nonade: der Wind ging scharf, und mit Regen vermischt -- und wir musten da unter freiem Him- mel stehen, bis den andern Tag gegen Abend, aus Furcht, Dumouriez mögte sich seines Vortheils bedienen, und uns angreifen. Zum Feuermachen fehlte es an Holz, also lief man in die hinten liegen- den Dörfer, und holte da, was man von Holz vor- fand, hieb die Bäume im Felde nieder, und machte große Feuer. Unser Bataillon war so glücklich, einige Wagen Brennholz zu erbeuten, welche für die französische Armee bestimmt waren.
Der Hunger quälte uns alle: denn unser Brod war schon lange verzehrt; und wenn man so unter freiem Himmel in Kälte und Nässe kampiren muß, hat man immer mehr Appetit, als in der warmen Stube. Eben so fehlte es uns an Wasser: die Nähe des Feindes ließ es nicht zu, es herbey zu holen, und so litten wir auch gewaltigen Durst. Einige Bursche, welche mehr Herz hatten, als andre, gin- gen aber doch hin und holten welches, das sie her- nach theuer genug verkauften. Einmal wurde ein solcher Trupp Wasserholer von einer feindlichen Patrouille aufgefangen, entging ihr aber wieder, weil die Finsterniß sie begünstigte.
Gegen Tag sorgte der Himmel selbst für Was- ser: denn es regnete gewaltig, und die Gräben füllten sich. Da aber hätte man die durchnäßten,
nonade: der Wind ging ſcharf, und mit Regen vermiſcht — und wir muſten da unter freiem Him- mel ſtehen, bis den andern Tag gegen Abend, aus Furcht, Dumouriez moͤgte ſich ſeines Vortheils bedienen, und uns angreifen. Zum Feuermachen fehlte es an Holz, alſo lief man in die hinten liegen- den Doͤrfer, und holte da, was man von Holz vor- fand, hieb die Baͤume im Felde nieder, und machte große Feuer. Unſer Bataillon war ſo gluͤcklich, einige Wagen Brennholz zu erbeuten, welche fuͤr die franzoͤſiſche Armee beſtimmt waren.
Der Hunger quaͤlte uns alle: denn unſer Brod war ſchon lange verzehrt; und wenn man ſo unter freiem Himmel in Kaͤlte und Naͤſſe kampiren muß, hat man immer mehr Appetit, als in der warmen Stube. Eben ſo fehlte es uns an Waſſer: die Naͤhe des Feindes ließ es nicht zu, es herbey zu holen, und ſo litten wir auch gewaltigen Durſt. Einige Burſche, welche mehr Herz hatten, als andre, gin- gen aber doch hin und holten welches, das ſie her- nach theuer genug verkauften. Einmal wurde ein ſolcher Trupp Waſſerholer von einer feindlichen Patrouille aufgefangen, entging ihr aber wieder, weil die Finſterniß ſie beguͤnſtigte.
Gegen Tag ſorgte der Himmel ſelbſt fuͤr Waſ- ſer: denn es regnete gewaltig, und die Graͤben fuͤllten ſich. Da aber haͤtte man die durchnaͤßten,
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nonade: der Wind ging ſcharf, und mit Regen
vermiſcht — und wir muſten da unter freiem Him-
mel ſtehen, bis den andern Tag gegen Abend, aus
Furcht, Dumouriez moͤgte ſich ſeines Vortheils
bedienen, und uns angreifen. Zum Feuermachen
fehlte es an Holz, alſo lief man in die hinten liegen-
den Doͤrfer, und holte da, was man von Holz vor-
fand, hieb die Baͤume im Felde nieder, und machte
große Feuer. Unſer Bataillon war ſo gluͤcklich,
einige Wagen Brennholz zu erbeuten, welche fuͤr
die franzoͤſiſche Armee beſtimmt waren.
Der Hunger quaͤlte uns alle: denn unſer Brod
war ſchon lange verzehrt; und wenn man ſo unter
freiem Himmel in Kaͤlte und Naͤſſe kampiren muß,
hat man immer mehr Appetit, als in der warmen
Stube. Eben ſo fehlte es uns an Waſſer: die Naͤhe
des Feindes ließ es nicht zu, es herbey zu holen,
und ſo litten wir auch gewaltigen Durſt. Einige
Burſche, welche mehr Herz hatten, als andre, gin-
gen aber doch hin und holten welches, das ſie her-
nach theuer genug verkauften. Einmal wurde ein
ſolcher Trupp Waſſerholer von einer feindlichen
Patrouille aufgefangen, entging ihr aber wieder,
weil die Finſterniß ſie beguͤnſtigte.
Gegen Tag ſorgte der Himmel ſelbſt fuͤr Waſ-
ſer: denn es regnete gewaltig, und die Graͤben
fuͤllten ſich. Da aber haͤtte man die durchnaͤßten,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/183>, abgerufen am 24.11.2024.
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