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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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Hier bey Luxemburg wurde ein Spion aufge-
knüpft: man sagte die Franzosen hätten ihn abge-
schickt, um unser Lager auszuspähen.

Ich habe über die Spionen und deren Bestra-
fung so meine ganz eignen Gedanken, und es kömmt
mir vor, als wenn das Gesetz, welches die Spio-
nen so geradeweg zum Strange verdammt, sehr
ungerecht sey. Denn wenn man einen General,
der sich aller Kriegsliste bedient, deßwegen nicht
für unehrlich, und ihn noch weniger für strangfähig
erklärt, weil er durch List dem Feinde zu schaden
trachtet: warum soll man einen armen Teufel auf-
knüpfen, der sich zur heimlichen Entdeckung der
Absichten des Feindes bereden oder gebrauchen läßt?
Man muß alles nur so einrichten, daß kein Spion
uns durch Entdeckung dessen, was er sieht oder
hört, schaden könne: und dann hat die Spionerie
keine böse Folgen. Da gefällt mir der französische
General Moncey, welcher die Neufranken in die-
sem Kriege gegen die Spanier anführte, besser. Als
diesem 2 spanische Spionen vorgeführt wurden, sagte
der edle Mann zu ihnen: "Hört ihr Leute, ich könnte,
wenn ich nach der gemeinen Art mit euch verfahren
wollte, euch alle beyde gleich hängen lassen; aber
ich verachte einen Spion zu sehr, als daß ich den-
ken sollte, aus seiner Hinrichtung Vortheil zu zie-
hen. Geht hin zu eurem General und sagt ihm,

Hier bey Luxemburg wurde ein Spion aufge-
knuͤpft: man ſagte die Franzoſen haͤtten ihn abge-
ſchickt, um unſer Lager auszuſpaͤhen.

Ich habe uͤber die Spionen und deren Beſtra-
fung ſo meine ganz eignen Gedanken, und es koͤmmt
mir vor, als wenn das Geſetz, welches die Spio-
nen ſo geradeweg zum Strange verdammt, ſehr
ungerecht ſey. Denn wenn man einen General,
der ſich aller Kriegsliſte bedient, deßwegen nicht
fuͤr unehrlich, und ihn noch weniger fuͤr ſtrangfaͤhig
erklaͤrt, weil er durch Liſt dem Feinde zu ſchaden
trachtet: warum ſoll man einen armen Teufel auf-
knuͤpfen, der ſich zur heimlichen Entdeckung der
Abſichten des Feindes bereden oder gebrauchen laͤßt?
Man muß alles nur ſo einrichten, daß kein Spion
uns durch Entdeckung deſſen, was er ſieht oder
hoͤrt, ſchaden koͤnne: und dann hat die Spionerie
keine boͤſe Folgen. Da gefaͤllt mir der franzoͤſiſche
General Moncey, welcher die Neufranken in die-
ſem Kriege gegen die Spanier anfuͤhrte, beſſer. Als
dieſem 2 ſpaniſche Spionen vorgefuͤhrt wurden, ſagte
der edle Mann zu ihnen: „Hoͤrt ihr Leute, ich koͤnnte,
wenn ich nach der gemeinen Art mit euch verfahren
wollte, euch alle beyde gleich haͤngen laſſen; aber
ich verachte einen Spion zu ſehr, als daß ich den-
ken ſollte, aus ſeiner Hinrichtung Vortheil zu zie-
hen. Geht hin zu eurem General und ſagt ihm,

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[102/0114] Hier bey Luxemburg wurde ein Spion aufge- knuͤpft: man ſagte die Franzoſen haͤtten ihn abge- ſchickt, um unſer Lager auszuſpaͤhen. Ich habe uͤber die Spionen und deren Beſtra- fung ſo meine ganz eignen Gedanken, und es koͤmmt mir vor, als wenn das Geſetz, welches die Spio- nen ſo geradeweg zum Strange verdammt, ſehr ungerecht ſey. Denn wenn man einen General, der ſich aller Kriegsliſte bedient, deßwegen nicht fuͤr unehrlich, und ihn noch weniger fuͤr ſtrangfaͤhig erklaͤrt, weil er durch Liſt dem Feinde zu ſchaden trachtet: warum ſoll man einen armen Teufel auf- knuͤpfen, der ſich zur heimlichen Entdeckung der Abſichten des Feindes bereden oder gebrauchen laͤßt? Man muß alles nur ſo einrichten, daß kein Spion uns durch Entdeckung deſſen, was er ſieht oder hoͤrt, ſchaden koͤnne: und dann hat die Spionerie keine boͤſe Folgen. Da gefaͤllt mir der franzoͤſiſche General Moncey, welcher die Neufranken in die- ſem Kriege gegen die Spanier anfuͤhrte, beſſer. Als dieſem 2 ſpaniſche Spionen vorgefuͤhrt wurden, ſagte der edle Mann zu ihnen: „Hoͤrt ihr Leute, ich koͤnnte, wenn ich nach der gemeinen Art mit euch verfahren wollte, euch alle beyde gleich haͤngen laſſen; aber ich verachte einen Spion zu ſehr, als daß ich den- ken ſollte, aus ſeiner Hinrichtung Vortheil zu zie- hen. Geht hin zu eurem General und ſagt ihm,

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/114>, abgerufen am 24.11.2024.