sprach, will ich nichts sagen -- im Beyseyn des Jä- gers Damian und anderer theils Katholiken, theils Protestanten, sehr frei über die heiligen Dogmen, sprach von Pfaffen übel, und lachte über alles, was dort übern Rhein heilige Waare ist. Da hieß es nun allgemein: Laukhard ist noch der alte Spötter: ein alter Wolf läßt seine Nuppen nicht.
Und endlich drittens traute ich mir selbst nicht viel Gutes zu. Ich konnte mich nicht so weit ein- schränken, daß ich mein Trinken gemäßiget, und or- dentlich gelebt hätte. Ich fühlte das sehr gut, und beschloß also, nicht da zu bleiben. Es fielen auch gleich in den ersten Tagen einige Excesse vor, und machten neues gehässiges Aufsehen. So war ich eines Tages, nicht lange nach meiner Ankunft, zu Flonheim im Bock, wo mir der Wirth, Herr Diel, mein seit langer Zeit erprobter Freund, und treuer Kumpan, recht derb auswichste, und rothen Wein fließen ließ, so viel ich nur wollte. Wir waren [ - 1 Zeichen fehlt]am[ - 1 Zeichen fehlt] und sonders recht lustig, bis endlich ein gewisser Herr von Forster aus Mainz, der Kleesaamen e) ein- kaufen wollte, im Bock ankam, und sich mit mir
e) Das Gewinnen des Kleesaamens ist seit zehn Jahren ein beträchtlicher Nahrungszweig in der Pfalz gewor- den, und ist es noch. Die Holländer kaufen den Klee- saamen fleißig auf. Man sagt, er würde zur Verfer[ - 2 Zeichen fehlen]- gung gewisser Farben gebraucht.
ſprach, will ich nichts ſagen — im Beyſeyn des Jaͤ- gers Damian und anderer theils Katholiken, theils Proteſtanten, ſehr frei uͤber die heiligen Dogmen, ſprach von Pfaffen uͤbel, und lachte uͤber alles, was dort uͤbern Rhein heilige Waare iſt. Da hieß es nun allgemein: Laukhard iſt noch der alte Spoͤtter: ein alter Wolf laͤßt ſeine Nuppen nicht.
Und endlich drittens traute ich mir ſelbſt nicht viel Gutes zu. Ich konnte mich nicht ſo weit ein- ſchraͤnken, daß ich mein Trinken gemaͤßiget, und or- dentlich gelebt haͤtte. Ich fuͤhlte das ſehr gut, und beſchloß alſo, nicht da zu bleiben. Es fielen auch gleich in den erſten Tagen einige Exceſſe vor, und machten neues gehaͤſſiges Aufſehen. So war ich eines Tages, nicht lange nach meiner Ankunft, zu Flonheim im Bock, wo mir der Wirth, Herr Diel, mein ſeit langer Zeit erprobter Freund, und treuer Kumpan, recht derb auſwichſte, und rothen Wein fließen ließ, ſo viel ich nur wollte. Wir waren [ – 1 Zeichen fehlt]am[ – 1 Zeichen fehlt] und ſonders recht luſtig, bis endlich ein gewiſſer Herr von Forſter aus Mainz, der Kleeſaamen e) ein- kaufen wollte, im Bock ankam, und ſich mit mir
e) Das Gewinnen des Kleeſaamens iſt ſeit zehn Jahren ein betraͤchtlicher Nahrungszweig in der Pfalz gewor- den, und iſt es noch. Die Hollaͤnder kaufen den Klee- ſaamen fleißig auf. Man ſagt, er wuͤrde zur Verfer[ – 2 Zeichen fehlen]- gung gewiſſer Farben gebraucht.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0353"n="341[351]"/>ſprach, will ich nichts ſagen — im Beyſeyn des Jaͤ-<lb/>
gers <hirendition="#g">Damian</hi> und anderer theils Katholiken, theils<lb/>
Proteſtanten, ſehr frei uͤber die heiligen Dogmen,<lb/>ſprach von Pfaffen uͤbel, und lachte uͤber alles, was<lb/>
dort uͤbern Rhein heilige Waare iſt. Da hieß es<lb/>
nun allgemein: Laukhard iſt noch der alte Spoͤtter:<lb/>
ein alter Wolf laͤßt ſeine Nuppen nicht.</p><lb/><p>Und endlich drittens traute ich mir ſelbſt nicht<lb/>
viel Gutes zu. Ich konnte mich nicht ſo weit ein-<lb/>ſchraͤnken, daß ich mein Trinken gemaͤßiget, und or-<lb/>
dentlich gelebt haͤtte. Ich fuͤhlte das ſehr gut, und<lb/>
beſchloß alſo, nicht da zu bleiben. Es fielen auch<lb/>
gleich in den erſten Tagen einige Exceſſe vor, und<lb/>
machten neues gehaͤſſiges Aufſehen. So war ich<lb/>
eines Tages, nicht lange nach meiner Ankunft, zu<lb/>
Flonheim im Bock, wo mir der Wirth, Herr <hirendition="#g">Diel</hi>,<lb/>
mein ſeit langer Zeit erprobter Freund, und treuer<lb/>
Kumpan, recht derb auſwichſte, und rothen Wein<lb/>
fließen ließ, ſo viel ich nur wollte. Wir waren <gapunit="chars"quantity="1"/>am<gapunit="chars"quantity="1"/><lb/>
und ſonders recht luſtig, bis endlich ein gewiſſer Herr<lb/>
von <hirendition="#g">Forſter</hi> aus Mainz, der Kleeſaamen <noteplace="foot"n="e)">Das Gewinnen des Kleeſaamens iſt ſeit zehn Jahren<lb/>
ein betraͤchtlicher Nahrungszweig in der Pfalz gewor-<lb/>
den, und iſt es noch. Die Hollaͤnder kaufen den Klee-<lb/>ſaamen fleißig auf. Man ſagt, er wuͤrde zur Verfer<gapunit="chars"quantity="2"/>-<lb/>
gung gewiſſer Farben gebraucht.</note> ein-<lb/>
kaufen wollte, im Bock ankam, und ſich mit mir<lb/></p></div></body></text></TEI>
[341[351]/0353]
ſprach, will ich nichts ſagen — im Beyſeyn des Jaͤ-
gers Damian und anderer theils Katholiken, theils
Proteſtanten, ſehr frei uͤber die heiligen Dogmen,
ſprach von Pfaffen uͤbel, und lachte uͤber alles, was
dort uͤbern Rhein heilige Waare iſt. Da hieß es
nun allgemein: Laukhard iſt noch der alte Spoͤtter:
ein alter Wolf laͤßt ſeine Nuppen nicht.
Und endlich drittens traute ich mir ſelbſt nicht
viel Gutes zu. Ich konnte mich nicht ſo weit ein-
ſchraͤnken, daß ich mein Trinken gemaͤßiget, und or-
dentlich gelebt haͤtte. Ich fuͤhlte das ſehr gut, und
beſchloß alſo, nicht da zu bleiben. Es fielen auch
gleich in den erſten Tagen einige Exceſſe vor, und
machten neues gehaͤſſiges Aufſehen. So war ich
eines Tages, nicht lange nach meiner Ankunft, zu
Flonheim im Bock, wo mir der Wirth, Herr Diel,
mein ſeit langer Zeit erprobter Freund, und treuer
Kumpan, recht derb auſwichſte, und rothen Wein
fließen ließ, ſo viel ich nur wollte. Wir waren _am_
und ſonders recht luſtig, bis endlich ein gewiſſer Herr
von Forſter aus Mainz, der Kleeſaamen e) ein-
kaufen wollte, im Bock ankam, und ſich mit mir
e) Das Gewinnen des Kleeſaamens iſt ſeit zehn Jahren
ein betraͤchtlicher Nahrungszweig in der Pfalz gewor-
den, und iſt es noch. Die Hollaͤnder kaufen den Klee-
ſaamen fleißig auf. Man ſagt, er wuͤrde zur Verfer__-
gung gewiſſer Farben gebraucht.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 341[351]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/353>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.