Semlers Antwort. Zweites Vikariat. Begebenheiten bei demselben und Anstalten zum Abzuge aus der Pfalz.
Herr Semler hatte bald geantwortet. Seine Briefe an meinen Vater und mich, waren in dem herzlichen aber etwas steifen Tone geschrieben, der dem großen Manne so eigen war. Er schrieb: wenn ich nur hundert Thaler in Halle hätte, so könnte ich mich da recht gut durchbringen. Er habe dem Di- rector Freylingshausen unsere Briefe vorge- wiesen, und da er meinen Vater persönlich kenne, so habe er von ihm auf mich geschlossen, und mich bestens empfohlen. Der Director habe ihm auch versprochen, mir sogleich den Tisch und ein Logis auf dem Waisenhause zu geben, wofür ich bei der latei- nischen Schule Unterricht geben würde. Uebrigens wolle er sich meiner nach aller Redlichkeit anneh- men. -- (Pro eo -- ich erinnere mich noch man- cher Ausdrücke, deren sich der große Mann in jenen Briefen bediente -- qui mihi esse constat, quem que ut esse mihi constaret, allaboravi, animo.) Man habe ihm zwar vorgeworfen, daß er sich in Din- ge mische, von denen er nicht hinlänglich unterrichtet
Siebentes Kapitel.
Semlers Antwort. Zweites Vikariat. Begebenheiten bei demſelben und Anſtalten zum Abzuge aus der Pfalz.
Herr Semler hatte bald geantwortet. Seine Briefe an meinen Vater und mich, waren in dem herzlichen aber etwas ſteifen Tone geſchrieben, der dem großen Manne ſo eigen war. Er ſchrieb: wenn ich nur hundert Thaler in Halle haͤtte, ſo koͤnnte ich mich da recht gut durchbringen. Er habe dem Di- rector Freylingshauſen unſere Briefe vorge- wieſen, und da er meinen Vater perſoͤnlich kenne, ſo habe er von ihm auf mich geſchloſſen, und mich beſtens empfohlen. Der Director habe ihm auch verſprochen, mir ſogleich den Tiſch und ein Logis auf dem Waiſenhauſe zu geben, wofuͤr ich bei der latei- niſchen Schule Unterricht geben wuͤrde. Uebrigens wolle er ſich meiner nach aller Redlichkeit anneh- men. — (Pro eo — ich erinnere mich noch man- cher Ausdruͤcke, deren ſich der große Mann in jenen Briefen bediente — qui mihi eſſe conſtat, quem que ut eſſe mihi conſtaret, allaboravi, animo.) Man habe ihm zwar vorgeworfen, daß er ſich in Din- ge miſche, von denen er nicht hinlaͤnglich unterrichtet
<TEI><text><body><pbfacs="#f0069"n="67"/><divn="1"><head>Siebentes Kapitel.</head><lb/><p>Semlers Antwort. Zweites Vikariat. Begebenheiten bei<lb/>
demſelben und Anſtalten zum Abzuge aus der<lb/>
Pfalz.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">H</hi>err <hirendition="#g">Semler</hi> hatte bald geantwortet. Seine<lb/>
Briefe an meinen Vater und mich, waren in dem<lb/>
herzlichen aber etwas ſteifen Tone geſchrieben, der<lb/>
dem großen Manne ſo eigen war. Er ſchrieb: wenn<lb/>
ich nur hundert Thaler in Halle haͤtte, ſo koͤnnte ich<lb/>
mich da recht gut durchbringen. Er habe dem Di-<lb/>
rector <hirendition="#g">Freylingshauſen</hi> unſere Briefe vorge-<lb/>
wieſen, und da er meinen Vater perſoͤnlich kenne,<lb/>ſo habe er von ihm auf mich geſchloſſen, und mich<lb/>
beſtens empfohlen. Der Director habe ihm auch<lb/>
verſprochen, mir ſogleich den Tiſch und ein Logis auf<lb/>
dem Waiſenhauſe zu geben, wofuͤr ich bei der latei-<lb/>
niſchen Schule Unterricht geben wuͤrde. Uebrigens<lb/>
wolle er ſich meiner nach aller Redlichkeit anneh-<lb/>
men. — (<hirendition="#aq">Pro eo</hi>— ich erinnere mich noch man-<lb/>
cher Ausdruͤcke, deren ſich der große Mann in jenen<lb/>
Briefen bediente —<hirendition="#aq">qui mihi eſſe conſtat, quem<lb/>
que ut eſſe mihi conſtaret, allaboravi, animo.</hi>)<lb/>
Man habe ihm zwar vorgeworfen, daß er ſich in Din-<lb/>
ge miſche, von denen er nicht hinlaͤnglich unterrichtet<lb/></p></div></body></text></TEI>
[67/0069]
Siebentes Kapitel.
Semlers Antwort. Zweites Vikariat. Begebenheiten bei
demſelben und Anſtalten zum Abzuge aus der
Pfalz.
Herr Semler hatte bald geantwortet. Seine
Briefe an meinen Vater und mich, waren in dem
herzlichen aber etwas ſteifen Tone geſchrieben, der
dem großen Manne ſo eigen war. Er ſchrieb: wenn
ich nur hundert Thaler in Halle haͤtte, ſo koͤnnte ich
mich da recht gut durchbringen. Er habe dem Di-
rector Freylingshauſen unſere Briefe vorge-
wieſen, und da er meinen Vater perſoͤnlich kenne,
ſo habe er von ihm auf mich geſchloſſen, und mich
beſtens empfohlen. Der Director habe ihm auch
verſprochen, mir ſogleich den Tiſch und ein Logis auf
dem Waiſenhauſe zu geben, wofuͤr ich bei der latei-
niſchen Schule Unterricht geben wuͤrde. Uebrigens
wolle er ſich meiner nach aller Redlichkeit anneh-
men. — (Pro eo — ich erinnere mich noch man-
cher Ausdruͤcke, deren ſich der große Mann in jenen
Briefen bediente — qui mihi eſſe conſtat, quem
que ut eſſe mihi conſtaret, allaboravi, animo.)
Man habe ihm zwar vorgeworfen, daß er ſich in Din-
ge miſche, von denen er nicht hinlaͤnglich unterrichtet
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/69>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.