umgingen; aber dem Baron F.... gefiel diese Wirthschaft nicht. Die Philisterei, sagte er, ist mein Tod: laß das verdammte Philisterzeug gehen; hast ja sonst Bekanntschaft! Ich muste ihm nachge- ben und durfte nur höchst selten meine Verwandte besuchen.
Der im ersten Bande genannte Hofprediger, Herrenschneider, der jezt in Strasburg an der Jakobskirche bestellet war, begegnete mir einmal auf der Straße, als ich in Begleitung des Barons und eines Herrn von Gymnich herum ging. Er schau- te mir derb ins Gesicht, und als ich einige Schritte fort war, stand er still und sah sich um. Gym- nich, dem dies auffiel, ging trotzig auf ihn zu und fragte: was er wolle? -- Ich meyne da einen Herrn zu kennen, der bei Ihnen ist. -- So? welchen denn? -- da den im braunen Rock! -- Ich ging nun auch hinzu, und siehe da, es war der Herr Herrenschneider, der mich höflich bat, ihn in seiner Behausung zu besuchen, und hinzufügte: daß er an der Uneinigkeit, worin er mit meinem Vater gelebt hätte, aus christlicher Liebe nicht mehr dächte. Ich wollte etwas erwidern; aber Baron F... kam mir zuvor. Herr Pastor, sagte er, Laukhard soll Sie nicht besuchen: wir sind nicht gekommen, unsre Sünden in Strasburg zu beichten. Adieu, Herr Pastor! Mit diesen Worten ließen wir den Pfaffen
umgingen; aber dem Baron F.... gefiel dieſe Wirthſchaft nicht. Die Philiſterei, ſagte er, iſt mein Tod: laß das verdammte Philiſterzeug gehen; haſt ja ſonſt Bekanntſchaft! Ich muſte ihm nachge- ben und durfte nur hoͤchſt ſelten meine Verwandte beſuchen.
Der im erſten Bande genannte Hofprediger, Herrenſchneider, der jezt in Strasburg an der Jakobskirche beſtellet war, begegnete mir einmal auf der Straße, als ich in Begleitung des Barons und eines Herrn von Gymnich herum ging. Er ſchau- te mir derb ins Geſicht, und als ich einige Schritte fort war, ſtand er ſtill und ſah ſich um. Gym- nich, dem dies auffiel, ging trotzig auf ihn zu und fragte: was er wolle? — Ich meyne da einen Herrn zu kennen, der bei Ihnen iſt. — So? welchen denn? — da den im braunen Rock! — Ich ging nun auch hinzu, und ſiehe da, es war der Herr Herrenſchneider, der mich hoͤflich bat, ihn in ſeiner Behauſung zu beſuchen, und hinzufuͤgte: daß er an der Uneinigkeit, worin er mit meinem Vater gelebt haͤtte, aus chriſtlicher Liebe nicht mehr daͤchte. Ich wollte etwas erwidern; aber Baron F... kam mir zuvor. Herr Paſtor, ſagte er, Laukhard ſoll Sie nicht beſuchen: wir ſind nicht gekommen, unſre Suͤnden in Strasburg zu beichten. Adieu, Herr Paſtor! Mit dieſen Worten ließen wir den Pfaffen
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umgingen; aber dem Baron F.... gefiel dieſe
Wirthſchaft nicht. Die Philiſterei, ſagte er, iſt
mein Tod: laß das verdammte Philiſterzeug gehen;
haſt ja ſonſt Bekanntſchaft! Ich muſte ihm nachge-
ben und durfte nur hoͤchſt ſelten meine Verwandte
beſuchen.
Der im erſten Bande genannte Hofprediger,
Herrenſchneider, der jezt in Strasburg an der
Jakobskirche beſtellet war, begegnete mir einmal auf
der Straße, als ich in Begleitung des Barons und
eines Herrn von Gymnich herum ging. Er ſchau-
te mir derb ins Geſicht, und als ich einige Schritte
fort war, ſtand er ſtill und ſah ſich um. Gym-
nich, dem dies auffiel, ging trotzig auf ihn zu und
fragte: was er wolle? — Ich meyne da einen Herrn
zu kennen, der bei Ihnen iſt. — So? welchen
denn? — da den im braunen Rock! — Ich ging
nun auch hinzu, und ſiehe da, es war der Herr
Herrenſchneider, der mich hoͤflich bat, ihn in ſeiner
Behauſung zu beſuchen, und hinzufuͤgte: daß er an
der Uneinigkeit, worin er mit meinem Vater gelebt
haͤtte, aus chriſtlicher Liebe nicht mehr daͤchte. Ich
wollte etwas erwidern; aber Baron F... kam mir
zuvor. Herr Paſtor, ſagte er, Laukhard ſoll Sie
nicht beſuchen: wir ſind nicht gekommen, unſre
Suͤnden in Strasburg zu beichten. Adieu, Herr
Paſtor! Mit dieſen Worten ließen wir den Pfaffen
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/31>, abgerufen am 24.11.2024.
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