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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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und zwar von bekanntem Adel. Der Ton ist die Ba-
dezeit über so steif, als er es nur da seyn kann, wo
Stiftsadel den Ton angiebt: Was sucht er also da?
Er, der sonst Ehrgefühl zu haben prätendirt? --
Je nun, was der Student sucht! Er geht dahin,
weils zum hallischen Komment gehört! Da sitzen sie
beisammen, die Herren, gehen herum, vigiliren,
und machen sich selbst Gesellschaft, spielen mit ein-
ander, besuchen die Komödie und helfen das Geld
unter die Leute bringen. Viele ruiniren gleich den
ersten Sommer ihre Kasse durch das Rennen nach
Lauchstädt dergestalt, daß sie die Zeit ihres Studie-
rens über nicht wieder zu Kräften kommen können,
und immer große Schulden haben.

Durch nichts aber setzen sich die Hallenser mehr
zurück, als durch ihre ewige Touren auf Leipzig zur
Meßzeit. Es ist nichts seltenes, daß einige ihren
ganzen Wechsel da sitzen lassen. Viele Tausende rei-
chen wahrscheinlich nicht zu, das alles baar zu ma-
chen, was ihnen Jubel, Komödie, Mädchen, Pfer-
de, neumodische Kleidungen und der übrige Stu-
dentenkram Jahr für Jahr blos in Leipzig kostet.
Ich weiß gewiß, daß noch die vorige Ostermesse ei-
nem halb bemittelten Baron nur die Livree für sei-
nen Bedienten 129 Rthlr. gekostet hat. Nun
schließe man weiter. -- Und unter diesen lustigen
Brüdern gibts leider manchen armen Schlucker, des-

und zwar von bekanntem Adel. Der Ton iſt die Ba-
dezeit uͤber ſo ſteif, als er es nur da ſeyn kann, wo
Stiftsadel den Ton angiebt: Was ſucht er alſo da?
Er, der ſonſt Ehrgefuͤhl zu haben praͤtendirt? —
Je nun, was der Student ſucht! Er geht dahin,
weils zum halliſchen Komment gehoͤrt! Da ſitzen ſie
beiſammen, die Herren, gehen herum, vigiliren,
und machen ſich ſelbſt Geſellſchaft, ſpielen mit ein-
ander, beſuchen die Komoͤdie und helfen das Geld
unter die Leute bringen. Viele ruiniren gleich den
erſten Sommer ihre Kaſſe durch das Rennen nach
Lauchſtaͤdt dergeſtalt, daß ſie die Zeit ihres Studie-
rens uͤber nicht wieder zu Kraͤften kommen koͤnnen,
und immer große Schulden haben.

Durch nichts aber ſetzen ſich die Hallenſer mehr
zuruͤck, als durch ihre ewige Touren auf Leipzig zur
Meßzeit. Es iſt nichts ſeltenes, daß einige ihren
ganzen Wechſel da ſitzen laſſen. Viele Tauſende rei-
chen wahrſcheinlich nicht zu, das alles baar zu ma-
chen, was ihnen Jubel, Komoͤdie, Maͤdchen, Pfer-
de, neumodiſche Kleidungen und der uͤbrige Stu-
dentenkram Jahr fuͤr Jahr blos in Leipzig koſtet.
Ich weiß gewiß, daß noch die vorige Oſtermeſſe ei-
nem halb bemittelten Baron nur die Livree fuͤr ſei-
nen Bedienten 129 Rthlr. gekoſtet hat. Nun
ſchließe man weiter. — Und unter dieſen luſtigen
Bruͤdern gibts leider manchen armen Schlucker, deſ-

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[115/0117] und zwar von bekanntem Adel. Der Ton iſt die Ba- dezeit uͤber ſo ſteif, als er es nur da ſeyn kann, wo Stiftsadel den Ton angiebt: Was ſucht er alſo da? Er, der ſonſt Ehrgefuͤhl zu haben praͤtendirt? — Je nun, was der Student ſucht! Er geht dahin, weils zum halliſchen Komment gehoͤrt! Da ſitzen ſie beiſammen, die Herren, gehen herum, vigiliren, und machen ſich ſelbſt Geſellſchaft, ſpielen mit ein- ander, beſuchen die Komoͤdie und helfen das Geld unter die Leute bringen. Viele ruiniren gleich den erſten Sommer ihre Kaſſe durch das Rennen nach Lauchſtaͤdt dergeſtalt, daß ſie die Zeit ihres Studie- rens uͤber nicht wieder zu Kraͤften kommen koͤnnen, und immer große Schulden haben. Durch nichts aber ſetzen ſich die Hallenſer mehr zuruͤck, als durch ihre ewige Touren auf Leipzig zur Meßzeit. Es iſt nichts ſeltenes, daß einige ihren ganzen Wechſel da ſitzen laſſen. Viele Tauſende rei- chen wahrſcheinlich nicht zu, das alles baar zu ma- chen, was ihnen Jubel, Komoͤdie, Maͤdchen, Pfer- de, neumodiſche Kleidungen und der uͤbrige Stu- dentenkram Jahr fuͤr Jahr blos in Leipzig koſtet. Ich weiß gewiß, daß noch die vorige Oſtermeſſe ei- nem halb bemittelten Baron nur die Livree fuͤr ſei- nen Bedienten 129 Rthlr. gekoſtet hat. Nun ſchließe man weiter. — Und unter dieſen luſtigen Bruͤdern gibts leider manchen armen Schlucker, deſ-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/117>, abgerufen am 24.11.2024.