Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

und Schmid ließ sich bereden, ein Schauspielhaus
von Brettern aufzubauen. Nun ward angefangen
zu spielen. Ich besuchte gleich anfangs dieses Spekta-
kel, fand aber eine sehr elende Vorstellung recht gu-
ter Stücke, obgleich einige Akteurs, vorzüglich die
Madame Abt, noch ziemlich waren. Allein die hal-
lischen Studenten, die gröstentheils noch nichts von
dergleichen gesehen hatten, und die Philister mit ih-
ren Weibern und Töchtern liefen nach Reideburg
schaarweise, und beklatschten die Aktionen, als hätte
ein Reinike oder Fleck agirt, und eine Mara
oder Cläron gesungen. Das Schauspielhaus war
immer voll, und wer ein wenig spät kam, fand kei-
nen Platz.

Der Prorektor ließ scharfe Befehle wider das
Komödienbesuchen anschlagen: wer einen angeben
würde, nämlich von den Studenten, der wirklich in
der Komödie gewesen wäre, sollte fünf Thaler Be-
lohnung erhalten, und sein Name sollte verschwie-
gen bleiben. Der Schuldige sollte in solchen Fällen
zehn Thaler Strafe geben. Dieser Verordnung ohn-
erachtet, und so viele auch darnach gestraft wurden,
wurde doch Abts Theater noch immer besucht. Und
Abt konnte dennoch nicht subsistiren: er war ein
Mensch, der die Rechnung ohne den Wirth machte,
und ins Gelag hinein lebte, in Hoffnung besserer
Zeiten. Nachdem er demnach eine Menge Schulden

und Schmid ließ ſich bereden, ein Schauſpielhaus
von Brettern aufzubauen. Nun ward angefangen
zu ſpielen. Ich beſuchte gleich anfangs dieſes Spekta-
kel, fand aber eine ſehr elende Vorſtellung recht gu-
ter Stuͤcke, obgleich einige Akteurs, vorzuͤglich die
Madame Abt, noch ziemlich waren. Allein die hal-
liſchen Studenten, die groͤſtentheils noch nichts von
dergleichen geſehen hatten, und die Philiſter mit ih-
ren Weibern und Toͤchtern liefen nach Reideburg
ſchaarweiſe, und beklatſchten die Aktionen, als haͤtte
ein Reinike oder Fleck agirt, und eine Mara
oder Claͤron geſungen. Das Schauſpielhaus war
immer voll, und wer ein wenig ſpaͤt kam, fand kei-
nen Platz.

Der Prorektor ließ ſcharfe Befehle wider das
Komoͤdienbeſuchen anſchlagen: wer einen angeben
wuͤrde, naͤmlich von den Studenten, der wirklich in
der Komoͤdie geweſen waͤre, ſollte fuͤnf Thaler Be-
lohnung erhalten, und ſein Name ſollte verſchwie-
gen bleiben. Der Schuldige ſollte in ſolchen Faͤllen
zehn Thaler Strafe geben. Dieſer Verordnung ohn-
erachtet, und ſo viele auch darnach geſtraft wurden,
wurde doch Abts Theater noch immer beſucht. Und
Abt konnte dennoch nicht ſubſiſtiren: er war ein
Menſch, der die Rechnung ohne den Wirth machte,
und ins Gelag hinein lebte, in Hoffnung beſſerer
Zeiten. Nachdem er demnach eine Menge Schulden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0120" n="118"/>
und Schmid ließ &#x017F;ich bereden, ein Schau&#x017F;pielhaus<lb/>
von Brettern aufzubauen. Nun ward angefangen<lb/>
zu &#x017F;pielen. Ich be&#x017F;uchte gleich anfangs die&#x017F;es Spekta-<lb/>
kel, fand aber eine &#x017F;ehr elende Vor&#x017F;tellung recht gu-<lb/>
ter Stu&#x0364;cke, obgleich einige Akteurs, vorzu&#x0364;glich die<lb/>
Madame Abt, noch ziemlich waren. Allein die hal-<lb/>
li&#x017F;chen Studenten, die gro&#x0364;&#x017F;tentheils noch nichts von<lb/>
dergleichen ge&#x017F;ehen hatten, und die Phili&#x017F;ter mit ih-<lb/>
ren Weibern und To&#x0364;chtern liefen nach Reideburg<lb/>
&#x017F;chaarwei&#x017F;e, und beklat&#x017F;chten die Aktionen, als ha&#x0364;tte<lb/>
ein <hi rendition="#g">Reinike</hi> oder <hi rendition="#g">Fleck</hi> agirt, und eine <hi rendition="#g">Mara</hi><lb/>
oder <hi rendition="#g">Cla&#x0364;ron</hi> ge&#x017F;ungen. Das Schau&#x017F;pielhaus war<lb/>
immer voll, und wer ein wenig &#x017F;pa&#x0364;t kam, fand kei-<lb/>
nen Platz.</p><lb/>
        <p>Der Prorektor ließ &#x017F;charfe Befehle wider das<lb/>
Komo&#x0364;dienbe&#x017F;uchen an&#x017F;chlagen: wer einen angeben<lb/>
wu&#x0364;rde, na&#x0364;mlich von den Studenten, der wirklich in<lb/>
der Komo&#x0364;die gewe&#x017F;en wa&#x0364;re, &#x017F;ollte fu&#x0364;nf Thaler Be-<lb/>
lohnung erhalten, und &#x017F;ein Name &#x017F;ollte ver&#x017F;chwie-<lb/>
gen bleiben. Der Schuldige &#x017F;ollte in &#x017F;olchen Fa&#x0364;llen<lb/>
zehn Thaler Strafe geben. Die&#x017F;er Verordnung ohn-<lb/>
erachtet, und &#x017F;o viele auch darnach ge&#x017F;traft wurden,<lb/>
wurde doch Abts Theater noch immer be&#x017F;ucht. Und<lb/>
Abt konnte dennoch nicht &#x017F;ub&#x017F;i&#x017F;tiren: er war ein<lb/>
Men&#x017F;ch, der die Rechnung ohne den Wirth machte,<lb/>
und ins Gelag hinein lebte, in Hoffnung be&#x017F;&#x017F;erer<lb/>
Zeiten. Nachdem er demnach eine Menge Schulden<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0120] und Schmid ließ ſich bereden, ein Schauſpielhaus von Brettern aufzubauen. Nun ward angefangen zu ſpielen. Ich beſuchte gleich anfangs dieſes Spekta- kel, fand aber eine ſehr elende Vorſtellung recht gu- ter Stuͤcke, obgleich einige Akteurs, vorzuͤglich die Madame Abt, noch ziemlich waren. Allein die hal- liſchen Studenten, die groͤſtentheils noch nichts von dergleichen geſehen hatten, und die Philiſter mit ih- ren Weibern und Toͤchtern liefen nach Reideburg ſchaarweiſe, und beklatſchten die Aktionen, als haͤtte ein Reinike oder Fleck agirt, und eine Mara oder Claͤron geſungen. Das Schauſpielhaus war immer voll, und wer ein wenig ſpaͤt kam, fand kei- nen Platz. Der Prorektor ließ ſcharfe Befehle wider das Komoͤdienbeſuchen anſchlagen: wer einen angeben wuͤrde, naͤmlich von den Studenten, der wirklich in der Komoͤdie geweſen waͤre, ſollte fuͤnf Thaler Be- lohnung erhalten, und ſein Name ſollte verſchwie- gen bleiben. Der Schuldige ſollte in ſolchen Faͤllen zehn Thaler Strafe geben. Dieſer Verordnung ohn- erachtet, und ſo viele auch darnach geſtraft wurden, wurde doch Abts Theater noch immer beſucht. Und Abt konnte dennoch nicht ſubſiſtiren: er war ein Menſch, der die Rechnung ohne den Wirth machte, und ins Gelag hinein lebte, in Hoffnung beſſerer Zeiten. Nachdem er demnach eine Menge Schulden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/120
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/120>, abgerufen am 22.11.2024.