sischen attakirt. Die Hessen wehrten sich verzwei- felt, doch wurde ihr Offizier, Hr. Leutnant von Lindau, gefangen. Der General Dillon schickte diesen Braven an den Landgrafen zurück, mit einem Schreiben, welches ich, seiner Merkwürdigkeit we- gen, hier einrücke:
"Ich habe die Ehre, Sr. Durchlaucht, dem Landgrafen von Hessen-Cassel, den Leutnant Lin- dau zurückzuschicken. Aus dem Zeugniß, das ich diesem Offizier habe geben lassen, werden Sie ersehen können, daß die allezeit große, allezeit großmüthige französische Nation eine schöne That zu schätzen weis, und auch an ihren Feinden Tapferkeit hoch- schäzt. Ich ergreife diese Gelegenheit, Sr. Durch- laucht einige Gedanken vorzulegen, welche Ver- nunft und Menschenliebe eingeben. Sie können nicht in Abrede seyn, daß eine ganze zusammenge- nommene Nation das Recht habe, sich diejenige Regierungsform, die sie für rathsam hält, zu geben, und daß folglich kein Privatwille, den Willen der Nation hemmen könne. Die freye und auf ewig ganz unabhängige französische Nation, hat ihre Rechte wieder an sich genommen, und ihre Regie- rungsform abändern wollen: das ist in wenig Wor- ten der Inbegriff desjenigen, was in Frankreich vor- geht. Sr. Durchlaucht von Hessen-Cassel haben
Dritter Theil. O
ſiſchen attakirt. Die Heſſen wehrten ſich verzwei- felt, doch wurde ihr Offizier, Hr. Leutnant von Lindau, gefangen. Der General Dillon ſchickte dieſen Braven an den Landgrafen zuruͤck, mit einem Schreiben, welches ich, ſeiner Merkwuͤrdigkeit we- gen, hier einruͤcke:
„Ich habe die Ehre, Sr. Durchlaucht, dem Landgrafen von Heſſen-Caſſel, den Leutnant Lin- dau zuruͤckzuſchicken. Aus dem Zeugniß, das ich dieſem Offizier habe geben laſſen, werden Sie erſehen koͤnnen, daß die allezeit große, allezeit großmuͤthige franzoͤſiſche Nation eine ſchoͤne That zu ſchaͤtzen weis, und auch an ihren Feinden Tapferkeit hoch- ſchaͤzt. Ich ergreife dieſe Gelegenheit, Sr. Durch- laucht einige Gedanken vorzulegen, welche Ver- nunft und Menſchenliebe eingeben. Sie koͤnnen nicht in Abrede ſeyn, daß eine ganze zuſammenge- nommene Nation das Recht habe, ſich diejenige Regierungsform, die ſie fuͤr rathſam haͤlt, zu geben, und daß folglich kein Privatwille, den Willen der Nation hemmen koͤnne. Die freye und auf ewig ganz unabhaͤngige franzoͤſiſche Nation, hat ihre Rechte wieder an ſich genommen, und ihre Regie- rungsform abaͤndern wollen: das iſt in wenig Wor- ten der Inbegriff desjenigen, was in Frankreich vor- geht. Sr. Durchlaucht von Heſſen-Caſſel haben
Dritter Theil. O
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[209/0221]
ſiſchen attakirt. Die Heſſen wehrten ſich verzwei-
felt, doch wurde ihr Offizier, Hr. Leutnant von
Lindau, gefangen. Der General Dillon ſchickte
dieſen Braven an den Landgrafen zuruͤck, mit einem
Schreiben, welches ich, ſeiner Merkwuͤrdigkeit we-
gen, hier einruͤcke:
„Ich habe die Ehre, Sr. Durchlaucht, dem
Landgrafen von Heſſen-Caſſel, den Leutnant Lin-
dau zuruͤckzuſchicken. Aus dem Zeugniß, das ich
dieſem Offizier habe geben laſſen, werden Sie erſehen
koͤnnen, daß die allezeit große, allezeit großmuͤthige
franzoͤſiſche Nation eine ſchoͤne That zu ſchaͤtzen
weis, und auch an ihren Feinden Tapferkeit hoch-
ſchaͤzt. Ich ergreife dieſe Gelegenheit, Sr. Durch-
laucht einige Gedanken vorzulegen, welche Ver-
nunft und Menſchenliebe eingeben. Sie koͤnnen
nicht in Abrede ſeyn, daß eine ganze zuſammenge-
nommene Nation das Recht habe, ſich diejenige
Regierungsform, die ſie fuͤr rathſam haͤlt, zu geben,
und daß folglich kein Privatwille, den Willen der
Nation hemmen koͤnne. Die freye und auf ewig
ganz unabhaͤngige franzoͤſiſche Nation, hat ihre
Rechte wieder an ſich genommen, und ihre Regie-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/221>, abgerufen am 18.12.2024.
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