Wasser inficiren; und wie viel Pflanzengift müßte man haben, um einen Brunnen voll Wasser schädlich zu machen! Gift, in einen Brunnen ge- worfen, soll vielmehr das Wasser verbessern. -- Freilich, wenn man vorzeiten an die Juden wollte, gab man ihnen das Brunnenvergiften Schuld. Aber was that man vorzeiten nicht alles!
Die französischen Magazine zu Longwy waren recht gut versehen: da sie nun in die Hände der Preußen fielen, so ließ der Herzog uns einigemal Tobak, Brantewein, gesalznes Fleisch, Speck u. dgl. daraus reichen. Aber, leider, wurde der Wille dieses vortrefflichen Mannes nur halb aus- geführt: denn manches, was zum Austheilen mit- bestimmt war, wurde an die Marketender verkauft, und zwar von Herren, welche die Aufsicht über die Magazine führen sollten. Die Marketender ver- kauften alles uns armen Teufeln hernach wieder für schwere Münze.
Noch mehr habe ich mich geärgert, als ich sehen mußte, daß Strümpfe, welche der Herzog auch unter die Soldaten vertheilt wissen wollte, theils in den Händen der Offiziere blieben, theils nach Luxemburg an Kaufleute verhandelt wurden. Das war doch auf jeden Fall unanständig; und ich wundre mich sehr, daß es nicht zu den Ohren des Herzogs gekommen ist, der in solchen Fällen kei-
Waſſer inficiren; und wie viel Pflanzengift muͤßte man haben, um einen Brunnen voll Waſſer ſchaͤdlich zu machen! Gift, in einen Brunnen ge- worfen, ſoll vielmehr das Waſſer verbeſſern. — Freilich, wenn man vorzeiten an die Juden wollte, gab man ihnen das Brunnenvergiften Schuld. Aber was that man vorzeiten nicht alles!
Die franzoͤſiſchen Magazine zu Longwy waren recht gut verſehen: da ſie nun in die Haͤnde der Preußen fielen, ſo ließ der Herzog uns einigemal Tobak, Brantewein, geſalznes Fleiſch, Speck u. dgl. daraus reichen. Aber, leider, wurde der Wille dieſes vortrefflichen Mannes nur halb aus- gefuͤhrt: denn manches, was zum Austheilen mit- beſtimmt war, wurde an die Marketender verkauft, und zwar von Herren, welche die Aufſicht uͤber die Magazine fuͤhren ſollten. Die Marketender ver- kauften alles uns armen Teufeln hernach wieder fuͤr ſchwere Muͤnze.
Noch mehr habe ich mich geaͤrgert, als ich ſehen mußte, daß Struͤmpfe, welche der Herzog auch unter die Soldaten vertheilt wiſſen wollte, theils in den Haͤnden der Offiziere blieben, theils nach Luxemburg an Kaufleute verhandelt wurden. Das war doch auf jeden Fall unanſtaͤndig; und ich wundre mich ſehr, daß es nicht zu den Ohren des Herzogs gekommen iſt, der in ſolchen Faͤllen kei-
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Waſſer inficiren; und wie viel Pflanzengift muͤßte
man haben, um einen Brunnen voll Waſſer
ſchaͤdlich zu machen! Gift, in einen Brunnen ge-
worfen, ſoll vielmehr das Waſſer verbeſſern. —
Freilich, wenn man vorzeiten an die Juden wollte,
gab man ihnen das Brunnenvergiften Schuld.
Aber was that man vorzeiten nicht alles!
Die franzoͤſiſchen Magazine zu Longwy waren
recht gut verſehen: da ſie nun in die Haͤnde der
Preußen fielen, ſo ließ der Herzog uns einigemal
Tobak, Brantewein, geſalznes Fleiſch, Speck u.
dgl. daraus reichen. Aber, leider, wurde der
Wille dieſes vortrefflichen Mannes nur halb aus-
gefuͤhrt: denn manches, was zum Austheilen mit-
beſtimmt war, wurde an die Marketender verkauft,
und zwar von Herren, welche die Aufſicht uͤber die
Magazine fuͤhren ſollten. Die Marketender ver-
kauften alles uns armen Teufeln hernach wieder
fuͤr ſchwere Muͤnze.
Noch mehr habe ich mich geaͤrgert, als ich
ſehen mußte, daß Struͤmpfe, welche der Herzog
auch unter die Soldaten vertheilt wiſſen wollte,
theils in den Haͤnden der Offiziere blieben, theils
nach Luxemburg an Kaufleute verhandelt wurden.
Das war doch auf jeden Fall unanſtaͤndig; und ich
wundre mich ſehr, daß es nicht zu den Ohren des
Herzogs gekommen iſt, der in ſolchen Faͤllen kei-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/140>, abgerufen am 24.11.2024.
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