türliche Gnade. Was ich begreifen kann, ist für mich wahr; und was mich besser und ruhiger ma- chen kann, ist für mich ein Gut, nach dessen Besitz ich streben muß. -- Ich hatte freilich viel moralische Kenntnisse; allein, leider auch ich erfuhr, daß Theo- rie und Praxis, Denken und Handeln himmelweit von einander verschieden sind.
Zehntes Kapitel.
Auch ein Wort vom hallischen Komment!
Die Herren Giesser, Jenaer, Göttinger, Heidel- berger, Strasburger, Mainzer und andere, deren Comment ich in meiner Biographie bisher beschrie- ben habe, möchten böse werden, wenn ich ganz von dem Wesen der Hallenser schwiege; und dazu hätten sie auch Recht. Ja, würden sie sagen, da sieht mans, er lebt in Halle und hat da so sein Wesen un- ter den Studenten; daher findet man von diesen kein Wort. Vielleicht war auch der Herr Censor schuld, welcher das Nachtheilige fremder Universitäten ste- hen ließ; das aber von der Hallischen wegstrich. -- Allein, gemach, meine Herren! Sie irren, wenn sie glauben, ich würde hier partheiisch seyn. Eben
tuͤrliche Gnade. Was ich begreifen kann, iſt fuͤr mich wahr; und was mich beſſer und ruhiger ma- chen kann, iſt fuͤr mich ein Gut, nach deſſen Beſitz ich ſtreben muß. — Ich hatte freilich viel moraliſche Kenntniſſe; allein, leider auch ich erfuhr, daß Theo- rie und Praxis, Denken und Handeln himmelweit von einander verſchieden ſind.
Zehntes Kapitel.
Auch ein Wort vom halliſchen Komment!
Die Herren Gieſſer, Jenaer, Goͤttinger, Heidel- berger, Strasburger, Mainzer und andere, deren Comment ich in meiner Biographie bisher beſchrie- ben habe, moͤchten boͤſe werden, wenn ich ganz von dem Weſen der Hallenſer ſchwiege; und dazu haͤtten ſie auch Recht. Ja, wuͤrden ſie ſagen, da ſieht mans, er lebt in Halle und hat da ſo ſein Weſen un- ter den Studenten; daher findet man von dieſen kein Wort. Vielleicht war auch der Herr Cenſor ſchuld, welcher das Nachtheilige fremder Univerſitaͤten ſte- hen ließ; das aber von der Halliſchen wegſtrich. — Allein, gemach, meine Herren! Sie irren, wenn ſie glauben, ich wuͤrde hier partheiiſch ſeyn. Eben
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0105"n="103"/>
tuͤrliche Gnade. Was ich begreifen kann, iſt fuͤr<lb/>
mich wahr; und was mich beſſer und ruhiger ma-<lb/>
chen kann, iſt fuͤr mich ein Gut, nach deſſen Beſitz<lb/>
ich ſtreben muß. — Ich hatte freilich viel moraliſche<lb/>
Kenntniſſe; allein, leider auch ich erfuhr, daß Theo-<lb/>
rie und Praxis, Denken und Handeln himmelweit<lb/>
von einander verſchieden ſind.</p></div><lb/><divn="1"><head>Zehntes Kapitel.</head><lb/><p>Auch ein Wort vom halliſchen Komment!</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">D</hi>ie Herren Gieſſer, Jenaer, Goͤttinger, Heidel-<lb/>
berger, Strasburger, Mainzer und andere, deren<lb/>
Comment ich in meiner Biographie bisher beſchrie-<lb/>
ben habe, moͤchten boͤſe werden, wenn ich ganz von<lb/>
dem Weſen der Hallenſer ſchwiege; und dazu haͤtten<lb/>ſie auch Recht. Ja, wuͤrden ſie ſagen, da ſieht<lb/>
mans, er lebt in Halle und hat da ſo ſein Weſen un-<lb/>
ter den Studenten; daher findet man von dieſen kein<lb/>
Wort. Vielleicht war auch der Herr Cenſor ſchuld,<lb/>
welcher das Nachtheilige fremder Univerſitaͤten ſte-<lb/>
hen ließ; das aber von der Halliſchen wegſtrich. —<lb/>
Allein, gemach, meine Herren! Sie irren, wenn<lb/>ſie glauben, ich wuͤrde hier partheiiſch ſeyn. Eben<lb/></p></div></body></text></TEI>
[103/0105]
tuͤrliche Gnade. Was ich begreifen kann, iſt fuͤr
mich wahr; und was mich beſſer und ruhiger ma-
chen kann, iſt fuͤr mich ein Gut, nach deſſen Beſitz
ich ſtreben muß. — Ich hatte freilich viel moraliſche
Kenntniſſe; allein, leider auch ich erfuhr, daß Theo-
rie und Praxis, Denken und Handeln himmelweit
von einander verſchieden ſind.
Zehntes Kapitel.
Auch ein Wort vom halliſchen Komment!
Die Herren Gieſſer, Jenaer, Goͤttinger, Heidel-
berger, Strasburger, Mainzer und andere, deren
Comment ich in meiner Biographie bisher beſchrie-
ben habe, moͤchten boͤſe werden, wenn ich ganz von
dem Weſen der Hallenſer ſchwiege; und dazu haͤtten
ſie auch Recht. Ja, wuͤrden ſie ſagen, da ſieht
mans, er lebt in Halle und hat da ſo ſein Weſen un-
ter den Studenten; daher findet man von dieſen kein
Wort. Vielleicht war auch der Herr Cenſor ſchuld,
welcher das Nachtheilige fremder Univerſitaͤten ſte-
hen ließ; das aber von der Halliſchen wegſtrich. —
Allein, gemach, meine Herren! Sie irren, wenn
ſie glauben, ich wuͤrde hier partheiiſch ſeyn. Eben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/105>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.