sen. Einige schmissen sogar ihre Tornister fort. Der König selbst hat auf diesem jämmerlichen Rück- zuge allen Soldaten, die er durch Hunger, Kälte, Regen und Ruhr abgemattet, und wie Skelette gestaltet, einzeln unterwegs autraf, den Rath ge- geben, ihr Gewehr wegzuwerfen, mit dem Zusatz: er wollte ihnen schon wieder andere schaffen. Eben dieses riethen den abgematteten Kriegern alle Ge- nerale und Offiziere, in deren Busen noch Mensch- lichkeit rege war.
An diesem Ruhetage nahm Hr. von Man- delsloh mich mit in das Dorf Besancy, um einigen Vorrath aufzusuchen, der jezt äußerst selten geworden war. Ich war hier so glücklich, das Haus eines ehrlichen Bauers, durch des Hn. von Mandelsloh nachdrückliches Verwenden, gegen die Anfälle der Soldaten vom Regimente Woldeck vor der Plünderung, und dessen Scheune vor dem Furaschiren zu schützen; und dieses versüßte mir nachher die Beschwerlichkeit des äußerst kothigen Weges, wenn ich so gieng und dachte an das: homo homini lupus. --
Der Soldat im Lager ist gewöhnlich lebhaft und munter: er singt, und treibt sonst allerley, um die Zeit hinzubringen, und das Lästige sich zu vergessen. Aber in den Lägern, welche wir, be- sonders auf dem Rückzuge aus Frankreich, auf-
ſen. Einige ſchmiſſen ſogar ihre Torniſter fort. Der Koͤnig ſelbſt hat auf dieſem jaͤmmerlichen Ruͤck- zuge allen Soldaten, die er durch Hunger, Kaͤlte, Regen und Ruhr abgemattet, und wie Skelette geſtaltet, einzeln unterwegs autraf, den Rath ge- geben, ihr Gewehr wegzuwerfen, mit dem Zuſatz: er wollte ihnen ſchon wieder andere ſchaffen. Eben dieſes riethen den abgematteten Kriegern alle Ge- nerale und Offiziere, in deren Buſen noch Menſch- lichkeit rege war.
An dieſem Ruhetage nahm Hr. von Man- delsloh mich mit in das Dorf Beſancy, um einigen Vorrath aufzuſuchen, der jezt aͤußerſt ſelten geworden war. Ich war hier ſo gluͤcklich, das Haus eines ehrlichen Bauers, durch des Hn. von Mandelsloh nachdruͤckliches Verwenden, gegen die Anfaͤlle der Soldaten vom Regimente Woldeck vor der Pluͤnderung, und deſſen Scheune vor dem Furaſchiren zu ſchuͤtzen; und dieſes verſuͤßte mir nachher die Beſchwerlichkeit des aͤußerſt kothigen Weges, wenn ich ſo gieng und dachte an das: homo homini lupus. —
Der Soldat im Lager iſt gewoͤhnlich lebhaft und munter: er ſingt, und treibt ſonſt allerley, um die Zeit hinzubringen, und das Laͤſtige ſich zu vergeſſen. Aber in den Laͤgern, welche wir, be- ſonders auf dem Ruͤckzuge aus Frankreich, auf-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0204"n="192"/>ſen. Einige ſchmiſſen ſogar ihre Torniſter fort.<lb/>
Der Koͤnig ſelbſt hat auf dieſem jaͤmmerlichen Ruͤck-<lb/>
zuge allen Soldaten, die er durch Hunger, Kaͤlte,<lb/>
Regen und Ruhr abgemattet, und wie Skelette<lb/>
geſtaltet, einzeln unterwegs autraf, den Rath ge-<lb/>
geben, ihr Gewehr wegzuwerfen, mit dem Zuſatz:<lb/>
er wollte ihnen ſchon wieder andere ſchaffen. Eben<lb/>
dieſes riethen den abgematteten Kriegern alle Ge-<lb/>
nerale und Offiziere, in deren Buſen noch Menſch-<lb/>
lichkeit rege war.</p><lb/><p>An dieſem Ruhetage nahm Hr. von <hirendition="#g">Man</hi>-<lb/><hirendition="#g">delsloh</hi> mich mit in das Dorf <hirendition="#g">Beſancy</hi>, um<lb/>
einigen Vorrath aufzuſuchen, der jezt aͤußerſt ſelten<lb/>
geworden war. Ich war hier ſo gluͤcklich, das<lb/>
Haus eines ehrlichen Bauers, durch des Hn. von<lb/><hirendition="#g">Mandelsloh</hi> nachdruͤckliches Verwenden, gegen<lb/>
die Anfaͤlle der Soldaten vom Regimente <hirendition="#g">Woldeck</hi><lb/>
vor der Pluͤnderung, und deſſen Scheune vor dem<lb/>
Furaſchiren zu ſchuͤtzen; und dieſes verſuͤßte mir<lb/>
nachher die Beſchwerlichkeit des aͤußerſt kothigen<lb/>
Weges, wenn ich ſo gieng und dachte an das:<lb/><hirendition="#aq">homo homini lupus.</hi>—</p><lb/><p>Der Soldat im Lager iſt gewoͤhnlich lebhaft<lb/>
und munter: er ſingt, und treibt ſonſt allerley,<lb/>
um die Zeit hinzubringen, und das Laͤſtige ſich zu<lb/>
vergeſſen. Aber in den Laͤgern, welche wir, be-<lb/>ſonders auf dem Ruͤckzuge aus Frankreich, auf-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[192/0204]
ſen. Einige ſchmiſſen ſogar ihre Torniſter fort.
Der Koͤnig ſelbſt hat auf dieſem jaͤmmerlichen Ruͤck-
zuge allen Soldaten, die er durch Hunger, Kaͤlte,
Regen und Ruhr abgemattet, und wie Skelette
geſtaltet, einzeln unterwegs autraf, den Rath ge-
geben, ihr Gewehr wegzuwerfen, mit dem Zuſatz:
er wollte ihnen ſchon wieder andere ſchaffen. Eben
dieſes riethen den abgematteten Kriegern alle Ge-
nerale und Offiziere, in deren Buſen noch Menſch-
lichkeit rege war.
An dieſem Ruhetage nahm Hr. von Man-
delsloh mich mit in das Dorf Beſancy, um
einigen Vorrath aufzuſuchen, der jezt aͤußerſt ſelten
geworden war. Ich war hier ſo gluͤcklich, das
Haus eines ehrlichen Bauers, durch des Hn. von
Mandelsloh nachdruͤckliches Verwenden, gegen
die Anfaͤlle der Soldaten vom Regimente Woldeck
vor der Pluͤnderung, und deſſen Scheune vor dem
Furaſchiren zu ſchuͤtzen; und dieſes verſuͤßte mir
nachher die Beſchwerlichkeit des aͤußerſt kothigen
Weges, wenn ich ſo gieng und dachte an das:
homo homini lupus. —
Der Soldat im Lager iſt gewoͤhnlich lebhaft
und munter: er ſingt, und treibt ſonſt allerley,
um die Zeit hinzubringen, und das Laͤſtige ſich zu
vergeſſen. Aber in den Laͤgern, welche wir, be-
ſonders auf dem Ruͤckzuge aus Frankreich, auf-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/204>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.