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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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selbst untersuchen und behandeln, wegen der Menge,
theils sind sie dazu zu kommode oder zu delikat.
Sie schauen daher nur dann und wann, und zwar
nur so obenhin, in die Krankenstuben, lassen sich
vom Feldscheer, sehr oft auch nur von dem Kranken-
wärter referiren, verordnen dann so was hin im All-
gemeinen, werfen -- um sich respectabel zu machen
-- mit einigen fehlerhaften lateinischen Wörtern
und Phrasen umher, überlassen hierauf alles den
Unterchirurgen, und gehen -- in Offiziersgesell-
schaften, l'Hombre zu spielen, oder sich sonst zu
vergnügen.

Mir sind ganz schändliche Beyspiele bekannt
geworden, wie selbst Oberchirurgi die medizinische
Pflege deswegen vernachläßigten, weil sie das
Geld, das für Arzney, Essig, Wein u. dgl. be-
stimmt war, an die Offiziere, die in den Lazarethen
als Inspektoren angestellt waren, verspielt hatten,
und folglich diese Sachen nicht mehr kaufen konnten.
Die Offiziere hätten freilich nach ihrer Pflicht darauf
inquiriren, und den Chirurgus zur Herbeyschaffung
der Arzney anhalten sollen: aber eben sie hatten ja
das Geld gewonnen, welches sie, im Fall das Ding
zur Sprache gekommen wäre, hätten herausgeben
müßen: sie schwiegen also, und die armen Leute
waren geprellt.



ſelbſt unterſuchen und behandeln, wegen der Menge,
theils ſind ſie dazu zu kommode oder zu delikat.
Sie ſchauen daher nur dann und wann, und zwar
nur ſo obenhin, in die Krankenſtuben, laſſen ſich
vom Feldſcheer, ſehr oft auch nur von dem Kranken-
waͤrter referiren, verordnen dann ſo was hin im All-
gemeinen, werfen — um ſich reſpectabel zu machen
— mit einigen fehlerhaften lateiniſchen Woͤrtern
und Phraſen umher, uͤberlaſſen hierauf alles den
Unterchirurgen, und gehen — in Offiziersgeſell-
ſchaften, l'Hombre zu ſpielen, oder ſich ſonſt zu
vergnuͤgen.

Mir ſind ganz ſchaͤndliche Beyſpiele bekannt
geworden, wie ſelbſt Oberchirurgi die mediziniſche
Pflege deswegen vernachlaͤßigten, weil ſie das
Geld, das fuͤr Arzney, Eſſig, Wein u. dgl. be-
ſtimmt war, an die Offiziere, die in den Lazarethen
als Inſpektoren angeſtellt waren, verſpielt hatten,
und folglich dieſe Sachen nicht mehr kaufen konnten.
Die Offiziere haͤtten freilich nach ihrer Pflicht darauf
inquiriren, und den Chirurgus zur Herbeyſchaffung
der Arzney anhalten ſollen: aber eben ſie hatten ja
das Geld gewonnen, welches ſie, im Fall das Ding
zur Sprache gekommen waͤre, haͤtten herausgeben
muͤßen: ſie ſchwiegen alſo, und die armen Leute
waren geprellt.



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[253/0265] ſelbſt unterſuchen und behandeln, wegen der Menge, theils ſind ſie dazu zu kommode oder zu delikat. Sie ſchauen daher nur dann und wann, und zwar nur ſo obenhin, in die Krankenſtuben, laſſen ſich vom Feldſcheer, ſehr oft auch nur von dem Kranken- waͤrter referiren, verordnen dann ſo was hin im All- gemeinen, werfen — um ſich reſpectabel zu machen — mit einigen fehlerhaften lateiniſchen Woͤrtern und Phraſen umher, uͤberlaſſen hierauf alles den Unterchirurgen, und gehen — in Offiziersgeſell- ſchaften, l'Hombre zu ſpielen, oder ſich ſonſt zu vergnuͤgen. Mir ſind ganz ſchaͤndliche Beyſpiele bekannt geworden, wie ſelbſt Oberchirurgi die mediziniſche Pflege deswegen vernachlaͤßigten, weil ſie das Geld, das fuͤr Arzney, Eſſig, Wein u. dgl. be- ſtimmt war, an die Offiziere, die in den Lazarethen als Inſpektoren angeſtellt waren, verſpielt hatten, und folglich dieſe Sachen nicht mehr kaufen konnten. Die Offiziere haͤtten freilich nach ihrer Pflicht darauf inquiriren, und den Chirurgus zur Herbeyſchaffung der Arzney anhalten ſollen: aber eben ſie hatten ja das Geld gewonnen, welches ſie, im Fall das Ding zur Sprache gekommen waͤre, haͤtten herausgeben muͤßen: ſie ſchwiegen alſo, und die armen Leute waren geprellt.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/265>, abgerufen am 25.11.2024.