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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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ne Herren! Ich haßte die Pfafferei, fand aber bei
Semlers Gedanken über Theologie, daß man dar-
aus ein sehr angenehmes Studium fabriciren könnte.
Da war mir Theologie nicht mehr System, son-
dern Kritik, Räsonnement, historische Bemerkun-
gen übers System. Da hatte man gute Gelegenheit,
die Grillen, Possen und Alfanzereien der Pfafferei
kennen zu lernen, und diese Dinge von Hause aus
herunter zu machen. Da entstand aus Theologie
wahre Gelehrsamkeit und nützliche Wissenschaft, und
so gefiel mir das Ding. Ich fing daher an, nach
Semlers Rath, Theologie zu treiben, d. i. ich
hörte seine Dogmatik, eine Vorlesung, worin ein
Schatz von guten treffenden Bemerkungen vor-
kam -- freilich nach Semlers Art, ziemlich verwor-
ren, und das Nämliche wol dreimal in einer Stunde.
Dann las ich seine Vorrede zu Baumgartens
Polemik
und einige andre Bücher, welche der
große Mann zu Aufhellung der historischen Theolo-
gie, oder wenn man lieber will, der theologischen
Historie geschrieben hat. Da Semler das Philo-
sophiren in historischen Dingen verwarfc), so wi-

c) Das ist: -- aus Ideen ein Gespinst zu weben, z. B.
über die göttliche Offenbarung und deren Inhalt, und
hernach auch dies Gespinst in den Dingen der Welt
allwege finden zu wollen. In factis, sagte er, findet
sich die Sache allemal anders, als im Gehirn. Die

ne Herren! Ich haßte die Pfafferei, fand aber bei
Semlers Gedanken uͤber Theologie, daß man dar-
aus ein ſehr angenehmes Studium fabriciren koͤnnte.
Da war mir Theologie nicht mehr Syſtem, ſon-
dern Kritik, Raͤſonnement, hiſtoriſche Bemerkun-
gen uͤbers Syſtem. Da hatte man gute Gelegenheit,
die Grillen, Poſſen und Alfanzereien der Pfafferei
kennen zu lernen, und dieſe Dinge von Hauſe aus
herunter zu machen. Da entſtand aus Theologie
wahre Gelehrſamkeit und nuͤtzliche Wiſſenſchaft, und
ſo gefiel mir das Ding. Ich fing daher an, nach
Semlers Rath, Theologie zu treiben, d. i. ich
hoͤrte ſeine Dogmatik, eine Vorleſung, worin ein
Schatz von guten treffenden Bemerkungen vor-
kam — freilich nach Semlers Art, ziemlich verwor-
ren, und das Naͤmliche wol dreimal in einer Stunde.
Dann las ich ſeine Vorrede zu Baumgartens
Polemik
und einige andre Buͤcher, welche der
große Mann zu Aufhellung der hiſtoriſchen Theolo-
gie, oder wenn man lieber will, der theologiſchen
Hiſtorie geſchrieben hat. Da Semler das Philo-
ſophiren in hiſtoriſchen Dingen verwarfc), ſo wi-

c) Das iſt: — aus Ideen ein Geſpinſt zu weben, z. B.
uͤber die goͤttliche Offenbarung und deren Inhalt, und
hernach auch dies Geſpinſt in den Dingen der Welt
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[137/0139] ne Herren! Ich haßte die Pfafferei, fand aber bei Semlers Gedanken uͤber Theologie, daß man dar- aus ein ſehr angenehmes Studium fabriciren koͤnnte. Da war mir Theologie nicht mehr Syſtem, ſon- dern Kritik, Raͤſonnement, hiſtoriſche Bemerkun- gen uͤbers Syſtem. Da hatte man gute Gelegenheit, die Grillen, Poſſen und Alfanzereien der Pfafferei kennen zu lernen, und dieſe Dinge von Hauſe aus herunter zu machen. Da entſtand aus Theologie wahre Gelehrſamkeit und nuͤtzliche Wiſſenſchaft, und ſo gefiel mir das Ding. Ich fing daher an, nach Semlers Rath, Theologie zu treiben, d. i. ich hoͤrte ſeine Dogmatik, eine Vorleſung, worin ein Schatz von guten treffenden Bemerkungen vor- kam — freilich nach Semlers Art, ziemlich verwor- ren, und das Naͤmliche wol dreimal in einer Stunde. Dann las ich ſeine Vorrede zu Baumgartens Polemik und einige andre Buͤcher, welche der große Mann zu Aufhellung der hiſtoriſchen Theolo- gie, oder wenn man lieber will, der theologiſchen Hiſtorie geſchrieben hat. Da Semler das Philo- ſophiren in hiſtoriſchen Dingen verwarf c), ſo wi- c) Das iſt: — aus Ideen ein Geſpinſt zu weben, z. B. uͤber die goͤttliche Offenbarung und deren Inhalt, und hernach auch dies Geſpinſt in den Dingen der Welt allwege finden zu wollen. In factis, ſagte er, findet ſich die Sache allemal anders, als im Gehirn. Die

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/139>, abgerufen am 24.11.2024.