oder die Neuwieder Zeitungssudelei u. dgl. nach- liest -- wenn nämlich diese und ähnliche Wische nicht alle sammt und sonders dann längst verlacht und vergessen sind -- so wird er freilich über die große Dummheit und Unverschämtheit dieser Skri- bler lachen: aber jezt, wer bedenkt, daß diese Schreier zum allgemeinen Elende so vieler Länder und Menschen, und zum physischen und morali- schen Verderben unsers lieben Vaterlandes auch ihr verfluchtes Schärflein beygetragen, und geblendete Grüzköpfe noch mehr verblendet haben, der kann die Wische von Neuwied, die des Hn. Schirach und von Göchhausen nicht ohne Eckel und Abscheu in die Hand nehmen. Ich bedaure daher auch je- den ehrlichen Mann, der diese Schmiralien lesen muß, und gestehe gern, daß ich lieber Pater Ko- chems Legende, Oswalds Unterhaltungen und den Kaiser Oktavianus lesen wollte, als die politi- schen Siebensachen eines Schirach, Göchhausen, Reichards in Gotha, und anderer ihres Gelichters.
Ich habe dringende Wahrheiten nie ganz in Petto halten können, und da ich immer nicht gleich- gesinnte Menschen um mich hatte, so wurde ich bald als ein Patriot, bald als ein Jakobiner, dann als Demokrat, und wer weis, was noch alles, ausgeschrieen. Aber geschadet hat mir mein freies Gerede niemals: denn im Preußischen Heere sind
oder die Neuwieder Zeitungsſudelei u. dgl. nach- lieſt — wenn naͤmlich dieſe und aͤhnliche Wiſche nicht alle ſammt und ſonders dann laͤngſt verlacht und vergeſſen ſind — ſo wird er freilich uͤber die große Dummheit und Unverſchaͤmtheit dieſer Skri- bler lachen: aber jezt, wer bedenkt, daß dieſe Schreier zum allgemeinen Elende ſo vieler Laͤnder und Menſchen, und zum phyſiſchen und morali- ſchen Verderben unſers lieben Vaterlandes auch ihr verfluchtes Schaͤrflein beygetragen, und geblendete Gruͤzkoͤpfe noch mehr verblendet haben, der kann die Wiſche von Neuwied, die des Hn. Schirach und von Goͤchhauſen nicht ohne Eckel und Abſcheu in die Hand nehmen. Ich bedaure daher auch je- den ehrlichen Mann, der dieſe Schmiralien leſen muß, und geſtehe gern, daß ich lieber Pater Ko- chems Legende, Oswalds Unterhaltungen und den Kaiſer Oktavianus leſen wollte, als die politi- ſchen Siebenſachen eines Schirach, Goͤchhauſen, Reichards in Gotha, und anderer ihres Gelichters.
Ich habe dringende Wahrheiten nie ganz in Petto halten koͤnnen, und da ich immer nicht gleich- geſinnte Menſchen um mich hatte, ſo wurde ich bald als ein Patriot, bald als ein Jakobiner, dann als Demokrat, und wer weis, was noch alles, ausgeſchrieen. Aber geſchadet hat mir mein freies Gerede niemals: denn im Preußiſchen Heere ſind
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oder die Neuwieder Zeitungsſudelei u. dgl. nach-
lieſt — wenn naͤmlich dieſe und aͤhnliche Wiſche
nicht alle ſammt und ſonders dann laͤngſt verlacht
und vergeſſen ſind — ſo wird er freilich uͤber die
große Dummheit und Unverſchaͤmtheit dieſer Skri-
bler lachen: aber jezt, wer bedenkt, daß dieſe
Schreier zum allgemeinen Elende ſo vieler Laͤnder
und Menſchen, und zum phyſiſchen und morali-
ſchen Verderben unſers lieben Vaterlandes auch ihr
verfluchtes Schaͤrflein beygetragen, und geblendete
Gruͤzkoͤpfe noch mehr verblendet haben, der kann
die Wiſche von Neuwied, die des Hn. Schirach
und von Goͤchhauſen nicht ohne Eckel und Abſcheu
in die Hand nehmen. Ich bedaure daher auch je-
den ehrlichen Mann, der dieſe Schmiralien leſen
muß, und geſtehe gern, daß ich lieber Pater Ko-
chems Legende, Oswalds Unterhaltungen und
den Kaiſer Oktavianus leſen wollte, als die politi-
ſchen Siebenſachen eines Schirach, Goͤchhauſen,
Reichards in Gotha, und anderer ihres Gelichters.
Ich habe dringende Wahrheiten nie ganz in
Petto halten koͤnnen, und da ich immer nicht gleich-
geſinnte Menſchen um mich hatte, ſo wurde ich
bald als ein Patriot, bald als ein Jakobiner, dann
als Demokrat, und wer weis, was noch alles,
ausgeſchrieen. Aber geſchadet hat mir mein freies
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/197>, abgerufen am 22.11.2024.
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