Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Das äussere der Hallenser hält eine gute Mittel-
straße zwischen dem rüden Wesen der Jenenser und
Giesser, und der firlefanzischen Ziererei der Herren
Leipziger. Vor zehn Jahren war die Kleidung der
hallischen Studenten noch sehr mittelmäßig. Rei-
chere kleideten sich gut, einige gar prächtig: bei den
übrigen war ein Flausch, oder ein Rock der ganze
Putz. Gestiefelt gehen beinahe alle, Winters und
Sommers, wegen des elenden hallischen Pflasters
und um seidene Strümpfe zu ersparen. Die Form
der Stiefeln ist meist reutermäßig, so wie der Stutz
der Hüte, die jedoch mehr rund getragen werden.
Dies Reutermäßige schreibt sich von denen her, die
aus Reuter-Cantons gebürtig sind, und aus der all-
gemeinen Begierde junger Leute, zu Pferde zu para-
diren. Alles Uebrige ist jetzt entweder englisch oder
französisch, und verändert sich von der einen Leipziger
Messe zur andern: und gerade diese schleunige Ab-
änderung in der Kleidung, in Rücksicht auf Mate-
rie, Farbe und Zuschnitt, macht, daß man auf den
Trödeln eine Menge recht niedlicher Kleider antrifft,
und der hallische Bürger und Handwerksbursche sich
um ein geringes sehr elegant kleiden kann. Diese
Art Luxus ist erst seit zehn Jahren nach und nach
hier so eingerissen, daß unsere jetzigen Studenten
an guter Kleidung den Göttingern nichts nachgeben,
obgleich sie noch weit von der Leipziger Pinselei ent-

Das aͤuſſere der Hallenſer haͤlt eine gute Mittel-
ſtraße zwiſchen dem ruͤden Weſen der Jenenſer und
Gieſſer, und der firlefanziſchen Ziererei der Herren
Leipziger. Vor zehn Jahren war die Kleidung der
halliſchen Studenten noch ſehr mittelmaͤßig. Rei-
chere kleideten ſich gut, einige gar praͤchtig: bei den
uͤbrigen war ein Flauſch, oder ein Rock der ganze
Putz. Geſtiefelt gehen beinahe alle, Winters und
Sommers, wegen des elenden halliſchen Pflaſters
und um ſeidene Struͤmpfe zu erſparen. Die Form
der Stiefeln iſt meiſt reutermaͤßig, ſo wie der Stutz
der Huͤte, die jedoch mehr rund getragen werden.
Dies Reutermaͤßige ſchreibt ſich von denen her, die
aus Reuter-Cantons gebuͤrtig ſind, und aus der all-
gemeinen Begierde junger Leute, zu Pferde zu para-
diren. Alles Uebrige iſt jetzt entweder engliſch oder
franzoͤſiſch, und veraͤndert ſich von der einen Leipziger
Meſſe zur andern: und gerade dieſe ſchleunige Ab-
aͤnderung in der Kleidung, in Ruͤckſicht auf Mate-
rie, Farbe und Zuſchnitt, macht, daß man auf den
Troͤdeln eine Menge recht niedlicher Kleider antrifft,
und der halliſche Buͤrger und Handwerksburſche ſich
um ein geringes ſehr elegant kleiden kann. Dieſe
Art Luxus iſt erſt ſeit zehn Jahren nach und nach
hier ſo eingeriſſen, daß unſere jetzigen Studenten
an guter Kleidung den Goͤttingern nichts nachgeben,
obgleich ſie noch weit von der Leipziger Pinſelei ent-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0126" n="124"/>
        <p>Das a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere der Hallen&#x017F;er ha&#x0364;lt eine gute Mittel-<lb/>
&#x017F;traße zwi&#x017F;chen dem ru&#x0364;den We&#x017F;en der Jenen&#x017F;er und<lb/>
Gie&#x017F;&#x017F;er, und der firlefanzi&#x017F;chen Ziererei der Herren<lb/>
Leipziger. Vor zehn Jahren war die Kleidung der<lb/>
halli&#x017F;chen Studenten noch &#x017F;ehr mittelma&#x0364;ßig. Rei-<lb/>
chere kleideten &#x017F;ich gut, einige gar pra&#x0364;chtig: bei den<lb/>
u&#x0364;brigen war ein Flau&#x017F;ch, oder ein Rock der ganze<lb/>
Putz. Ge&#x017F;tiefelt gehen beinahe alle, Winters und<lb/>
Sommers, wegen des elenden halli&#x017F;chen Pfla&#x017F;ters<lb/>
und um &#x017F;eidene Stru&#x0364;mpfe zu er&#x017F;paren. Die Form<lb/>
der Stiefeln i&#x017F;t mei&#x017F;t reuterma&#x0364;ßig, &#x017F;o wie der Stutz<lb/>
der Hu&#x0364;te, die jedoch mehr rund getragen werden.<lb/>
Dies Reuterma&#x0364;ßige &#x017F;chreibt &#x017F;ich von denen her, die<lb/>
aus Reuter-Cantons gebu&#x0364;rtig &#x017F;ind, und aus der all-<lb/>
gemeinen Begierde junger Leute, zu Pferde zu para-<lb/>
diren. Alles Uebrige i&#x017F;t jetzt entweder engli&#x017F;ch oder<lb/>
franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch, und vera&#x0364;ndert &#x017F;ich von der einen Leipziger<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;e zur andern: und gerade die&#x017F;e &#x017F;chleunige Ab-<lb/>
a&#x0364;nderung in der Kleidung, in Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf Mate-<lb/>
rie, Farbe und Zu&#x017F;chnitt, macht, daß man auf den<lb/>
Tro&#x0364;deln eine Menge recht niedlicher Kleider antrifft,<lb/>
und der halli&#x017F;che Bu&#x0364;rger und Handwerksbur&#x017F;che &#x017F;ich<lb/>
um ein geringes &#x017F;ehr elegant kleiden kann. Die&#x017F;e<lb/>
Art Luxus i&#x017F;t er&#x017F;t &#x017F;eit zehn Jahren nach und nach<lb/>
hier &#x017F;o eingeri&#x017F;&#x017F;en, daß un&#x017F;ere jetzigen Studenten<lb/>
an guter Kleidung den Go&#x0364;ttingern nichts nachgeben,<lb/>
obgleich &#x017F;ie noch weit von der Leipziger Pin&#x017F;elei ent-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0126] Das aͤuſſere der Hallenſer haͤlt eine gute Mittel- ſtraße zwiſchen dem ruͤden Weſen der Jenenſer und Gieſſer, und der firlefanziſchen Ziererei der Herren Leipziger. Vor zehn Jahren war die Kleidung der halliſchen Studenten noch ſehr mittelmaͤßig. Rei- chere kleideten ſich gut, einige gar praͤchtig: bei den uͤbrigen war ein Flauſch, oder ein Rock der ganze Putz. Geſtiefelt gehen beinahe alle, Winters und Sommers, wegen des elenden halliſchen Pflaſters und um ſeidene Struͤmpfe zu erſparen. Die Form der Stiefeln iſt meiſt reutermaͤßig, ſo wie der Stutz der Huͤte, die jedoch mehr rund getragen werden. Dies Reutermaͤßige ſchreibt ſich von denen her, die aus Reuter-Cantons gebuͤrtig ſind, und aus der all- gemeinen Begierde junger Leute, zu Pferde zu para- diren. Alles Uebrige iſt jetzt entweder engliſch oder franzoͤſiſch, und veraͤndert ſich von der einen Leipziger Meſſe zur andern: und gerade dieſe ſchleunige Ab- aͤnderung in der Kleidung, in Ruͤckſicht auf Mate- rie, Farbe und Zuſchnitt, macht, daß man auf den Troͤdeln eine Menge recht niedlicher Kleider antrifft, und der halliſche Buͤrger und Handwerksburſche ſich um ein geringes ſehr elegant kleiden kann. Dieſe Art Luxus iſt erſt ſeit zehn Jahren nach und nach hier ſo eingeriſſen, daß unſere jetzigen Studenten an guter Kleidung den Goͤttingern nichts nachgeben, obgleich ſie noch weit von der Leipziger Pinſelei ent-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/126
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/126>, abgerufen am 24.11.2024.