kranke Feldsoldat Geld haben muß, um im Lazarethe, wo seine Gesundheit, die er für seinen Herrn zugesezt hat, hergestellt werden soll, nicht Hungers zu krepi- ren! -- Ich kenne Feldscheere, welche sich Geld ge- ben ließen, damit sie dem gebenden Kranken die nöthige Hülfe leisten mögten, und welche den, der nichts geben konnte, liegen und krepiren ließen.
Aufsicht über die Kranken selbst fehlt eben so, wie die über die Feldscheere und Krankenwärter. Sie können beynahe thun, was sie wollen. Daher saufen sie denn Branntwein, fressen Häringe und was sie sonst haben können, und machen durch diese üble Diät die wenige Hülfleistung an sich noch vol- lends vergeblich.
Von den vorfallenden Diebereyen in den Laza- rethen mag ich gar nicht reden. Genug, wer et- was hineinbringt, muß wohl darauf Acht haben, daß es ihm nicht von den Krankenwärtern oder von den andern Kranken gemauset wird.
So sehen die Feldlazarethe der Preußen aus: aber die der Oestreicher sind um kein Haar besser! Auch da herrscht der nämliche Geist, die nämliche Unordnung, der nämliche Mangel. -- Und hier- aus läßt sich nun erklären, warum so viele Men- schen in den Hospitälern so elend umkommen, und warum die Armeen durch diese Mordlöcher so schreck- lich leiden!
kranke Feldſoldat Geld haben muß, um im Lazarethe, wo ſeine Geſundheit, die er fuͤr ſeinen Herrn zugeſezt hat, hergeſtellt werden ſoll, nicht Hungers zu krepi- ren! — Ich kenne Feldſcheere, welche ſich Geld ge- ben ließen, damit ſie dem gebenden Kranken die noͤthige Huͤlfe leiſten moͤgten, und welche den, der nichts geben konnte, liegen und krepiren ließen.
Aufſicht uͤber die Kranken ſelbſt fehlt eben ſo, wie die uͤber die Feldſcheere und Krankenwaͤrter. Sie koͤnnen beynahe thun, was ſie wollen. Daher ſaufen ſie denn Branntwein, freſſen Haͤringe und was ſie ſonſt haben koͤnnen, und machen durch dieſe uͤble Diaͤt die wenige Huͤlfleiſtung an ſich noch vol- lends vergeblich.
Von den vorfallenden Diebereyen in den Laza- rethen mag ich gar nicht reden. Genug, wer et- was hineinbringt, muß wohl darauf Acht haben, daß es ihm nicht von den Krankenwaͤrtern oder von den andern Kranken gemauſet wird.
So ſehen die Feldlazarethe der Preußen aus: aber die der Oeſtreicher ſind um kein Haar beſſer! Auch da herrſcht der naͤmliche Geiſt, die naͤmliche Unordnung, der naͤmliche Mangel. — Und hier- aus laͤßt ſich nun erklaͤren, warum ſo viele Men- ſchen in den Hoſpitaͤlern ſo elend umkommen, und warum die Armeen durch dieſe Mordloͤcher ſo ſchreck- lich leiden!
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kranke Feldſoldat Geld haben muß, um im Lazarethe,
wo ſeine Geſundheit, die er fuͤr ſeinen Herrn zugeſezt
hat, hergeſtellt werden ſoll, nicht Hungers zu krepi-
ren! — Ich kenne Feldſcheere, welche ſich Geld ge-
ben ließen, damit ſie dem gebenden Kranken die
noͤthige Huͤlfe leiſten moͤgten, und welche den, der
nichts geben konnte, liegen und krepiren ließen.
Aufſicht uͤber die Kranken ſelbſt fehlt eben ſo,
wie die uͤber die Feldſcheere und Krankenwaͤrter.
Sie koͤnnen beynahe thun, was ſie wollen. Daher
ſaufen ſie denn Branntwein, freſſen Haͤringe und
was ſie ſonſt haben koͤnnen, und machen durch dieſe
uͤble Diaͤt die wenige Huͤlfleiſtung an ſich noch vol-
lends vergeblich.
Von den vorfallenden Diebereyen in den Laza-
rethen mag ich gar nicht reden. Genug, wer et-
was hineinbringt, muß wohl darauf Acht haben,
daß es ihm nicht von den Krankenwaͤrtern oder von
den andern Kranken gemauſet wird.
So ſehen die Feldlazarethe der Preußen aus:
aber die der Oeſtreicher ſind um kein Haar beſſer!
Auch da herrſcht der naͤmliche Geiſt, die naͤmliche
Unordnung, der naͤmliche Mangel. — Und hier-
aus laͤßt ſich nun erklaͤren, warum ſo viele Men-
ſchen in den Hoſpitaͤlern ſo elend umkommen, und
warum die Armeen durch dieſe Mordloͤcher ſo ſchreck-
lich leiden!
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/271>, abgerufen am 25.11.2024.
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