ein solcher Befehl wohl, als zur rechten Zeit gege- ben, angesehen werden könne? Einem Soldaten, welcher plündern soll, welcher in Feindes Landen zu seyn glaubt, welcher seit zwey Monaten alles Elend ausgestanden hat, und darum vor lauter Erbitterung grollsinnig einherschleicht, dem will man befehlen, beym Plündern menschlich zu seyn? Aber die Herren waren es auch nicht im gering- sten: die Pferde, Ochsen, Schweine, Hüner, Gänse, kurz, alles, was man nur von Vieh fin- den konnte, sogar Hunde, trieb man zusammen. Dann nahm man aus den Dörfern, was nur noch zu nehmen war, besonders den ungedroschnen Wai- zen für die Pferde, und prügelten die Bauren und die Weiber, welche nicht noch entflohen waren, gar jämmerlich. Es waren aber zn der Zeit wenige noch entflohen, weil sie glaubten, Preußen und ihre Nation habe einen friedlichen Traktat abge- schlossen, und erstere zögen als ihre Freunde jezt zurück. Man hat für gewiß versichert, daß bey dieser Plünderung mehrere Bauren todtgeschlagen oder todtgehauen seyen; und ich mag dieses gar nicht in Zweifel ziehen: ich weis, wie sehr unser Volk litt, und wie sehr es eben darum gegen die Franzosen, die ein großer Theil noch immer als die Urheber alles ihres Unglücks ansah, aufge- bracht war.
ein ſolcher Befehl wohl, als zur rechten Zeit gege- ben, angeſehen werden koͤnne? Einem Soldaten, welcher pluͤndern ſoll, welcher in Feindes Landen zu ſeyn glaubt, welcher ſeit zwey Monaten alles Elend ausgeſtanden hat, und darum vor lauter Erbitterung grollſinnig einherſchleicht, dem will man befehlen, beym Pluͤndern menſchlich zu ſeyn? Aber die Herren waren es auch nicht im gering- ſten: die Pferde, Ochſen, Schweine, Huͤner, Gaͤnſe, kurz, alles, was man nur von Vieh fin- den konnte, ſogar Hunde, trieb man zuſammen. Dann nahm man aus den Doͤrfern, was nur noch zu nehmen war, beſonders den ungedroſchnen Wai- zen fuͤr die Pferde, und pruͤgelten die Bauren und die Weiber, welche nicht noch entflohen waren, gar jaͤmmerlich. Es waren aber zn der Zeit wenige noch entflohen, weil ſie glaubten, Preußen und ihre Nation habe einen friedlichen Traktat abge- ſchloſſen, und erſtere zoͤgen als ihre Freunde jezt zuruͤck. Man hat fuͤr gewiß verſichert, daß bey dieſer Pluͤnderung mehrere Bauren todtgeſchlagen oder todtgehauen ſeyen; und ich mag dieſes gar nicht in Zweifel ziehen: ich weis, wie ſehr unſer Volk litt, und wie ſehr es eben darum gegen die Franzoſen, die ein großer Theil noch immer als die Urheber alles ihres Ungluͤcks anſah, aufge- bracht war.
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[201/0213]
ein ſolcher Befehl wohl, als zur rechten Zeit gege-
ben, angeſehen werden koͤnne? Einem Soldaten,
welcher pluͤndern ſoll, welcher in Feindes Landen
zu ſeyn glaubt, welcher ſeit zwey Monaten alles
Elend ausgeſtanden hat, und darum vor lauter
Erbitterung grollſinnig einherſchleicht, dem will
man befehlen, beym Pluͤndern menſchlich zu ſeyn?
Aber die Herren waren es auch nicht im gering-
ſten: die Pferde, Ochſen, Schweine, Huͤner,
Gaͤnſe, kurz, alles, was man nur von Vieh fin-
den konnte, ſogar Hunde, trieb man zuſammen.
Dann nahm man aus den Doͤrfern, was nur noch
zu nehmen war, beſonders den ungedroſchnen Wai-
zen fuͤr die Pferde, und pruͤgelten die Bauren und
die Weiber, welche nicht noch entflohen waren,
gar jaͤmmerlich. Es waren aber zn der Zeit wenige
noch entflohen, weil ſie glaubten, Preußen und
ihre Nation habe einen friedlichen Traktat abge-
ſchloſſen, und erſtere zoͤgen als ihre Freunde jezt
zuruͤck. Man hat fuͤr gewiß verſichert, daß bey
dieſer Pluͤnderung mehrere Bauren todtgeſchlagen
oder todtgehauen ſeyen; und ich mag dieſes gar
nicht in Zweifel ziehen: ich weis, wie ſehr unſer
Volk litt, und wie ſehr es eben darum gegen die
Franzoſen, die ein großer Theil noch immer als
die Urheber alles ihres Ungluͤcks anſah, aufge-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/213>, abgerufen am 24.11.2024.
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