Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

her noch um kein Amt bemühet, und wird sich auch
wohl schwerlich jemals um eins bemühen. -- -- --
-- -- -- -- -- -- -- -- -- --
Herr Zierlein hat eine auserlesene Bibliothek von
philologischen und historischen Büchern, und einen
Schatz guter Musikalien, womit er, wie er sagt,
seine Einsamkeit tröstet. So ein Leben ist wirklich
beneidenswerth für den, der es zu schätzen weis. Er
erzählte mir von Bruder Hochhausen aus Jena
das, was in diesem Bande S. 86. schon steht.
Den Berlinern fiel der Jenaische Ton anfänglich auf,
und die Burschensprache, deren sich Hochhausen aller
Orten, wohin er kam, als Renommist bediente:
aber eben diese Burschensprache -- die freilich von
Manchen als Ausdruck des Kraftgefühls fälschlich ge-
nommen wird -- verschafte ihm endlich Eingang in
sehr viele auch vornehmere Zirkel -- und Hoch-
hausen ward beliebt. So verschieden ist der Ge-
schmack! -- Herr Stahn ist jetzt Lehrer auf dem
Schindlerischen Waisenhause: er studiert noch im-
mer fleißig Philologie, und hat es darin gewiß weit
gebracht. Herr D. Boehm, ein jüdischer Arzt,
hat starke Praxis, besonders unter den Christen: in
Berlin ist man von dem Vorurtheil geheilt, daß der
Christ ceteris paribus besser sey, als der Nicht-
christ. Sonst ist Boehm ganz Philosoph, der den
Menschen schätzt, ohne auf seinen Stand und Rock

her noch um kein Amt bemuͤhet, und wird ſich auch
wohl ſchwerlich jemals um eins bemuͤhen. — — —
— — — — — — — — — —
Herr Zierlein hat eine auserleſene Bibliothek von
philologiſchen und hiſtoriſchen Buͤchern, und einen
Schatz guter Muſikalien, womit er, wie er ſagt,
ſeine Einſamkeit troͤſtet. So ein Leben iſt wirklich
beneidenswerth fuͤr den, der es zu ſchaͤtzen weis. Er
erzaͤhlte mir von Bruder Hochhauſen aus Jena
das, was in dieſem Bande S. 86. ſchon ſteht.
Den Berlinern fiel der Jenaiſche Ton anfaͤnglich auf,
und die Burſchenſprache, deren ſich Hochhauſen aller
Orten, wohin er kam, als Renommiſt bediente:
aber eben dieſe Burſchenſprache — die freilich von
Manchen als Ausdruck des Kraftgefuͤhls faͤlſchlich ge-
nommen wird — verſchafte ihm endlich Eingang in
ſehr viele auch vornehmere Zirkel — und Hoch-
hauſen ward beliebt. So verſchieden iſt der Ge-
ſchmack! — Herr Stahn iſt jetzt Lehrer auf dem
Schindleriſchen Waiſenhauſe: er ſtudiert noch im-
mer fleißig Philologie, und hat es darin gewiß weit
gebracht. Herr D. Boehm, ein juͤdiſcher Arzt,
hat ſtarke Praxis, beſonders unter den Chriſten: in
Berlin iſt man von dem Vorurtheil geheilt, daß der
Chriſt ceteris paribus beſſer ſey, als der Nicht-
chriſt. Sonſt iſt Boehm ganz Philoſoph, der den
Menſchen ſchaͤtzt, ohne auf ſeinen Stand und Rock

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0410" n="406[408]"/>
her noch um kein Amt bemu&#x0364;het, und wird &#x017F;ich auch<lb/>
wohl &#x017F;chwerlich jemals um eins bemu&#x0364;hen. &#x2014; &#x2014; &#x2014;<lb/>
&#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014; &#x2014;<lb/>
Herr <hi rendition="#g">Zierlein</hi> hat eine auserle&#x017F;ene Bibliothek von<lb/>
philologi&#x017F;chen und hi&#x017F;tori&#x017F;chen Bu&#x0364;chern, und einen<lb/>
Schatz guter Mu&#x017F;ikalien, womit er, wie er &#x017F;agt,<lb/>
&#x017F;eine Ein&#x017F;amkeit tro&#x0364;&#x017F;tet. So ein Leben i&#x017F;t wirklich<lb/>
beneidenswerth fu&#x0364;r den, der es zu &#x017F;cha&#x0364;tzen weis. Er<lb/>
erza&#x0364;hlte mir von Bruder <hi rendition="#g">Hochhau&#x017F;en</hi> aus Jena<lb/>
das, was in die&#x017F;em Bande S. 86. &#x017F;chon &#x017F;teht.<lb/>
Den Berlinern fiel der Jenai&#x017F;che Ton anfa&#x0364;nglich auf,<lb/>
und die Bur&#x017F;chen&#x017F;prache, deren &#x017F;ich Hochhau&#x017F;en aller<lb/>
Orten, wohin er kam, als Renommi&#x017F;t bediente:<lb/>
aber eben die&#x017F;e Bur&#x017F;chen&#x017F;prache &#x2014; die freilich von<lb/>
Manchen als Ausdruck des Kraftgefu&#x0364;hls fa&#x0364;l&#x017F;chlich ge-<lb/>
nommen wird &#x2014; ver&#x017F;chafte ihm endlich Eingang in<lb/>
&#x017F;ehr viele auch vornehmere Zirkel &#x2014; und Hoch-<lb/>
hau&#x017F;en ward beliebt. So ver&#x017F;chieden i&#x017F;t der Ge-<lb/>
&#x017F;chmack! &#x2014; Herr <hi rendition="#g">Stahn</hi> i&#x017F;t jetzt Lehrer auf dem<lb/>
Schindleri&#x017F;chen Wai&#x017F;enhau&#x017F;e: er &#x017F;tudiert noch im-<lb/>
mer fleißig Philologie, und hat es darin gewiß weit<lb/>
gebracht. Herr <hi rendition="#aq">D.</hi> <hi rendition="#g">Boehm</hi>, ein ju&#x0364;di&#x017F;cher Arzt,<lb/>
hat &#x017F;tarke Praxis, be&#x017F;onders unter den Chri&#x017F;ten: in<lb/>
Berlin i&#x017F;t man von dem Vorurtheil geheilt, daß der<lb/>
Chri&#x017F;t <hi rendition="#aq">ceteris paribus</hi> be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ey, als der Nicht-<lb/>
chri&#x017F;t. Son&#x017F;t i&#x017F;t Boehm ganz Philo&#x017F;oph, der den<lb/>
Men&#x017F;chen &#x017F;cha&#x0364;tzt, ohne auf &#x017F;einen Stand und Rock<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[406[408]/0410] her noch um kein Amt bemuͤhet, und wird ſich auch wohl ſchwerlich jemals um eins bemuͤhen. — — — — — — — — — — — — — Herr Zierlein hat eine auserleſene Bibliothek von philologiſchen und hiſtoriſchen Buͤchern, und einen Schatz guter Muſikalien, womit er, wie er ſagt, ſeine Einſamkeit troͤſtet. So ein Leben iſt wirklich beneidenswerth fuͤr den, der es zu ſchaͤtzen weis. Er erzaͤhlte mir von Bruder Hochhauſen aus Jena das, was in dieſem Bande S. 86. ſchon ſteht. Den Berlinern fiel der Jenaiſche Ton anfaͤnglich auf, und die Burſchenſprache, deren ſich Hochhauſen aller Orten, wohin er kam, als Renommiſt bediente: aber eben dieſe Burſchenſprache — die freilich von Manchen als Ausdruck des Kraftgefuͤhls faͤlſchlich ge- nommen wird — verſchafte ihm endlich Eingang in ſehr viele auch vornehmere Zirkel — und Hoch- hauſen ward beliebt. So verſchieden iſt der Ge- ſchmack! — Herr Stahn iſt jetzt Lehrer auf dem Schindleriſchen Waiſenhauſe: er ſtudiert noch im- mer fleißig Philologie, und hat es darin gewiß weit gebracht. Herr D. Boehm, ein juͤdiſcher Arzt, hat ſtarke Praxis, beſonders unter den Chriſten: in Berlin iſt man von dem Vorurtheil geheilt, daß der Chriſt ceteris paribus beſſer ſey, als der Nicht- chriſt. Sonſt iſt Boehm ganz Philoſoph, der den Menſchen ſchaͤtzt, ohne auf ſeinen Stand und Rock

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/410
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 406[408]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/410>, abgerufen am 22.11.2024.