An Singsang hat es uns auch nicht gefehlt: denn Hr. Dost, ein Antiquar aus Halle, fiel auf den Gedanken, der Armee mit Gesangbüchern reli- giösen Inhalts, und mit Kriegsliedern, wie auch mit einer höchst undeutschen Uebersetzung des braun- schweigischen Manifestes nachzuziehen. Die Ge- sangbücher habe ich nicht gesehen, wohl aber die in allem Betracht elenden Kriegslieder, welche er obendrein für die Arbeit unsers Feldpredigers La- fontaine ausgab, um den Wischen nur Kurs zu schaffen. Bey Luxemburg kaufte er sich gar einen Esel, lud diesem seinen Singsang auf, und zog so mit nach la Lune und von da wieder zurück, und schlief oft, wie er selbst erzählt hat, mit seinem Brodtgefährten in den französischen Schwein[ - 1 Zeichen fehlt]äl- len. Zu Koblenz verkaufte er nachher sein lastbares Thier, ward krank, und kehrte um nach Halle, mit dem festen Vorsatz, niemals wieder als geistlicher Makulaturtrödler einer Armee nachzuziehen. Jezt ist er akademischer Liquermeister zu Halle.
Ich habe oft lachen müssen über die Gerüchte, die man immer ausposaunte und gern für baare Wahrheit gelten ließ. Bey Trier hörten wir der- gleichen viele; und wenn ich mich dann, wie man spricht, an den Laden legte, und den Ungrund oder die Unmöglichkeit solcher Sagerey aufdeckte: so hieß es gleich: ich sey ein Patriot. Aber ich freue
An Singſang hat es uns auch nicht gefehlt: denn Hr. Doſt, ein Antiquar aus Halle, fiel auf den Gedanken, der Armee mit Geſangbuͤchern reli- gioͤſen Inhalts, und mit Kriegsliedern, wie auch mit einer hoͤchſt undeutſchen Ueberſetzung des braun- ſchweigiſchen Manifeſtes nachzuziehen. Die Ge- ſangbuͤcher habe ich nicht geſehen, wohl aber die in allem Betracht elenden Kriegslieder, welche er obendrein fuͤr die Arbeit unſers Feldpredigers La- fontaine ausgab, um den Wiſchen nur Kurs zu ſchaffen. Bey Luxemburg kaufte er ſich gar einen Eſel, lud dieſem ſeinen Singſang auf, und zog ſo mit nach la Lune und von da wieder zuruͤck, und ſchlief oft, wie er ſelbſt erzaͤhlt hat, mit ſeinem Brodtgefaͤhrten in den franzoͤſiſchen Schwein[ – 1 Zeichen fehlt]aͤl- len. Zu Koblenz verkaufte er nachher ſein laſtbares Thier, ward krank, und kehrte um nach Halle, mit dem feſten Vorſatz, niemals wieder als geiſtlicher Makulaturtroͤdler einer Armee nachzuziehen. Jezt iſt er akademiſcher Liquermeiſter zu Halle.
Ich habe oft lachen muͤſſen uͤber die Geruͤchte, die man immer auspoſaunte und gern fuͤr baare Wahrheit gelten ließ. Bey Trier hoͤrten wir der- gleichen viele; und wenn ich mich dann, wie man ſpricht, an den Laden legte, und den Ungrund oder die Unmoͤglichkeit ſolcher Sagerey aufdeckte: ſo hieß es gleich: ich ſey ein Patriot. Aber ich freue
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An Singſang hat es uns auch nicht gefehlt:
denn Hr. Doſt, ein Antiquar aus Halle, fiel auf
den Gedanken, der Armee mit Geſangbuͤchern reli-
gioͤſen Inhalts, und mit Kriegsliedern, wie auch
mit einer hoͤchſt undeutſchen Ueberſetzung des braun-
ſchweigiſchen Manifeſtes nachzuziehen. Die Ge-
ſangbuͤcher habe ich nicht geſehen, wohl aber die in
allem Betracht elenden Kriegslieder, welche er
obendrein fuͤr die Arbeit unſers Feldpredigers La-
fontaine ausgab, um den Wiſchen nur Kurs zu
ſchaffen. Bey Luxemburg kaufte er ſich gar einen
Eſel, lud dieſem ſeinen Singſang auf, und zog ſo
mit nach la Lune und von da wieder zuruͤck, und
ſchlief oft, wie er ſelbſt erzaͤhlt hat, mit ſeinem
Brodtgefaͤhrten in den franzoͤſiſchen Schwein_aͤl-
len. Zu Koblenz verkaufte er nachher ſein laſtbares
Thier, ward krank, und kehrte um nach Halle, mit
dem feſten Vorſatz, niemals wieder als geiſtlicher
Makulaturtroͤdler einer Armee nachzuziehen. Jezt
iſt er akademiſcher Liquermeiſter zu Halle.
Ich habe oft lachen muͤſſen uͤber die Geruͤchte,
die man immer auspoſaunte und gern fuͤr baare
Wahrheit gelten ließ. Bey Trier hoͤrten wir der-
gleichen viele; und wenn ich mich dann, wie man
ſpricht, an den Laden legte, und den Ungrund oder
die Unmoͤglichkeit ſolcher Sagerey aufdeckte: ſo
hieß es gleich: ich ſey ein Patriot. Aber ich freue
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/108>, abgerufen am 18.12.2024.
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