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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Beschreibung von dem Schauspiel, das ich wollte
gesehen haben, und er war zufrieden. Des andern
Tages besuchte er einen Freund, der ihn zum Abend-
essen dabehielt. Nun konnte ich wieder ausgehen,
und meine Leser errathen schon, daß mein Gang zur
Madam Agricola gegangen ist. Ich war jetzt drei-
ster: mein Begleiter war nicht bei mir. Ich blieb
bis nach Mitternacht, und verzehrte über eine Karo-
line von dem Gelde, das mir meine Mutter und
einer meiner Verwandten zur Universität geschenkt
hatten. Ich Thor wußte noch nicht, wie sauer Geld
erworben wird! Die Mädchen waren fürchterlich
aufgeräumt, und kirrten mich so zuckersüß heran,
daß ich ihnen Wein, Chokelade, Gebacknes u. d. gl.
bringen ließ. Cetera non curat praetor. Mein
Vater war ungehalten auf mich, daß ich so lange
ausblieb; aber ich wußte ihm so viel vorzunebeln, daß
er sich endlich zufrieden gab.

Neuntes Kapitel.

So elend fand ich die Gießer Universität.



In einem Tage reiseten wir von Frankfurt nach
Gießen, welches ohngefähr zwölf starke Stunden da-

Erster Theil. E

Beſchreibung von dem Schauſpiel, das ich wollte
geſehen haben, und er war zufrieden. Des andern
Tages beſuchte er einen Freund, der ihn zum Abend-
eſſen dabehielt. Nun konnte ich wieder ausgehen,
und meine Leſer errathen ſchon, daß mein Gang zur
Madam Agricola gegangen iſt. Ich war jetzt drei-
ſter: mein Begleiter war nicht bei mir. Ich blieb
bis nach Mitternacht, und verzehrte uͤber eine Karo-
line von dem Gelde, das mir meine Mutter und
einer meiner Verwandten zur Univerſitaͤt geſchenkt
hatten. Ich Thor wußte noch nicht, wie ſauer Geld
erworben wird! Die Maͤdchen waren fuͤrchterlich
aufgeraͤumt, und kirrten mich ſo zuckerſuͤß heran,
daß ich ihnen Wein, Chokelade, Gebacknes u. d. gl.
bringen ließ. Cetera non curat praetor. Mein
Vater war ungehalten auf mich, daß ich ſo lange
ausblieb; aber ich wußte ihm ſo viel vorzunebeln, daß
er ſich endlich zufrieden gab.

Neuntes Kapitel.

So elend fand ich die Gießer Univerſitaͤt.



In einem Tage reiſeten wir von Frankfurt nach
Gießen, welches ohngefaͤhr zwoͤlf ſtarke Stunden da-

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[65/0079] Beſchreibung von dem Schauſpiel, das ich wollte geſehen haben, und er war zufrieden. Des andern Tages beſuchte er einen Freund, der ihn zum Abend- eſſen dabehielt. Nun konnte ich wieder ausgehen, und meine Leſer errathen ſchon, daß mein Gang zur Madam Agricola gegangen iſt. Ich war jetzt drei- ſter: mein Begleiter war nicht bei mir. Ich blieb bis nach Mitternacht, und verzehrte uͤber eine Karo- line von dem Gelde, das mir meine Mutter und einer meiner Verwandten zur Univerſitaͤt geſchenkt hatten. Ich Thor wußte noch nicht, wie ſauer Geld erworben wird! Die Maͤdchen waren fuͤrchterlich aufgeraͤumt, und kirrten mich ſo zuckerſuͤß heran, daß ich ihnen Wein, Chokelade, Gebacknes u. d. gl. bringen ließ. Cetera non curat praetor. Mein Vater war ungehalten auf mich, daß ich ſo lange ausblieb; aber ich wußte ihm ſo viel vorzunebeln, daß er ſich endlich zufrieden gab. Neuntes Kapitel. So elend fand ich die Gießer Univerſitaͤt. In einem Tage reiſeten wir von Frankfurt nach Gießen, welches ohngefaͤhr zwoͤlf ſtarke Stunden da- Erſter Theil. E

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/79>, abgerufen am 23.11.2024.