Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

In Kala hatte ich einige lustige Auftritte.
Meine Jenaischen Freunde wollten mir ein Vergnü-
gen machen, und fuhren mit mir dahin. Es ist ein
Städtchen ohngefähr zwei Meilen von Jena. Wir
divertirten uns da im Stern, wo die Töchter des

ein französischer Soldat und ein Bauer mit einander
über neue Weltbegebenheiten sich unterhalten. Das
Blatt wird wegen seiner Wohlfeilheit von der niedri-
gen Volksklasse stark gelesen. Es könnte recht gut
Kenntnisse verbreiten helfen, wenn es zweckmäßiger
eingerichtet wäre. Allein ich habe vieles daran aus-
zusetzen. Neulich stand im hallischen Bauer: Anspach
und Bayreut seyen größer als Schlesien, hätten 5 Mil-
lionen Einwohner, und trägen 8 Millionen Thaler
ein. Das hätte Herr Kolbatzky, der ein Mathema-
tiker seyn will, nicht schreiben sollen. -- Von den
Schriften des D. Bahrdts hieß es: man hätte sie in
Sachsen verboten, weil sie die Leute zum Selbstmord
verleiteten. -- Noch auffallender ist die Plünderung
schwulstiger Stellen aus der Schubartischen Chronik.
Hier ein Pröbchen aus dem 19ten Stücke dieses Jah-
res 1792. "Europens grauer Weltgeist schreitet ernst-
haft auf die Franzosen los: ihm zur Seite der fürch-
terliche Moloch: -- schon haben Deutschlands unge-
heure große und furchtbare Zughäuser (Zeughäuser)
ihre gräulichen Eingeweide ausgespieen, und werden
den französischen Stockspielern einen scheußlichen An-
blick geben!" -- Das mag doch Styl seyn! -- Ich
tadle den Bauer nicht ganz, ich wünsche blos, daß
er besser eingerichtet werde: mehr faßliche Belehrung
und weniger schales Raisonnement würde ihn nützlicher
machen.

In Kala hatte ich einige luſtige Auftritte.
Meine Jenaiſchen Freunde wollten mir ein Vergnuͤ-
gen machen, und fuhren mit mir dahin. Es iſt ein
Staͤdtchen ohngefaͤhr zwei Meilen von Jena. Wir
divertirten uns da im Stern, wo die Toͤchter des

ein franzoͤſiſcher Soldat und ein Bauer mit einander
uͤber neue Weltbegebenheiten ſich unterhalten. Das
Blatt wird wegen ſeiner Wohlfeilheit von der niedri-
gen Volksklaſſe ſtark geleſen. Es koͤnnte recht gut
Kenntniſſe verbreiten helfen, wenn es zweckmaͤßiger
eingerichtet waͤre. Allein ich habe vieles daran aus-
zuſetzen. Neulich ſtand im halliſchen Bauer: Anſpach
und Bayreut ſeyen groͤßer als Schleſien, haͤtten 5 Mil-
lionen Einwohner, und traͤgen 8 Millionen Thaler
ein. Das haͤtte Herr Kolbatzky, der ein Mathema-
tiker ſeyn will, nicht ſchreiben ſollen. — Von den
Schriften des D. Bahrdts hieß es: man haͤtte ſie in
Sachſen verboten, weil ſie die Leute zum Selbſtmord
verleiteten. — Noch auffallender iſt die Pluͤnderung
ſchwulſtiger Stellen aus der Schubartiſchen Chronik.
Hier ein Proͤbchen aus dem 19ten Stuͤcke dieſes Jah-
res 1792. „Europens grauer Weltgeiſt ſchreitet ernſt-
haft auf die Franzoſen los: ihm zur Seite der fuͤrch-
terliche Moloch: — ſchon haben Deutſchlands unge-
heure große und furchtbare Zughaͤuſer (Zeughaͤuſer)
ihre graͤulichen Eingeweide ausgeſpieen, und werden
den franzoͤſiſchen Stockſpielern einen ſcheußlichen An-
blick geben!“ — Das mag doch Styl ſeyn! — Ich
tadle den Bauer nicht ganz, ich wuͤnſche blos, daß
er beſſer eingerichtet werde: mehr faßliche Belehrung
und weniger ſchales Raiſonnement wuͤrde ihn nuͤtzlicher
machen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0199" n="197"/>
        <p>In Kala hatte ich einige lu&#x017F;tige Auftritte.<lb/>
Meine Jenai&#x017F;chen Freunde wollten mir ein Vergnu&#x0364;-<lb/>
gen machen, und fuhren mit mir dahin. Es i&#x017F;t ein<lb/>
Sta&#x0364;dtchen ohngefa&#x0364;hr zwei Meilen von Jena. Wir<lb/>
divertirten uns da im Stern, wo die To&#x0364;chter des<lb/><note xml:id="note-0199" prev="#note-0198" place="foot" n="z)">ein franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;cher Soldat und ein Bauer mit einander<lb/>
u&#x0364;ber neue Weltbegebenheiten &#x017F;ich unterhalten. Das<lb/>
Blatt wird wegen &#x017F;einer Wohlfeilheit von der niedri-<lb/>
gen Volkskla&#x017F;&#x017F;e &#x017F;tark gele&#x017F;en. Es ko&#x0364;nnte recht gut<lb/>
Kenntni&#x017F;&#x017F;e verbreiten helfen, wenn es zweckma&#x0364;ßiger<lb/>
eingerichtet wa&#x0364;re. Allein ich habe vieles daran aus-<lb/>
zu&#x017F;etzen. Neulich &#x017F;tand im halli&#x017F;chen Bauer: An&#x017F;pach<lb/>
und Bayreut &#x017F;eyen gro&#x0364;ßer als Schle&#x017F;ien, ha&#x0364;tten 5 Mil-<lb/>
lionen Einwohner, und tra&#x0364;gen 8 Millionen Thaler<lb/>
ein. Das ha&#x0364;tte Herr <hi rendition="#g">Kolbatzky</hi>, der ein Mathema-<lb/>
tiker &#x017F;eyn will, nicht &#x017F;chreiben &#x017F;ollen. &#x2014; Von den<lb/>
Schriften des <hi rendition="#aq">D.</hi> <hi rendition="#g">Bahrdts</hi> hieß es: man ha&#x0364;tte &#x017F;ie in<lb/>
Sach&#x017F;en verboten, weil &#x017F;ie die Leute zum Selb&#x017F;tmord<lb/>
verleiteten. &#x2014; Noch auffallender i&#x017F;t die Plu&#x0364;nderung<lb/>
&#x017F;chwul&#x017F;tiger Stellen aus der Schubarti&#x017F;chen Chronik.<lb/>
Hier ein Pro&#x0364;bchen aus dem 19ten Stu&#x0364;cke die&#x017F;es Jah-<lb/>
res 1792. &#x201E;Europens grauer Weltgei&#x017F;t &#x017F;chreitet ern&#x017F;t-<lb/>
haft auf die Franzo&#x017F;en los: ihm zur Seite der fu&#x0364;rch-<lb/>
terliche Moloch: &#x2014; &#x017F;chon haben Deut&#x017F;chlands unge-<lb/>
heure große und furchtbare Zugha&#x0364;u&#x017F;er (Zeugha&#x0364;u&#x017F;er)<lb/>
ihre gra&#x0364;ulichen Eingeweide ausge&#x017F;pieen, und werden<lb/>
den franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Stock&#x017F;pielern einen &#x017F;cheußlichen An-<lb/>
blick geben!&#x201C; &#x2014; Das mag doch Styl &#x017F;eyn! &#x2014; Ich<lb/>
tadle den <hi rendition="#g">Bauer</hi> nicht ganz, ich wu&#x0364;n&#x017F;che blos, daß<lb/>
er be&#x017F;&#x017F;er eingerichtet werde: mehr faßliche Belehrung<lb/>
und weniger &#x017F;chales Rai&#x017F;onnement wu&#x0364;rde ihn nu&#x0364;tzlicher<lb/>
machen.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0199] In Kala hatte ich einige luſtige Auftritte. Meine Jenaiſchen Freunde wollten mir ein Vergnuͤ- gen machen, und fuhren mit mir dahin. Es iſt ein Staͤdtchen ohngefaͤhr zwei Meilen von Jena. Wir divertirten uns da im Stern, wo die Toͤchter des z) z) ein franzoͤſiſcher Soldat und ein Bauer mit einander uͤber neue Weltbegebenheiten ſich unterhalten. Das Blatt wird wegen ſeiner Wohlfeilheit von der niedri- gen Volksklaſſe ſtark geleſen. Es koͤnnte recht gut Kenntniſſe verbreiten helfen, wenn es zweckmaͤßiger eingerichtet waͤre. Allein ich habe vieles daran aus- zuſetzen. Neulich ſtand im halliſchen Bauer: Anſpach und Bayreut ſeyen groͤßer als Schleſien, haͤtten 5 Mil- lionen Einwohner, und traͤgen 8 Millionen Thaler ein. Das haͤtte Herr Kolbatzky, der ein Mathema- tiker ſeyn will, nicht ſchreiben ſollen. — Von den Schriften des D. Bahrdts hieß es: man haͤtte ſie in Sachſen verboten, weil ſie die Leute zum Selbſtmord verleiteten. — Noch auffallender iſt die Pluͤnderung ſchwulſtiger Stellen aus der Schubartiſchen Chronik. Hier ein Proͤbchen aus dem 19ten Stuͤcke dieſes Jah- res 1792. „Europens grauer Weltgeiſt ſchreitet ernſt- haft auf die Franzoſen los: ihm zur Seite der fuͤrch- terliche Moloch: — ſchon haben Deutſchlands unge- heure große und furchtbare Zughaͤuſer (Zeughaͤuſer) ihre graͤulichen Eingeweide ausgeſpieen, und werden den franzoͤſiſchen Stockſpielern einen ſcheußlichen An- blick geben!“ — Das mag doch Styl ſeyn! — Ich tadle den Bauer nicht ganz, ich wuͤnſche blos, daß er beſſer eingerichtet werde: mehr faßliche Belehrung und weniger ſchales Raiſonnement wuͤrde ihn nuͤtzlicher machen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/199
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/199>, abgerufen am 24.11.2024.