nigen Bergen kommandirt wird, von welchen her es leicht zu beschießen ist.
Die Stadt selbst hat mir sehr, und ihre Ein- wohner noch mehr gefallen. Es waren gute offene Leute. Ich machte einst, beym Zurückgehen, vor dem Thore Bekanntschaft mit einer gewissen Ju- liette Jally, der Tochter eines Rothgießers, und diese bath mich, wenn ich wieder in die Stadt kä- me, sie zu besuchen. Ich that dieses gleich den folgenden Tag, und hatte ein rechtes Fest. Jally, ein lebhafter muntrer Mann, wußte es seiner Toch- ter noch Dank, daß sie mich hingebeten hatte. Mamsell Juliette war ebenfalls munter, aber mit allem Anstand. Ueberhaupt waren die Frauenzim- mer in Verdun gesittete Geschöpfe, jedoch ohne Ziererey oder ängstliche Mumen-Etikette. Aus- nahmen giebt es überall, also auch hier.
Verdun stand ehedem in Kirchensachen unter dem Erzbischofe von Trier. König Heinrich hatte zwar die vorhin erwähnten Bisthümer der weltlichen Juris- diktion des deutschen Reichs entrissen, aber sie doch unter der geistlichen Bormäßigkeit der deutschen Erzbischöfe gelassen, z. B. Strasburg unter Mainz, Verdun, Metz und Toul unter Trier, und Cam- bray unter Mecheln. Aber bey der Revolution er- klärten die Franzosen, daß ihre Bischöfe ferner nicht mehr unter Erzbischöfen, am wenigsten unter aus-
nigen Bergen kommandirt wird, von welchen her es leicht zu beſchießen iſt.
Die Stadt ſelbſt hat mir ſehr, und ihre Ein- wohner noch mehr gefallen. Es waren gute offene Leute. Ich machte einſt, beym Zuruͤckgehen, vor dem Thore Bekanntſchaft mit einer gewiſſen Ju- liette Jally, der Tochter eines Rothgießers, und dieſe bath mich, wenn ich wieder in die Stadt kaͤ- me, ſie zu beſuchen. Ich that dieſes gleich den folgenden Tag, und hatte ein rechtes Feſt. Jally, ein lebhafter muntrer Mann, wußte es ſeiner Toch- ter noch Dank, daß ſie mich hingebeten hatte. Mamſell Juliette war ebenfalls munter, aber mit allem Anſtand. Ueberhaupt waren die Frauenzim- mer in Verdun geſittete Geſchoͤpfe, jedoch ohne Ziererey oder aͤngſtliche Mumen-Etikette. Aus- nahmen giebt es uͤberall, alſo auch hier.
Verdun ſtand ehedem in Kirchenſachen unter dem Erzbiſchofe von Trier. Koͤnig Heinrich hatte zwar die vorhin erwaͤhnten Bisthuͤmer der weltlichen Juris- diktion des deutſchen Reichs entriſſen, aber ſie doch unter der geiſtlichen Bormaͤßigkeit der deutſchen Erzbiſchoͤfe gelaſſen, z. B. Strasburg unter Mainz, Verdun, Metz und Toul unter Trier, und Cam- bray unter Mecheln. Aber bey der Revolution er- klaͤrten die Franzoſen, daß ihre Biſchoͤfe ferner nicht mehr unter Erzbiſchoͤfen, am wenigſten unter aus-
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nigen Bergen kommandirt wird, von welchen her
es leicht zu beſchießen iſt.
Die Stadt ſelbſt hat mir ſehr, und ihre Ein-
wohner noch mehr gefallen. Es waren gute offene
Leute. Ich machte einſt, beym Zuruͤckgehen, vor
dem Thore Bekanntſchaft mit einer gewiſſen Ju-
liette Jally, der Tochter eines Rothgießers, und
dieſe bath mich, wenn ich wieder in die Stadt kaͤ-
me, ſie zu beſuchen. Ich that dieſes gleich den
folgenden Tag, und hatte ein rechtes Feſt. Jally,
ein lebhafter muntrer Mann, wußte es ſeiner Toch-
ter noch Dank, daß ſie mich hingebeten hatte.
Mamſell Juliette war ebenfalls munter, aber mit
allem Anſtand. Ueberhaupt waren die Frauenzim-
mer in Verdun geſittete Geſchoͤpfe, jedoch ohne
Ziererey oder aͤngſtliche Mumen-Etikette. Aus-
nahmen giebt es uͤberall, alſo auch hier.
Verdun ſtand ehedem in Kirchenſachen unter dem
Erzbiſchofe von Trier. Koͤnig Heinrich hatte zwar die
vorhin erwaͤhnten Bisthuͤmer der weltlichen Juris-
diktion des deutſchen Reichs entriſſen, aber ſie doch
unter der geiſtlichen Bormaͤßigkeit der deutſchen
Erzbiſchoͤfe gelaſſen, z. B. Strasburg unter Mainz,
Verdun, Metz und Toul unter Trier, und Cam-
bray unter Mecheln. Aber bey der Revolution er-
klaͤrten die Franzoſen, daß ihre Biſchoͤfe ferner nicht
mehr unter Erzbiſchoͤfen, am wenigſten unter aus-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/146>, abgerufen am 24.11.2024.
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