Mensch würde mein Lebelang. Ich dachte also mit Ernst, mir so was anzuschnallen, und siehe da, ich traf dergleichen auf dem kühlen Brunnen. Hier wohnte zu der Zeit eine gewisse Frau Pabstin, die Bier schenkte, und bei der ich eben darum zuweilen einsprach. Sie hatte einige Töchter, welche nicht schlimm aussahen, und deren eine mir in die Au- gen stach. Ich sprach mit dem Mädchen: das Mäd- chen war mir nicht abgeneigt; ich sprach mit der Alten, und unser Handel ward richtig. Man hieß mich da schon ganz gewöhnlich -- Herr Tochter- mann: und das gefiel mir. Nun fehlte noch der Trauschein, auf den ich aber ohne alle Besorgniß rech- nete. Ich ging zum Herrn von Müffling, und trug meine Angelegenheit vor. Er erschrack, und sah mich häßlich an: "Ist er ein Narre, Laukhard! sprach er, oder ist er gescheid? -- Wie kanns Ihm einfallen, so ein Nickel zu heurathen? Ich wußte wohl, daß er da Umgang hatte; dacht' aber, das wäre so für Juxerey, und schwieg. Aber heurathen, das ist zu arg!
Ich: Herr Hauptmann, es ist aber ein hüb- sches Mädel!
Er: Ja, eine hübsche Hure. Pfuy, die ganze Freundschaft taugt nichts! Mutter, Töchter sind kei- nen Heller werth.
Ich: Aber ich kenne die Leute besser --
Menſch wuͤrde mein Lebelang. Ich dachte alſo mit Ernſt, mir ſo was anzuſchnallen, und ſiehe da, ich traf dergleichen auf dem kuͤhlen Brunnen. Hier wohnte zu der Zeit eine gewiſſe Frau Pabſtin, die Bier ſchenkte, und bei der ich eben darum zuweilen einſprach. Sie hatte einige Toͤchter, welche nicht ſchlimm ausſahen, und deren eine mir in die Au- gen ſtach. Ich ſprach mit dem Maͤdchen: das Maͤd- chen war mir nicht abgeneigt; ich ſprach mit der Alten, und unſer Handel ward richtig. Man hieß mich da ſchon ganz gewoͤhnlich — Herr Tochter- mann: und das gefiel mir. Nun fehlte noch der Trauſchein, auf den ich aber ohne alle Beſorgniß rech- nete. Ich ging zum Herrn von Muͤffling, und trug meine Angelegenheit vor. Er erſchrack, und ſah mich haͤßlich an: „Iſt er ein Narre, Laukhard! ſprach er, oder iſt er geſcheid? — Wie kanns Ihm einfallen, ſo ein Nickel zu heurathen? Ich wußte wohl, daß er da Umgang hatte; dacht' aber, das waͤre ſo fuͤr Juxerey, und ſchwieg. Aber heurathen, das iſt zu arg!
Ich: Herr Hauptmann, es iſt aber ein huͤb- ſches Maͤdel!
Er: Ja, eine huͤbſche Hure. Pfuy, die ganze Freundſchaft taugt nichts! Mutter, Toͤchter ſind kei- nen Heller werth.
Ich: Aber ich kenne die Leute beſſer —
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[306[316]/0318]
Menſch wuͤrde mein Lebelang. Ich dachte alſo mit
Ernſt, mir ſo was anzuſchnallen, und ſiehe da, ich
traf dergleichen auf dem kuͤhlen Brunnen. Hier
wohnte zu der Zeit eine gewiſſe Frau Pabſtin, die
Bier ſchenkte, und bei der ich eben darum zuweilen
einſprach. Sie hatte einige Toͤchter, welche nicht
ſchlimm ausſahen, und deren eine mir in die Au-
gen ſtach. Ich ſprach mit dem Maͤdchen: das Maͤd-
chen war mir nicht abgeneigt; ich ſprach mit der
Alten, und unſer Handel ward richtig. Man hieß
mich da ſchon ganz gewoͤhnlich — Herr Tochter-
mann: und das gefiel mir. Nun fehlte noch der
Trauſchein, auf den ich aber ohne alle Beſorgniß rech-
nete. Ich ging zum Herrn von Muͤffling, und
trug meine Angelegenheit vor. Er erſchrack, und
ſah mich haͤßlich an: „Iſt er ein Narre, Laukhard!
ſprach er, oder iſt er geſcheid? — Wie kanns Ihm
einfallen, ſo ein Nickel zu heurathen? Ich wußte
wohl, daß er da Umgang hatte; dacht' aber, das
waͤre ſo fuͤr Juxerey, und ſchwieg. Aber heurathen,
das iſt zu arg!
Ich: Herr Hauptmann, es iſt aber ein huͤb-
ſches Maͤdel!
Er: Ja, eine huͤbſche Hure. Pfuy, die ganze
Freundſchaft taugt nichts! Mutter, Toͤchter ſind kei-
nen Heller werth.
Ich: Aber ich kenne die Leute beſſer —
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 306[316]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/318>, abgerufen am 24.11.2024.
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