreiber erklaͤrten ein-
hellig in ihren erſten Blaͤttern, daß ſie von den
Franzoſen gezwungen, und aus Furcht vor der
Guillotine (ohe!) eins und's andre gegen ihre Ueber-
zeugung und gegen ihren deutſchen Patriotismus —
gerade als wenn ein deutſcher Zeitungsſchreiber
deutſchen Patriotismus haben koͤnnte! — in ihre
oͤffentlichen Blaͤtter aufgenommen haͤtten, welches
den Neufranken zu favoriſiren ſchiene: nun aber,
da dieſe Tyranney aufhoͤrte, wuͤrden ſie ſich auch
als wahre deutſche Patrioten zeigen u. ſ. w.
Wer aber die Zeitungsſchreiber nur von Ferne
kennt, der weiß gar wohl, daß dieſes ſaubere Volk
ſammt und ſonders allemal den angeſtimmten Ton
nachſtimmt, und daß es ihnen um nichts weniger
zu thun iſt, als um Wahrheit und Publizitaͤt.
Wenn aber uͤbrigens die Verbreitung der groͤbſten
und gefaͤhrlichſten Luͤgen zu Gunſten der deutſchen
Armeen, und ſchaamloſes, haͤmiſches Herabſetzen
der feindlichen — Beweiſe des deutſchen Patriotis-
mus ſind, ſo muß ich den Frankfurter Zeitungs-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/291>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.