übel. In drei Tagen waren wir in Halle, wo ich meine Herren Begleiter gleich auf die Loge führte, um sie mit der hallischen Lebensart bekannt zu ma- chen. Sie gefiel ihnen und kam ihnen viel hübscher vor, als die schmutzige Lebensart auf den jenaischen rauchrichten Kneipen.
Semler ließ mich gleich den folgenden Tag zu sich kommen und las mir die Leviten: er hatte von Jena aus Briefe erhalten, worin mein Beneh- men eben nicht vortheilhaft geschildert war. Es hieß darin: der Magister Laukhard führe mit den Stu- denten auf allen Dörfern herum, läge auf den Müh- len, mache Kommerse mit, kurz, er betrüge sich höchst unanständig. S[ - 1 Zeichen fehlt]mler machte mir, wie billig, ernstliche Vorwürfe: und ich Thor ward empfindlich; aber nicht zu meiner Besserung: vielmehr beschloß ich, Semlers Haus zu verlassen, um mir die be- ständigen Vorwürfe zu ersparen. Herr Semler sah dies freilich gern. Ich miethete mich also ein in das Haus des Buchbinders Münnich. Schmitz war schon abgegangen während der Zeit ich in Jena war, und meine übrigen Bekannten waren fast alle fort. Ich bath jezt meinen Bruder, das liederliche Haus, den sogenannten Hanauer Puff zu verlassen, und zu mir zu ziehen. Er that es, und von dieser Zeit an kam ich höchst selten dahin. Dies benutzte Jungfer Chri- stel und hing sich an einen andern Studenten: sie
uͤbel. In drei Tagen waren wir in Halle, wo ich meine Herren Begleiter gleich auf die Loge fuͤhrte, um ſie mit der halliſchen Lebensart bekannt zu ma- chen. Sie gefiel ihnen und kam ihnen viel huͤbſcher vor, als die ſchmutzige Lebensart auf den jenaiſchen rauchrichten Kneipen.
Semler ließ mich gleich den folgenden Tag zu ſich kommen und las mir die Leviten: er hatte von Jena aus Briefe erhalten, worin mein Beneh- men eben nicht vortheilhaft geſchildert war. Es hieß darin: der Magiſter Laukhard fuͤhre mit den Stu- denten auf allen Doͤrfern herum, laͤge auf den Muͤh- len, mache Kommerſe mit, kurz, er betruͤge ſich hoͤchſt unanſtaͤndig. S[ – 1 Zeichen fehlt]mler machte mir, wie billig, ernſtliche Vorwuͤrfe: und ich Thor ward empfindlich; aber nicht zu meiner Beſſerung: vielmehr beſchloß ich, Semlers Haus zu verlaſſen, um mir die be- ſtaͤndigen Vorwuͤrfe zu erſparen. Herr Semler ſah dies freilich gern. Ich miethete mich alſo ein in das Haus des Buchbinders Muͤnnich. Schmitz war ſchon abgegangen waͤhrend der Zeit ich in Jena war, und meine uͤbrigen Bekannten waren faſt alle fort. Ich bath jezt meinen Bruder, das liederliche Haus, den ſogenannten Hanauer Puff zu verlaſſen, und zu mir zu ziehen. Er that es, und von dieſer Zeit an kam ich hoͤchſt ſelten dahin. Dies benutzte Jungfer Chri- ſtel und hing ſich an einen andern Studenten: ſie
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uͤbel. In drei Tagen waren wir in Halle, wo ich
meine Herren Begleiter gleich auf die Loge fuͤhrte,
um ſie mit der halliſchen Lebensart bekannt zu ma-
chen. Sie gefiel ihnen und kam ihnen viel huͤbſcher
vor, als die ſchmutzige Lebensart auf den jenaiſchen
rauchrichten Kneipen.
Semler ließ mich gleich den folgenden Tag
zu ſich kommen und las mir die Leviten: er hatte
von Jena aus Briefe erhalten, worin mein Beneh-
men eben nicht vortheilhaft geſchildert war. Es hieß
darin: der Magiſter Laukhard fuͤhre mit den Stu-
denten auf allen Doͤrfern herum, laͤge auf den Muͤh-
len, mache Kommerſe mit, kurz, er betruͤge ſich
hoͤchſt unanſtaͤndig. S_mler machte mir, wie billig,
ernſtliche Vorwuͤrfe: und ich Thor ward empfindlich;
aber nicht zu meiner Beſſerung: vielmehr beſchloß
ich, Semlers Haus zu verlaſſen, um mir die be-
ſtaͤndigen Vorwuͤrfe zu erſparen. Herr Semler ſah
dies freilich gern. Ich miethete mich alſo ein in das
Haus des Buchbinders Muͤnnich. Schmitz war ſchon
abgegangen waͤhrend der Zeit ich in Jena war, und
meine uͤbrigen Bekannten waren faſt alle fort. Ich
bath jezt meinen Bruder, das liederliche Haus, den
ſogenannten Hanauer Puff zu verlaſſen, und zu mir
zu ziehen. Er that es, und von dieſer Zeit an kam
ich hoͤchſt ſelten dahin. Dies benutzte Jungfer Chri-
ſtel und hing ſich an einen andern Studenten: ſie
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/203>, abgerufen am 28.11.2024.
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