und sich übergeben -- das geschah aber doch, trotz der Vorsicht des Fräuleins, und ich hatte alle Mühe, bei dem komischen Vorfall nicht überlaut zu lachen. Das Fräulein bedaurte nichts mehr, als daß nun der Wagen den üblen Geruch behalten würde.
Wir kamen des Abends in Gotha an, wo ich von Pontius zu Pilatus herumgeführt wurde, bis ich mich endlich in die Schelle, einen Gasthof hin- ter der Hauptwache, einquartirte, mich am Waizen- bier ergötzte, und hernach den Kaufmann Made- lung besuchte, an den ich eine Adresse hatte, nach welcher er mir fünf Thaler Sächs. auszahlte. Bei meiner Zurückkunft fand ich einige italiänische Tabu- lettenträger und einige gothaische Soldaten, welche sich zu mir drangen, und vom Dienst sprachen. Un- ser Diskurs fiel bald auf den verstorbenen König, und ich, voll Enthusiasmus, den freilich das Wai- zenbier vermehren half, breitete mich über die Vor- züge des großen Friedrichs so aus, daß ich einige eben nicht höfliche Ausdrücke gegen andre Regenten fallen ließ. Unter andern sagte ich, der König von Sardinien sey eigentlich ein Mäusefallen-Kö- nig. Dieser Ausdruck, der freilich nicht fein war, brachte einen Piemonteser auf, der mich deswegen zur Rede stellte. Ich vertheidigte mich sehr anzüg- lich, und als mein Piemonteser fortfuhr, loszuziehen, schmiß ich ihm hinter die Ohren. Nun ward das
und ſich uͤbergeben — das geſchah aber doch, trotz der Vorſicht des Fraͤuleins, und ich hatte alle Muͤhe, bei dem komiſchen Vorfall nicht uͤberlaut zu lachen. Das Fraͤulein bedaurte nichts mehr, als daß nun der Wagen den uͤblen Geruch behalten wuͤrde.
Wir kamen des Abends in Gotha an, wo ich von Pontius zu Pilatus herumgefuͤhrt wurde, bis ich mich endlich in die Schelle, einen Gaſthof hin- ter der Hauptwache, einquartirte, mich am Waizen- bier ergoͤtzte, und hernach den Kaufmann Made- lung beſuchte, an den ich eine Adreſſe hatte, nach welcher er mir fuͤnf Thaler Saͤchſ. auszahlte. Bei meiner Zuruͤckkunft fand ich einige italiaͤniſche Tabu- lettentraͤger und einige gothaiſche Soldaten, welche ſich zu mir drangen, und vom Dienſt ſprachen. Un- ſer Diskurs fiel bald auf den verſtorbenen Koͤnig, und ich, voll Enthuſiasmus, den freilich das Wai- zenbier vermehren half, breitete mich uͤber die Vor- zuͤge des großen Friedrichs ſo aus, daß ich einige eben nicht hoͤfliche Ausdruͤcke gegen andre Regenten fallen ließ. Unter andern ſagte ich, der Koͤnig von Sardinien ſey eigentlich ein Maͤuſefallen-Koͤ- nig. Dieſer Ausdruck, der freilich nicht fein war, brachte einen Piemonteſer auf, der mich deswegen zur Rede ſtellte. Ich vertheidigte mich ſehr anzuͤg- lich, und als mein Piemonteſer fortfuhr, loszuziehen, ſchmiß ich ihm hinter die Ohren. Nun ward das
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[329[339]/0341]
und ſich uͤbergeben — das geſchah aber doch, trotz
der Vorſicht des Fraͤuleins, und ich hatte alle Muͤhe,
bei dem komiſchen Vorfall nicht uͤberlaut zu lachen.
Das Fraͤulein bedaurte nichts mehr, als daß nun
der Wagen den uͤblen Geruch behalten wuͤrde.
Wir kamen des Abends in Gotha an, wo ich
von Pontius zu Pilatus herumgefuͤhrt wurde, bis
ich mich endlich in die Schelle, einen Gaſthof hin-
ter der Hauptwache, einquartirte, mich am Waizen-
bier ergoͤtzte, und hernach den Kaufmann Made-
lung beſuchte, an den ich eine Adreſſe hatte, nach
welcher er mir fuͤnf Thaler Saͤchſ. auszahlte. Bei
meiner Zuruͤckkunft fand ich einige italiaͤniſche Tabu-
lettentraͤger und einige gothaiſche Soldaten, welche
ſich zu mir drangen, und vom Dienſt ſprachen. Un-
ſer Diskurs fiel bald auf den verſtorbenen Koͤnig,
und ich, voll Enthuſiasmus, den freilich das Wai-
zenbier vermehren half, breitete mich uͤber die Vor-
zuͤge des großen Friedrichs ſo aus, daß ich einige
eben nicht hoͤfliche Ausdruͤcke gegen andre Regenten
fallen ließ. Unter andern ſagte ich, der Koͤnig von
Sardinien ſey eigentlich ein Maͤuſefallen-Koͤ-
nig. Dieſer Ausdruck, der freilich nicht fein war,
brachte einen Piemonteſer auf, der mich deswegen
zur Rede ſtellte. Ich vertheidigte mich ſehr anzuͤg-
lich, und als mein Piemonteſer fortfuhr, loszuziehen,
ſchmiß ich ihm hinter die Ohren. Nun ward das
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 329[339]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/341>, abgerufen am 24.11.2024.
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