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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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ab. In Alzey lernte ich den lutherischen Rektor ken-
nen, welcher dem Meister Grim, einem der größ-
ten Saufaußen in der ganzen Pfalz, nachgefolgt
war. Der neue Hr. Rektor hier Herrenschnei-
der, ein Bruderssohn des im I. Theil beschriebenen
Hofpredigers Herrenschneider von Strasburg, und
war, nach Strasburger Zuschnitt, Magister der
Philosophie: diese Würde hatte er sich durch eine
ganz exzellente Disputation über die Apokalypse er-
worben! Einen schalern Kopf, der aber sehr viel von
sich und seiner Gelehrsamkeit aufschnitt, hab' ich mein
Tage nicht gesehen. Ich kappte ihn einigemal derb
ab; allein er ließ sich das nicht anfechten, sondern
zwang mich gleich am ersten Tage unsrer Bekannt-
schaft, das fürchterliche Ding, die Dissertation über
die Apokalypse durchzulesen, und ihm darüber mein
Urtheil zu eröffnen. Ich lobte sie zwar überhaupt;
bemerkte aber doch, daß der Autor manches neuere
Buch, besonders die Semlerischen Bücher über den
Canon, und den Horus, oder das astrognostische
Endurtheil über dieses Sibillenbuch, gar nicht ge-
kannt, wenigstens nicht benutzt hätte. Das verdroß
meinen Meister Herrenschneider, und ich fand auch
bei diesem faden Menschen, daß, wenn ein Autor,
er sey auch wer er wolle, jemanden um sein Urtheil
über eine Schrift fragt, er nur gelobt seyn will;
und wer ihn tadelt, sein Freund gewesen ist.


ab. In Alzey lernte ich den lutheriſchen Rektor ken-
nen, welcher dem Meiſter Grim, einem der groͤß-
ten Saufaußen in der ganzen Pfalz, nachgefolgt
war. Der neue Hr. Rektor hier Herrenſchnei-
der, ein Brudersſohn des im I. Theil beſchriebenen
Hofpredigers Herrenſchneider von Strasburg, und
war, nach Strasburger Zuſchnitt, Magiſter der
Philoſophie: dieſe Wuͤrde hatte er ſich durch eine
ganz exzellente Diſputation uͤber die Apokalypſe er-
worben! Einen ſchalern Kopf, der aber ſehr viel von
ſich und ſeiner Gelehrſamkeit aufſchnitt, hab' ich mein
Tage nicht geſehen. Ich kappte ihn einigemal derb
ab; allein er ließ ſich das nicht anfechten, ſondern
zwang mich gleich am erſten Tage unſrer Bekannt-
ſchaft, das fuͤrchterliche Ding, die Diſſertation uͤber
die Apokalypſe durchzuleſen, und ihm daruͤber mein
Urtheil zu eroͤffnen. Ich lobte ſie zwar uͤberhaupt;
bemerkte aber doch, daß der Autor manches neuere
Buch, beſonders die Semleriſchen Buͤcher uͤber den
Canon, und den Horus, oder das aſtrognoſtiſche
Endurtheil uͤber dieſes Sibillenbuch, gar nicht ge-
kannt, wenigſtens nicht benutzt haͤtte. Das verdroß
meinen Meiſter Herrenſchneider, und ich fand auch
bei dieſem faden Menſchen, daß, wenn ein Autor,
er ſey auch wer er wolle, jemanden um ſein Urtheil
uͤber eine Schrift fragt, er nur gelobt ſeyn will;
und wer ihn tadelt, ſein Freund geweſen iſt.


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[335[345]/0347] ab. In Alzey lernte ich den lutheriſchen Rektor ken- nen, welcher dem Meiſter Grim, einem der groͤß- ten Saufaußen in der ganzen Pfalz, nachgefolgt war. Der neue Hr. Rektor hier Herrenſchnei- der, ein Brudersſohn des im I. Theil beſchriebenen Hofpredigers Herrenſchneider von Strasburg, und war, nach Strasburger Zuſchnitt, Magiſter der Philoſophie: dieſe Wuͤrde hatte er ſich durch eine ganz exzellente Diſputation uͤber die Apokalypſe er- worben! Einen ſchalern Kopf, der aber ſehr viel von ſich und ſeiner Gelehrſamkeit aufſchnitt, hab' ich mein Tage nicht geſehen. Ich kappte ihn einigemal derb ab; allein er ließ ſich das nicht anfechten, ſondern zwang mich gleich am erſten Tage unſrer Bekannt- ſchaft, das fuͤrchterliche Ding, die Diſſertation uͤber die Apokalypſe durchzuleſen, und ihm daruͤber mein Urtheil zu eroͤffnen. Ich lobte ſie zwar uͤberhaupt; bemerkte aber doch, daß der Autor manches neuere Buch, beſonders die Semleriſchen Buͤcher uͤber den Canon, und den Horus, oder das aſtrognoſtiſche Endurtheil uͤber dieſes Sibillenbuch, gar nicht ge- kannt, wenigſtens nicht benutzt haͤtte. Das verdroß meinen Meiſter Herrenſchneider, und ich fand auch bei dieſem faden Menſchen, daß, wenn ein Autor, er ſey auch wer er wolle, jemanden um ſein Urtheil uͤber eine Schrift fragt, er nur gelobt ſeyn will; und wer ihn tadelt, ſein Freund geweſen iſt.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 335[345]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/347>, abgerufen am 23.11.2024.