mit ihr weg. Der Wirth aber hatte helle Augen, lief hinzu und sagte: "Wohin mein Herr?
Der Kavalerist: Spatziren!
Der Wirth: Die Mamsell geht nicht spa- tziren!
Der Kavalerist: Warum denn nicht? -- Ich will sehen, wer ihrs wehren soll!
Der Wirth: Sie soll nun nicht! (will sie wegreißen).
Ein andrer Kavalerist: Kerl reise, oder der Teufel soll dich frikassiren! (schleudert ihn weg).
Der Wirth setzte sein loses Maul fort; bekam aber derbe Rippenstöße: der Kavalerist und einige andre waren indeß mit Jettchen abgefahren, und Meister Maquerau hatte das Nachsehen. Er sprach zwar viel von Räubereien, drohte mit Verklagen; aber wir lachten ihn nur aus, da er uns alle nur nach der Uniform, nicht aber nach dem Namen, ja nicht einmal nach der Kompagnie kannte. Jettchen ging nach der Neustadt, zu einer alten Frau, mit der sie bekannt war, und begab sich hernach, wie ich gehört habe, zu den Ihrigen nach Schwed. Viel- leicht ist sie auf den Weg der Tugend zurück ge- kehrt, und wenn das ist, so haben wir ein gutes Werk gethan.
Um den reumüthigen Mädchen es unmöglich zu machen, ihr schändliches Gewerbe zu verlassen,
mit ihr weg. Der Wirth aber hatte helle Augen, lief hinzu und ſagte: „Wohin mein Herr?
Der Kavaleriſt: Spatziren!
Der Wirth: Die Mamſell geht nicht ſpa- tziren!
Der Kavaleriſt: Warum denn nicht? — Ich will ſehen, wer ihrs wehren ſoll!
Der Wirth: Sie ſoll nun nicht! (will ſie wegreißen).
Ein andrer Kavaleriſt: Kerl reiſe, oder der Teufel ſoll dich frikaſſiren! (ſchleudert ihn weg).
Der Wirth ſetzte ſein loſes Maul fort; bekam aber derbe Rippenſtoͤße: der Kavaleriſt und einige andre waren indeß mit Jettchen abgefahren, und Meiſter Maquerau hatte das Nachſehen. Er ſprach zwar viel von Raͤubereien, drohte mit Verklagen; aber wir lachten ihn nur aus, da er uns alle nur nach der Uniform, nicht aber nach dem Namen, ja nicht einmal nach der Kompagnie kannte. Jettchen ging nach der Neuſtadt, zu einer alten Frau, mit der ſie bekannt war, und begab ſich hernach, wie ich gehoͤrt habe, zu den Ihrigen nach Schwed. Viel- leicht iſt ſie auf den Weg der Tugend zuruͤck ge- kehrt, und wenn das iſt, ſo haben wir ein gutes Werk gethan.
Um den reumuͤthigen Maͤdchen es unmoͤglich zu machen, ihr ſchaͤndliches Gewerbe zu verlaſſen,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0424"n="420[422]"/>
mit ihr weg. Der Wirth aber hatte helle Augen,<lb/>
lief hinzu und ſagte: „Wohin mein Herr?</p><lb/><p><hirendition="#g">Der Kavaleriſt</hi>: Spatziren!</p><lb/><p><hirendition="#g">Der Wirth</hi>: Die Mamſell geht nicht ſpa-<lb/>
tziren!</p><lb/><p><hirendition="#g">Der Kavaleriſt</hi>: Warum denn nicht? —<lb/>
Ich will ſehen, wer ihrs wehren ſoll!</p><lb/><p><hirendition="#g">Der Wirth</hi>: Sie ſoll nun nicht! (will ſie<lb/>
wegreißen).</p><lb/><p><hirendition="#g">Ein andrer Kavaleriſt</hi>: Kerl reiſe, oder<lb/>
der Teufel ſoll dich frikaſſiren! (ſchleudert ihn weg).</p><lb/><p>Der Wirth ſetzte ſein loſes Maul fort; bekam<lb/>
aber derbe Rippenſtoͤße: der Kavaleriſt und einige<lb/>
andre waren indeß mit Jettchen abgefahren, und<lb/>
Meiſter Maquerau hatte das Nachſehen. Er ſprach<lb/>
zwar viel von Raͤubereien, drohte mit Verklagen;<lb/>
aber wir lachten ihn nur aus, da er uns alle nur<lb/>
nach der Uniform, nicht aber nach dem Namen, ja<lb/>
nicht einmal nach der Kompagnie kannte. Jettchen<lb/>
ging nach der Neuſtadt, zu einer alten Frau, mit<lb/>
der ſie bekannt war, und begab ſich hernach, wie<lb/>
ich gehoͤrt habe, zu den Ihrigen nach Schwed. Viel-<lb/>
leicht iſt ſie auf den Weg der Tugend zuruͤck ge-<lb/>
kehrt, und wenn das iſt, ſo haben wir ein gutes<lb/>
Werk gethan.</p><lb/><p>Um den reumuͤthigen Maͤdchen es unmoͤglich<lb/>
zu machen, ihr ſchaͤndliches Gewerbe zu verlaſſen,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[420[422]/0424]
mit ihr weg. Der Wirth aber hatte helle Augen,
lief hinzu und ſagte: „Wohin mein Herr?
Der Kavaleriſt: Spatziren!
Der Wirth: Die Mamſell geht nicht ſpa-
tziren!
Der Kavaleriſt: Warum denn nicht? —
Ich will ſehen, wer ihrs wehren ſoll!
Der Wirth: Sie ſoll nun nicht! (will ſie
wegreißen).
Ein andrer Kavaleriſt: Kerl reiſe, oder
der Teufel ſoll dich frikaſſiren! (ſchleudert ihn weg).
Der Wirth ſetzte ſein loſes Maul fort; bekam
aber derbe Rippenſtoͤße: der Kavaleriſt und einige
andre waren indeß mit Jettchen abgefahren, und
Meiſter Maquerau hatte das Nachſehen. Er ſprach
zwar viel von Raͤubereien, drohte mit Verklagen;
aber wir lachten ihn nur aus, da er uns alle nur
nach der Uniform, nicht aber nach dem Namen, ja
nicht einmal nach der Kompagnie kannte. Jettchen
ging nach der Neuſtadt, zu einer alten Frau, mit
der ſie bekannt war, und begab ſich hernach, wie
ich gehoͤrt habe, zu den Ihrigen nach Schwed. Viel-
leicht iſt ſie auf den Weg der Tugend zuruͤck ge-
kehrt, und wenn das iſt, ſo haben wir ein gutes
Werk gethan.
Um den reumuͤthigen Maͤdchen es unmoͤglich
zu machen, ihr ſchaͤndliches Gewerbe zu verlaſſen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 420[422]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/424>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.