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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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meiner Neigung abzuwarten, besuchte ich die genann-
ten Dörfer und die Loge fleißiger, Sonntags näm-
lich und Montags: denn an diesen Tagen konnte ich
meine Begierde, Musik zu hören, und tanzen zu
sehen, befriedigen. Bei dergleichen Spatziergängen
ward ich mit vielen Bürgern bekannt, worunter ei-
nige sehr vernünftige Männer waren, mit denen ich
ein weit angenehmeres Gespräch führen konnte, als
mit manchem hämischen Gelehrten.

Allein es geschah auch zuweilen, daß ich unan-
genehme Auftritte erlebte. So kam ich einmal auf
der Loge mit einem Philister zusammen, weil ich


als auf irgend einer andern deutschen Universität. Ei-
nige hallische Professoren kürzen zwar diese [ - 4 Zeichen fehlen]n da-
durch ab, daß sie immer noch fortlesen, wenn schon
dieselben angegangen sind: aber manche Herren machen
im Frühling sieben, im Herbst sechs, auf Pfingsten eine
und auf Weihnachten zwei Wochen Ferien, und das
macht das Jahr über nicht mehr als sechzehn Wochen
Ferien, und weihet mehr als den vierten Theil des
Jahrs dem Müssiggang: denn die Studenten studieren
in den Ferien beinahe gar nicht, wie ich aus Erfahrung
weiß. Das Curatorium sollte billig die Ferienzeit be-
stimmen, wie sie in Gießen, wo es doch sonst hergeht,
wie es kann, und neuerdings im Oestereichischen, ziem-
lich enge begränzt ist - fünf Wochen durchs ganze
Jahr, und mehr nicht. Dies würde auch das ewige
Wandern der Hallenser zur Meßzeit nach Leipzig und
das damit verbundene Geldzersplittern merklich ver-
mindern. Mich wundert, daß patriotische Professoren
hierauf noch nicht ernstlicher gedacht haben.

meiner Neigung abzuwarten, beſuchte ich die genann-
ten Doͤrfer und die Loge fleißiger, Sonntags naͤm-
lich und Montags: denn an dieſen Tagen konnte ich
meine Begierde, Muſik zu hoͤren, und tanzen zu
ſehen, befriedigen. Bei dergleichen Spatziergaͤngen
ward ich mit vielen Buͤrgern bekannt, worunter ei-
nige ſehr vernuͤnftige Maͤnner waren, mit denen ich
ein weit angenehmeres Geſpraͤch fuͤhren konnte, als
mit manchem haͤmiſchen Gelehrten.

Allein es geſchah auch zuweilen, daß ich unan-
genehme Auftritte erlebte. So kam ich einmal auf
der Loge mit einem Philiſter zuſammen, weil ich


als auf irgend einer andern deutſchen Univerſitaͤt. Ei-
nige halliſche Profeſſoren kuͤrzen zwar dieſe [ – 4 Zeichen fehlen]n da-
durch ab, daß ſie immer noch fortleſen, wenn ſchon
dieſelben angegangen ſind: aber manche Herren machen
im Fruͤhling ſieben, im Herbſt ſechs, auf Pfingſten eine
und auf Weihnachten zwei Wochen Ferien, und das
macht das Jahr uͤber nicht mehr als ſechzehn Wochen
Ferien, und weihet mehr als den vierten Theil des
Jahrs dem Muͤſſiggang: denn die Studenten ſtudieren
in den Ferien beinahe gar nicht, wie ich aus Erfahrung
weiß. Das Curatorium ſollte billig die Ferienzeit be-
ſtimmen, wie ſie in Gießen, wo es doch ſonſt hergeht,
wie es kann, und neuerdings im Oeſtereichiſchen, ziem-
lich enge begraͤnzt iſt – fuͤnf Wochen durchs ganze
Jahr, und mehr nicht. Dies wuͤrde auch das ewige
Wandern der Hallenſer zur Meßzeit nach Leipzig und
das damit verbundene Geldzerſplittern merklich ver-
mindern. Mich wundert, daß patriotiſche Profeſſoren
hierauf noch nicht ernſtlicher gedacht haben.
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[223/0225] meiner Neigung abzuwarten, beſuchte ich die genann- ten Doͤrfer und die Loge fleißiger, Sonntags naͤm- lich und Montags: denn an dieſen Tagen konnte ich meine Begierde, Muſik zu hoͤren, und tanzen zu ſehen, befriedigen. Bei dergleichen Spatziergaͤngen ward ich mit vielen Buͤrgern bekannt, worunter ei- nige ſehr vernuͤnftige Maͤnner waren, mit denen ich ein weit angenehmeres Geſpraͤch fuͤhren konnte, als mit manchem haͤmiſchen Gelehrten. Allein es geſchah auch zuweilen, daß ich unan- genehme Auftritte erlebte. So kam ich einmal auf der Loge mit einem Philiſter zuſammen, weil ich d) d) als auf irgend einer andern deutſchen Univerſitaͤt. Ei- nige halliſche Profeſſoren kuͤrzen zwar dieſe ____n da- durch ab, daß ſie immer noch fortleſen, wenn ſchon dieſelben angegangen ſind: aber manche Herren machen im Fruͤhling ſieben, im Herbſt ſechs, auf Pfingſten eine und auf Weihnachten zwei Wochen Ferien, und das macht das Jahr uͤber nicht mehr als ſechzehn Wochen Ferien, und weihet mehr als den vierten Theil des Jahrs dem Muͤſſiggang: denn die Studenten ſtudieren in den Ferien beinahe gar nicht, wie ich aus Erfahrung weiß. Das Curatorium ſollte billig die Ferienzeit be- ſtimmen, wie ſie in Gießen, wo es doch ſonſt hergeht, wie es kann, und neuerdings im Oeſtereichiſchen, ziem- lich enge begraͤnzt iſt – fuͤnf Wochen durchs ganze Jahr, und mehr nicht. Dies wuͤrde auch das ewige Wandern der Hallenſer zur Meßzeit nach Leipzig und das damit verbundene Geldzerſplittern merklich ver- mindern. Mich wundert, daß patriotiſche Profeſſoren hierauf noch nicht ernſtlicher gedacht haben.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/225>, abgerufen am 26.11.2024.