Der Herzog ließ, nachdem wir unser Lager vor Verdun aufgeschlagen hatten, auch diese Stadt so- fort zur Uebergabe auffodern: allein hier würde er weit mehr Widerstand gefunden haben, als bey Longwy, wenn anders der brave Beaurepaire nach seinen patriotischen Empfindungen hätte handeln können. Beaurepaire erklärte gleich anfangs: Er könne mit dem Herzog sich nicht einlassen, noch weniger die Stadt übergeben; denn eine Festung sey das Eigenthum nicht derjenigen Bürger allein, welche sie bewohnten, sondern der ganzen Nation, und dürfe daher blos im Falle der höchsten Noth dem Feinde übergeben werden.
Nach dieser deutlichen Erklärung ließ der Her- zog auf einem Weinberge, gerade der Citadelle ge- genüber, Schanzen aufwerfen, und die Stadt be- schießen. Dieses hatte die Folge, daß einiger Brand entstand; und nun foderten die Bürger, oder vielmehr der Bürgerausschuß, daß Beaurepaire die Stadt durchaus öffnen sollte.
Als Beaurepaire sah, daß für ihn nichts mehr zu thun sey, erklärte er, daß wenigstens er frey sterben wolle, und erschoß sich in Beyseyn mehrerer Bürger und Offiziere.
Diese heldenmüthige Aufopferung des braven Commendanten brachte die Verdüner nicht zur Be-
Der Herzog ließ, nachdem wir unſer Lager vor Verdun aufgeſchlagen hatten, auch dieſe Stadt ſo- fort zur Uebergabe auffodern: allein hier wuͤrde er weit mehr Widerſtand gefunden haben, als bey Longwy, wenn anders der brave Beaurepaire nach ſeinen patriotiſchen Empfindungen haͤtte handeln koͤnnen. Beaurepaire erklaͤrte gleich anfangs: Er koͤnne mit dem Herzog ſich nicht einlaſſen, noch weniger die Stadt uͤbergeben; denn eine Feſtung ſey das Eigenthum nicht derjenigen Buͤrger allein, welche ſie bewohnten, ſondern der ganzen Nation, und duͤrfe daher blos im Falle der hoͤchſten Noth dem Feinde uͤbergeben werden.
Nach dieſer deutlichen Erklaͤrung ließ der Her- zog auf einem Weinberge, gerade der Citadelle ge- genuͤber, Schanzen aufwerfen, und die Stadt be- ſchießen. Dieſes hatte die Folge, daß einiger Brand entſtand; und nun foderten die Buͤrger, oder vielmehr der Buͤrgerausſchuß, daß Beaurepaire die Stadt durchaus oͤffnen ſollte.
Als Beaurepaire ſah, daß fuͤr ihn nichts mehr zu thun ſey, erklaͤrte er, daß wenigſtens er frey ſterben wolle, und erſchoß ſich in Beyſeyn mehrerer Buͤrger und Offiziere.
Dieſe heldenmuͤthige Aufopferung des braven Commendanten brachte die Verduͤner nicht zur Be-
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Der Herzog ließ, nachdem wir unſer Lager vor
Verdun aufgeſchlagen hatten, auch dieſe Stadt ſo-
fort zur Uebergabe auffodern: allein hier wuͤrde er
weit mehr Widerſtand gefunden haben, als bey
Longwy, wenn anders der brave Beaurepaire nach
ſeinen patriotiſchen Empfindungen haͤtte handeln
koͤnnen. Beaurepaire erklaͤrte gleich anfangs:
Er koͤnne mit dem Herzog ſich nicht einlaſſen, noch
weniger die Stadt uͤbergeben; denn eine Feſtung
ſey das Eigenthum nicht derjenigen Buͤrger allein,
welche ſie bewohnten, ſondern der ganzen Nation,
und duͤrfe daher blos im Falle der hoͤchſten Noth
dem Feinde uͤbergeben werden.
Nach dieſer deutlichen Erklaͤrung ließ der Her-
zog auf einem Weinberge, gerade der Citadelle ge-
genuͤber, Schanzen aufwerfen, und die Stadt be-
ſchießen. Dieſes hatte die Folge, daß einiger
Brand entſtand; und nun foderten die Buͤrger, oder
vielmehr der Buͤrgerausſchuß, daß Beaurepaire
die Stadt durchaus oͤffnen ſollte.
Als Beaurepaire ſah, daß fuͤr ihn nichts
mehr zu thun ſey, erklaͤrte er, daß wenigſtens er
frey ſterben wolle, und erſchoß ſich in Beyſeyn
mehrerer Buͤrger und Offiziere.
Dieſe heldenmuͤthige Aufopferung des braven
Commendanten brachte die Verduͤner nicht zur Be-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/143>, abgerufen am 24.11.2024.
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