entsprechende Folge, und Gott wäre ein Tyrann, ärger als irgend ein Sultan, der nur neckte oder necken ließ, blos -- um zu necken. Gewissensbisse sind also ein wesentlich bestimmender Bestandtheil un- serer moralischen Natur, und -- ich wiederhole es -- wohl dem, der ihrer noch empfänglich ist! Benutze sie, wer du sie fühlst: sie benutzt zu haben, versüßt ihr erstes Unangenehme so überwiegend beruhigend, daß es die Mühe reichlich lohnt, schon deswegen nach Besserung zu streben. Jede Besserung, so klein sie anfänglich auch ist, ersetzt schon alle ihre Marter. -- Und benutzt man sie nicht: sie schweigen darum doch nicht ganz: einmal gewiß legt sich der physische Sturm, und ist man diesem blindlings gefolgt, so tobt der moralische hernach um so ärger, aber leider vielleicht zu spät. --
Die mitbelohnenden Folgen meines bessern Be- tragens blieben nicht aus. Ich erhielt gleich mehr Achtung meiner Vorgesezten, und ich kann mich rühmen, das Zutrauen meines Hauptmanns und anderer Officiere jezt in ziemlich hohem Grade zu besitzen. Die Herren Sojazinsky und von Drygalsky, welche bei der Kompagnie stehen, haben mir sogar schon manche Gefälligkeit erwie- sen. Auch dieses bestärkt meinen Vorsatz, den einmal gut angetretenen Weg fernerhin gut zu verfolgen.
entſprechende Folge, und Gott waͤre ein Tyrann, aͤrger als irgend ein Sultan, der nur neckte oder necken ließ, blos — um zu necken. Gewiſſensbiſſe ſind alſo ein weſentlich beſtimmender Beſtandtheil un- ſerer moraliſchen Natur, und — ich wiederhole es — wohl dem, der ihrer noch empfaͤnglich iſt! Benutze ſie, wer du ſie fuͤhlſt: ſie benutzt zu haben, verſuͤßt ihr erſtes Unangenehme ſo uͤberwiegend beruhigend, daß es die Muͤhe reichlich lohnt, ſchon deswegen nach Beſſerung zu ſtreben. Jede Beſſerung, ſo klein ſie anfaͤnglich auch iſt, erſetzt ſchon alle ihre Marter. — Und benutzt man ſie nicht: ſie ſchweigen darum doch nicht ganz: einmal gewiß legt ſich der phyſiſche Sturm, und iſt man dieſem blindlings gefolgt, ſo tobt der moraliſche hernach um ſo aͤrger, aber leider vielleicht zu ſpaͤt. —
Die mitbelohnenden Folgen meines beſſern Be- tragens blieben nicht aus. Ich erhielt gleich mehr Achtung meiner Vorgeſezten, und ich kann mich ruͤhmen, das Zutrauen meines Hauptmanns und anderer Officiere jezt in ziemlich hohem Grade zu beſitzen. Die Herren Sojazinsky und von Drygalsky, welche bei der Kompagnie ſtehen, haben mir ſogar ſchon manche Gefaͤlligkeit erwie- ſen. Auch dieſes beſtaͤrkt meinen Vorſatz, den einmal gut angetretenen Weg fernerhin gut zu verfolgen.
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[478[480]/0482]
entſprechende Folge, und Gott waͤre ein Tyrann,
aͤrger als irgend ein Sultan, der nur neckte oder
necken ließ, blos — um zu necken. Gewiſſensbiſſe
ſind alſo ein weſentlich beſtimmender Beſtandtheil un-
ſerer moraliſchen Natur, und — ich wiederhole es —
wohl dem, der ihrer noch empfaͤnglich iſt! Benutze
ſie, wer du ſie fuͤhlſt: ſie benutzt zu haben, verſuͤßt
ihr erſtes Unangenehme ſo uͤberwiegend beruhigend,
daß es die Muͤhe reichlich lohnt, ſchon deswegen nach
Beſſerung zu ſtreben. Jede Beſſerung, ſo klein ſie
anfaͤnglich auch iſt, erſetzt ſchon alle ihre Marter. —
Und benutzt man ſie nicht: ſie ſchweigen darum doch
nicht ganz: einmal gewiß legt ſich der phyſiſche
Sturm, und iſt man dieſem blindlings gefolgt, ſo
tobt der moraliſche hernach um ſo aͤrger, aber leider
vielleicht zu ſpaͤt. —
Die mitbelohnenden Folgen meines beſſern Be-
tragens blieben nicht aus. Ich erhielt gleich mehr
Achtung meiner Vorgeſezten, und ich kann mich
ruͤhmen, das Zutrauen meines Hauptmanns und
anderer Officiere jezt in ziemlich hohem Grade zu
beſitzen. Die Herren Sojazinsky und von
Drygalsky, welche bei der Kompagnie ſtehen,
haben mir ſogar ſchon manche Gefaͤlligkeit erwie-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 478[480]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/482>, abgerufen am 22.11.2024.
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