Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.gesezte Rechtschaffenheit. Er war nie auf Schulen p) Ich bin kein Freund von solchem Professors-Umgang
wie ich ihn in Göttingen gesehen und schon oben (Th. I. S. 263.) beschrieben habe; aber freien Zutritt sollte ein akademischer Lehrer seinen Zuhörern immer gestatten. Ich hörte einmal einen gewissen Herrn sich entschuldigen, daß er mit Studenten gar nicht um- gehen möchte, aus dem Grunde: es könnte sonst schei- nen, als wolle er sich bei den jungen Leuten in Gunst setzen, damit sie seine Kollegien hören möchten; allein diese Ausflucht ist sehr unstatthaft. Es ist ja bekannt, daß man -- cet[ - 1 Zeichen fehlt]ris paribus -- mehr Zuhörer er- wirbt, wenn man sich in ein gewisses Dunkel zu ste- cken weiß, woraus man sich selten entfernt, allen Studenten-Umgang meidet und ihnen nur im Kolle- gio sichtbar wird; oder -- was wenigstens in Halle unfehlbar wirkt -- wenn man alles hübsch kurz und so lieset, daß jeder von Wort zu Wort alles nachschreiben geſezte Rechtſchaffenheit. Er war nie auf Schulen p) Ich bin kein Freund von ſolchem Profeſſors-Umgang
wie ich ihn in Goͤttingen geſehen und ſchon oben (Th. I. S. 263.) beſchrieben habe; aber freien Zutritt ſollte ein akademiſcher Lehrer ſeinen Zuhoͤrern immer geſtatten. Ich hoͤrte einmal einen gewiſſen Herrn ſich entſchuldigen, daß er mit Studenten gar nicht um- gehen moͤchte, aus dem Grunde: es koͤnnte ſonſt ſchei- nen, als wolle er ſich bei den jungen Leuten in Gunſt ſetzen, damit ſie ſeine Kollegien hoͤren moͤchten; allein dieſe Ausflucht iſt ſehr unſtatthaft. Es iſt ja bekannt, daß man — cet[ – 1 Zeichen fehlt]ris paribus — mehr Zuhoͤrer er- wirbt, wenn man ſich in ein gewiſſes Dunkel zu ſte- cken weiß, woraus man ſich ſelten entfernt, allen Studenten-Umgang meidet und ihnen nur im Kolle- gio ſichtbar wird; oder — was wenigſtens in Halle unfehlbar wirkt — wenn man alles huͤbſch kurz und ſo lieſet, daß jeder von Wort zu Wort alles nachſchreiben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0094" n="92"/> geſezte Rechtſchaffenheit. Er war nie auf Schulen<lb/> geweſen, hatte ſich jedoch fuͤr ſich auf die Wiſſen-<lb/> ſchaften und alte Sprachen gelegt und nicht gemeine<lb/> Kenntniſſe erlangt. Dieſe Kenntniſſe ſuchte er durch<lb/> ununterbrochnen Fleiß zu vermehren. Herr Prof.<lb/><hi rendition="#g">Niemeyer</hi> wuͤrdigte ihn ſeiner Freundſchaft und<lb/> ſeines Umgangs; und ich muß hier dieſem Manne<lb/> das Zeugniß geben, daß er dadurch, daß er hof-<lb/> nungsvollen jungen Leuten zu der Zeit den Zutritt<lb/> zu ſich geſtattete und ſie ſeines Umgangs wuͤrdigte,<lb/> ſehr viel Gutes geſtiftet hat. So was praͤgt eine<lb/> gewiſſe edle Ambition in die Gemuͤther, welche zu<lb/> lauter guten Thaten anſpornt <note xml:id="note-0094" next="#note-0095" place="foot" n="p)">Ich bin kein Freund von ſolchem Profeſſors-Umgang<lb/> wie ich ihn in Goͤttingen geſehen und ſchon oben<lb/> (Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 263.) beſchrieben habe; aber freien Zutritt<lb/> ſollte ein akademiſcher Lehrer ſeinen Zuhoͤrern immer<lb/> geſtatten. Ich hoͤrte einmal einen gewiſſen Herrn<lb/> ſich entſchuldigen, daß er mit Studenten gar nicht um-<lb/> gehen moͤchte, aus dem Grunde: es koͤnnte ſonſt ſchei-<lb/> nen, als wolle er ſich bei den jungen Leuten in Gunſt<lb/> ſetzen, damit ſie ſeine Kollegien hoͤren moͤchten; allein<lb/> dieſe Ausflucht iſt ſehr unſtatthaft. Es iſt ja bekannt,<lb/> daß man — <hi rendition="#aq">cet<gap unit="chars" quantity="1"/>ris paribus</hi> — mehr Zuhoͤrer er-<lb/> wirbt, wenn man ſich in ein gewiſſes Dunkel zu ſte-<lb/> cken weiß, woraus man ſich ſelten entfernt, allen<lb/> Studenten-Umgang meidet und ihnen nur im Kolle-<lb/> gio ſichtbar wird; oder — was wenigſtens in Halle<lb/> unfehlbar wirkt — wenn man alles huͤbſch kurz und ſo<lb/> lieſet, daß jeder von Wort zu Wort alles nachſchreiben</note>.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [92/0094]
geſezte Rechtſchaffenheit. Er war nie auf Schulen
geweſen, hatte ſich jedoch fuͤr ſich auf die Wiſſen-
ſchaften und alte Sprachen gelegt und nicht gemeine
Kenntniſſe erlangt. Dieſe Kenntniſſe ſuchte er durch
ununterbrochnen Fleiß zu vermehren. Herr Prof.
Niemeyer wuͤrdigte ihn ſeiner Freundſchaft und
ſeines Umgangs; und ich muß hier dieſem Manne
das Zeugniß geben, daß er dadurch, daß er hof-
nungsvollen jungen Leuten zu der Zeit den Zutritt
zu ſich geſtattete und ſie ſeines Umgangs wuͤrdigte,
ſehr viel Gutes geſtiftet hat. So was praͤgt eine
gewiſſe edle Ambition in die Gemuͤther, welche zu
lauter guten Thaten anſpornt p).
p) Ich bin kein Freund von ſolchem Profeſſors-Umgang
wie ich ihn in Goͤttingen geſehen und ſchon oben
(Th. I. S. 263.) beſchrieben habe; aber freien Zutritt
ſollte ein akademiſcher Lehrer ſeinen Zuhoͤrern immer
geſtatten. Ich hoͤrte einmal einen gewiſſen Herrn
ſich entſchuldigen, daß er mit Studenten gar nicht um-
gehen moͤchte, aus dem Grunde: es koͤnnte ſonſt ſchei-
nen, als wolle er ſich bei den jungen Leuten in Gunſt
ſetzen, damit ſie ſeine Kollegien hoͤren moͤchten; allein
dieſe Ausflucht iſt ſehr unſtatthaft. Es iſt ja bekannt,
daß man — cet_ris paribus — mehr Zuhoͤrer er-
wirbt, wenn man ſich in ein gewiſſes Dunkel zu ſte-
cken weiß, woraus man ſich ſelten entfernt, allen
Studenten-Umgang meidet und ihnen nur im Kolle-
gio ſichtbar wird; oder — was wenigſtens in Halle
unfehlbar wirkt — wenn man alles huͤbſch kurz und ſo
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