Ungeheuer, die Pfälzische Fraubaserei, sonst fama genannt, endlich schweigen oder bessere Nachrichten von mir verbreiten müßte. -- Ob mein Vater hier für sein System konsequent gesprochen habe, will ich nicht untersuchen: ich erklärte nur kurz, daß ich nicht bleiben würde: ich ginge nach Verlauf meines Ur- laubs wieder zum Regiment. -- Und dazu hatte ich meine guten Gründe, die ich hier angeben muß, weil man sich in Halle und anderwärts sehr gewundert hat, daß ich zurückgekommen bin.
Einmal war ich in der ganzen Pfalz verschrieen, als ein Mensch ohne Sitten, und ohne Religion; und dieses böse Gerücht gründete sich auf unwider- legliche Thatsachen. Die Nachrichten aus Halle und andern Orten hatten es nur noch verstärkt: und so hatte ein jeder Mosjeh Firlefanz Gelegenheit, mir zu schaden, sobald seine Firlefanzerei, sein Interesse oder seine Rachsucht es erfoderten. Wodurch hätte ich nun den Leuten die Mäuler stopfen sollen? die Pfälzer vergessen alles eher, als die skandalösen Ge- schichtchen. -- Man siehts ja an mir! -- Und da war nun gar keine Wahrscheinlichkeit, jemals wieder in Kredit zu kommen.
Zum andern konnte ich gleich in den ersten Ta- gen mein Maul nicht bezwingen. Ich räsonnirte schon in Alzey -- von Frankfurt am Main, wo ich mit den Leuten im Wirthshause über Christi Geburt
Ungeheuer, die Pfaͤlziſche Fraubaſerei, ſonſt fama genannt, endlich ſchweigen oder beſſere Nachrichten von mir verbreiten muͤßte. — Ob mein Vater hier fuͤr ſein Syſtem konſequent geſprochen habe, will ich nicht unterſuchen: ich erklaͤrte nur kurz, daß ich nicht bleiben wuͤrde: ich ginge nach Verlauf meines Ur- laubs wieder zum Regiment. — Und dazu hatte ich meine guten Gruͤnde, die ich hier angeben muß, weil man ſich in Halle und anderwaͤrts ſehr gewundert hat, daß ich zuruͤckgekommen bin.
Einmal war ich in der ganzen Pfalz verſchrieen, als ein Menſch ohne Sitten, und ohne Religion; und dieſes boͤſe Geruͤcht gruͤndete ſich auf unwider- legliche Thatſachen. Die Nachrichten aus Halle und andern Orten hatten es nur noch verſtaͤrkt: und ſo hatte ein jeder Mosjeh Firlefanz Gelegenheit, mir zu ſchaden, ſobald ſeine Firlefanzerei, ſein Intereſſe oder ſeine Rachſucht es erfoderten. Wodurch haͤtte ich nun den Leuten die Maͤuler ſtopfen ſollen? die Pfaͤlzer vergeſſen alles eher, als die ſkandaloͤſen Ge- ſchichtchen. — Man ſiehts ja an mir! — Und da war nun gar keine Wahrſcheinlichkeit, jemals wieder in Kredit zu kommen.
Zum andern konnte ich gleich in den erſten Ta- gen mein Maul nicht bezwingen. Ich raͤſonnirte ſchon in Alzey — von Frankfurt am Main, wo ich mit den Leuten im Wirthshauſe uͤber Chriſti Geburt
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[340[350]/0352]
Ungeheuer, die Pfaͤlziſche Fraubaſerei, ſonſt fama
genannt, endlich ſchweigen oder beſſere Nachrichten
von mir verbreiten muͤßte. — Ob mein Vater hier
fuͤr ſein Syſtem konſequent geſprochen habe, will ich
nicht unterſuchen: ich erklaͤrte nur kurz, daß ich nicht
bleiben wuͤrde: ich ginge nach Verlauf meines Ur-
laubs wieder zum Regiment. — Und dazu hatte ich
meine guten Gruͤnde, die ich hier angeben muß, weil
man ſich in Halle und anderwaͤrts ſehr gewundert
hat, daß ich zuruͤckgekommen bin.
Einmal war ich in der ganzen Pfalz verſchrieen,
als ein Menſch ohne Sitten, und ohne Religion;
und dieſes boͤſe Geruͤcht gruͤndete ſich auf unwider-
legliche Thatſachen. Die Nachrichten aus Halle und
andern Orten hatten es nur noch verſtaͤrkt: und ſo
hatte ein jeder Mosjeh Firlefanz Gelegenheit, mir
zu ſchaden, ſobald ſeine Firlefanzerei, ſein Intereſſe
oder ſeine Rachſucht es erfoderten. Wodurch haͤtte
ich nun den Leuten die Maͤuler ſtopfen ſollen? die
Pfaͤlzer vergeſſen alles eher, als die ſkandaloͤſen Ge-
ſchichtchen. — Man ſiehts ja an mir! — Und da
war nun gar keine Wahrſcheinlichkeit, jemals wieder
in Kredit zu kommen.
Zum andern konnte ich gleich in den erſten Ta-
gen mein Maul nicht bezwingen. Ich raͤſonnirte
ſchon in Alzey — von Frankfurt am Main, wo ich
mit den Leuten im Wirthshauſe uͤber Chriſti Geburt
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 340[350]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/352>, abgerufen am 24.11.2024.
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