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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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Beschämung auf Sch***s Seite, war die Folge.
Nachher ist Herr Sch*** mir niemals wieder recht
gut geworden. -- Man werfe dem Afterphilologen
allerhand dumme Streiche vor, schelte ihn einen
Esel: er wird nicht so böse werden, als wenn man
ihm beweißt, er verstehe das Wesen des ciceroniani-
schen Styls selbst nicht recht q). -- Wer schön
denkt, wird schön schreiben: und wenn er gleich mit
Fehlern schreibt, wird man doch lieber sein Geschrie-
benes lesen, als das allerfeinste grammatisch-rich-
tige, welches ohne Gedanken ist. Wer mag gern
die Deklamationen des Quintilians lesen, mit samt
dem schönen Latein?

Um selbige Zeit war ich nirgends lieber, ausser
meinem redlichen Semler, als bei Herrn Profes-
sor Sprengel, nicht dem jetzigen Vicharzte, son-
dern dem alten und berühmten Historiker. Der
freie offene Karakter dieses Mannes freute mich un-
endlich, und ob ich gleich in einem Fache lesen wollte,
worin auch er las, so war er doch freundschaftlich
gegen mich, und theilte mir sowohl von der Univer-
sitäts-Bibliothek, als aus seiner eignen mit, was

q) In der zweiten Auflage der Beleuchtung der
Trenkischen Lebensgeschichte
kommt eine merk-
würdige Stelle über diese Bemerkung vor. Die zweite
und dritte Auflage dieses Werkchens soll von Herrn
Bispink seyn.

Beſchaͤmung auf Sch***s Seite, war die Folge.
Nachher iſt Herr Sch*** mir niemals wieder recht
gut geworden. — Man werfe dem Afterphilologen
allerhand dumme Streiche vor, ſchelte ihn einen
Eſel: er wird nicht ſo boͤſe werden, als wenn man
ihm beweißt, er verſtehe das Weſen des ciceroniani-
ſchen Styls ſelbſt nicht recht q). — Wer ſchoͤn
denkt, wird ſchoͤn ſchreiben: und wenn er gleich mit
Fehlern ſchreibt, wird man doch lieber ſein Geſchrie-
benes leſen, als das allerfeinſte grammatiſch-rich-
tige, welches ohne Gedanken iſt. Wer mag gern
die Deklamationen des Quintilians leſen, mit ſamt
dem ſchoͤnen Latein?

Um ſelbige Zeit war ich nirgends lieber, auſſer
meinem redlichen Semler, als bei Herrn Profeſ-
ſor Sprengel, nicht dem jetzigen Vicharzte, ſon-
dern dem alten und beruͤhmten Hiſtoriker. Der
freie offene Karakter dieſes Mannes freute mich un-
endlich, und ob ich gleich in einem Fache leſen wollte,
worin auch er las, ſo war er doch freundſchaftlich
gegen mich, und theilte mir ſowohl von der Univer-
ſitaͤts-Bibliothek, als aus ſeiner eignen mit, was

q) In der zweiten Auflage der Beleuchtung der
Trenkiſchen Lebensgeſchichte
kommt eine merk-
wuͤrdige Stelle uͤber dieſe Bemerkung vor. Die zweite
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[175/0177] Beſchaͤmung auf Sch***s Seite, war die Folge. Nachher iſt Herr Sch*** mir niemals wieder recht gut geworden. — Man werfe dem Afterphilologen allerhand dumme Streiche vor, ſchelte ihn einen Eſel: er wird nicht ſo boͤſe werden, als wenn man ihm beweißt, er verſtehe das Weſen des ciceroniani- ſchen Styls ſelbſt nicht recht q). — Wer ſchoͤn denkt, wird ſchoͤn ſchreiben: und wenn er gleich mit Fehlern ſchreibt, wird man doch lieber ſein Geſchrie- benes leſen, als das allerfeinſte grammatiſch-rich- tige, welches ohne Gedanken iſt. Wer mag gern die Deklamationen des Quintilians leſen, mit ſamt dem ſchoͤnen Latein? Um ſelbige Zeit war ich nirgends lieber, auſſer meinem redlichen Semler, als bei Herrn Profeſ- ſor Sprengel, nicht dem jetzigen Vicharzte, ſon- dern dem alten und beruͤhmten Hiſtoriker. Der freie offene Karakter dieſes Mannes freute mich un- endlich, und ob ich gleich in einem Fache leſen wollte, worin auch er las, ſo war er doch freundſchaftlich gegen mich, und theilte mir ſowohl von der Univer- ſitaͤts-Bibliothek, als aus ſeiner eignen mit, was q) In der zweiten Auflage der Beleuchtung der Trenkiſchen Lebensgeſchichte kommt eine merk- wuͤrdige Stelle uͤber dieſe Bemerkung vor. Die zweite und dritte Auflage dieſes Werkchens ſoll von Herrn Bispink ſeyn.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/177>, abgerufen am 24.11.2024.