an Leib und Seele verdorben zu werden. Von Er- ziehung übrigens abgesehen, muß ich bekennen, daß unter den vielen Lehranstalten, die ich weit und breit kenne, das Hallische Waisenhaus, noch immer eine der vorzüglichsten ist, und die vorzüglichste als- dann gewiß werden könnte, wenn man auf einen Fond bedacht wäre, um durch angemessene Besol- dungen den fähigsten Köpfen unter den vielen in Halle Studierenden Muth und Lust zu einer stabi- len Inspections- oder Lehrstelle beizubringen, und dadurch dem zu öftern und zu schnellen Abwechseln mit beiden vorzubeugen. -- Den Fond dazu könnte man wohl leicht alsdann haben, wenn -- nach Schad- loshaltung der jezt einmal bestallten Lehrer durch an- derweitige Versorgung -- die Einkünfte des Hallischen reformirten und lutherischen Gymnasiums, deren An- sehn ohnehin das blühendste nicht ist, dem Waisen- hause zufielen, und dann dieses selbst angehalten wür- de, durch eine systematischere Aufsicht auf Buchla- den, Apotheke, Seidenbau und Landökonomie die Versuchung unmöglich zu machen, auf Kosten des Ganzen -- sich einzeln zu bereichern. --
Ich fand gar bald die seligen Folgen einer or- dentlichen Lebensart: Mein Körper war gesund und munter und meine Seele erhielt eine Heiterkeit, wel- che von jener burschikosen Lustigkeit weit entfernt war. Fast täglich, wenigstens viermal die Woche,
an Leib und Seele verdorben zu werden. Von Er- ziehung uͤbrigens abgeſehen, muß ich bekennen, daß unter den vielen Lehranſtalten, die ich weit und breit kenne, das Halliſche Waiſenhaus, noch immer eine der vorzuͤglichſten iſt, und die vorzuͤglichſte als- dann gewiß werden koͤnnte, wenn man auf einen Fond bedacht waͤre, um durch angemeſſene Beſol- dungen den faͤhigſten Koͤpfen unter den vielen in Halle Studierenden Muth und Luſt zu einer ſtabi- len Inſpections- oder Lehrſtelle beizubringen, und dadurch dem zu oͤftern und zu ſchnellen Abwechſeln mit beiden vorzubeugen. — Den Fond dazu koͤnnte man wohl leicht alsdann haben, wenn — nach Schad- loshaltung der jezt einmal beſtallten Lehrer durch an- derweitige Verſorgung — die Einkuͤnfte des Halliſchen reformirten und lutheriſchen Gymnaſiums, deren An- ſehn ohnehin das bluͤhendſte nicht iſt, dem Waiſen- hauſe zufielen, und dann dieſes ſelbſt angehalten wuͤr- de, durch eine ſyſtematiſchere Aufſicht auf Buchla- den, Apotheke, Seidenbau und Landoͤkonomie die Verſuchung unmoͤglich zu machen, auf Koſten des Ganzen — ſich einzeln zu bereichern. —
Ich fand gar bald die ſeligen Folgen einer or- dentlichen Lebensart: Mein Koͤrper war geſund und munter und meine Seele erhielt eine Heiterkeit, wel- che von jener burſchikoſen Luſtigkeit weit entfernt war. Faſt taͤglich, wenigſtens viermal die Woche,
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an Leib und Seele verdorben zu werden. Von Er-
ziehung uͤbrigens abgeſehen, muß ich bekennen, daß
unter den vielen Lehranſtalten, die ich weit und
breit kenne, das Halliſche Waiſenhaus, noch immer
eine der vorzuͤglichſten iſt, und die vorzuͤglichſte als-
dann gewiß werden koͤnnte, wenn man auf einen
Fond bedacht waͤre, um durch angemeſſene Beſol-
dungen den faͤhigſten Koͤpfen unter den vielen in
Halle Studierenden Muth und Luſt zu einer ſtabi-
len Inſpections- oder Lehrſtelle beizubringen, und
dadurch dem zu oͤftern und zu ſchnellen Abwechſeln
mit beiden vorzubeugen. — Den Fond dazu koͤnnte
man wohl leicht alsdann haben, wenn — nach Schad-
loshaltung der jezt einmal beſtallten Lehrer durch an-
derweitige Verſorgung — die Einkuͤnfte des Halliſchen
reformirten und lutheriſchen Gymnaſiums, deren An-
ſehn ohnehin das bluͤhendſte nicht iſt, dem Waiſen-
hauſe zufielen, und dann dieſes ſelbſt angehalten wuͤr-
de, durch eine ſyſtematiſchere Aufſicht auf Buchla-
den, Apotheke, Seidenbau und Landoͤkonomie die
Verſuchung unmoͤglich zu machen, auf Koſten des
Ganzen — ſich einzeln zu bereichern. —
Ich fand gar bald die ſeligen Folgen einer or-
dentlichen Lebensart: Mein Koͤrper war geſund und
munter und meine Seele erhielt eine Heiterkeit, wel-
che von jener burſchikoſen Luſtigkeit weit entfernt
war. Faſt taͤglich, wenigſtens viermal die Woche,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/101>, abgerufen am 24.11.2024.
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