zen. Er versicherte mich endlich, wenn ich der Wahrheit getreu bleiben, und dieselbe öffentlich be- kennen würde, daß man bereit wäre, mich auf der Universität zu Heidelberg etwas rechts lernen zu las- sen und mir mit der Zeit auch eine Versorgung zu verschaffen: und so würde schon alles gut werden.
Dieses zündete wieder neue Hoffnung in meiner Seele an, und der Himmel hing mir voll Geigen, wie man in der Pfalz zu sprechen pflegt. -- Ich durfte seit dieser Zeit mit meinem Mädchen unter den Augen des Vaters vertraut umgehen, durfte sie her- zen und küssen, ohne daß er uns je etwas anders ge- sagt hätte, als: Leutchen, macht, daß ihr nicht in wüste (schändliche) Mäuler kommt! -- Noch dank' ich es dem guten Schicksal -- denn meinen Grund- sätzen habe ich es wahrlich nicht zu danken -- daß unser Umgang nicht in eine allzu große und schädliche Vertraulichkeit ausgeartet ist. Gelegenheit war über- flüßig da; aber so ausschweifend ich auch sonst schon bei andern gefälligen Mädchen gewesen war, so fiel mir doch niemals der Gedanke ein, etwas mit meiner lieben Therese vorzunehmen, das wider die Ehr- barkeit gestritten hätte. So viel vermag ein be- stimmter, ehrbarer Gegenstand der Liebe, auch bei verwöhnten feurigen Jünglingen! --
Dem Pastor Neuner und hernach dem Pater Hermenegild versprach ich, nicht auf eine prote-
zen. Er verſicherte mich endlich, wenn ich der Wahrheit getreu bleiben, und dieſelbe oͤffentlich be- kennen wuͤrde, daß man bereit waͤre, mich auf der Univerſitaͤt zu Heidelberg etwas rechts lernen zu laſ- ſen und mir mit der Zeit auch eine Verſorgung zu verſchaffen: und ſo wuͤrde ſchon alles gut werden.
Dieſes zuͤndete wieder neue Hoffnung in meiner Seele an, und der Himmel hing mir voll Geigen, wie man in der Pfalz zu ſprechen pflegt. — Ich durfte ſeit dieſer Zeit mit meinem Maͤdchen unter den Augen des Vaters vertraut umgehen, durfte ſie her- zen und kuͤſſen, ohne daß er uns je etwas anders ge- ſagt haͤtte, als: Leutchen, macht, daß ihr nicht in wuͤſte (ſchaͤndliche) Maͤuler kommt! — Noch dank' ich es dem guten Schickſal — denn meinen Grund- ſaͤtzen habe ich es wahrlich nicht zu danken — daß unſer Umgang nicht in eine allzu große und ſchaͤdliche Vertraulichkeit ausgeartet iſt. Gelegenheit war uͤber- fluͤßig da; aber ſo ausſchweifend ich auch ſonſt ſchon bei andern gefaͤlligen Maͤdchen geweſen war, ſo fiel mir doch niemals der Gedanke ein, etwas mit meiner lieben Thereſe vorzunehmen, das wider die Ehr- barkeit geſtritten haͤtte. So viel vermag ein be- ſtimmter, ehrbarer Gegenſtand der Liebe, auch bei verwoͤhnten feurigen Juͤnglingen! —
Dem Paſtor Neuner und hernach dem Pater Hermenegild verſprach ich, nicht auf eine prote-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0070"n="56"/>
zen. Er verſicherte mich endlich, wenn ich der<lb/>
Wahrheit getreu bleiben, und dieſelbe oͤffentlich be-<lb/>
kennen wuͤrde, daß man bereit waͤre, mich auf der<lb/>
Univerſitaͤt zu Heidelberg etwas rechts lernen zu laſ-<lb/>ſen und mir mit der Zeit auch eine Verſorgung zu<lb/>
verſchaffen: und ſo wuͤrde ſchon alles gut werden.</p><lb/><p>Dieſes zuͤndete wieder neue Hoffnung in meiner<lb/>
Seele an, und der Himmel hing mir voll Geigen,<lb/>
wie man in der Pfalz zu ſprechen pflegt. — Ich<lb/>
durfte ſeit dieſer Zeit mit meinem Maͤdchen unter den<lb/>
Augen des Vaters vertraut umgehen, durfte ſie her-<lb/>
zen und kuͤſſen, ohne daß er uns je etwas anders ge-<lb/>ſagt haͤtte, als: Leutchen, macht, daß ihr nicht in<lb/>
wuͤſte (ſchaͤndliche) Maͤuler kommt! — Noch dank'<lb/>
ich es dem guten Schickſal — denn meinen Grund-<lb/>ſaͤtzen habe ich es wahrlich nicht zu danken — daß<lb/>
unſer Umgang nicht in eine allzu große und ſchaͤdliche<lb/>
Vertraulichkeit ausgeartet iſt. Gelegenheit war uͤber-<lb/>
fluͤßig da; aber ſo ausſchweifend ich auch ſonſt ſchon<lb/>
bei andern gefaͤlligen Maͤdchen geweſen war, ſo fiel<lb/>
mir doch niemals der Gedanke ein, etwas mit meiner<lb/>
lieben <hirendition="#g">Thereſe</hi> vorzunehmen, das wider die Ehr-<lb/>
barkeit geſtritten haͤtte. So viel vermag ein be-<lb/>ſtimmter, ehrbarer Gegenſtand der Liebe, auch bei<lb/>
verwoͤhnten feurigen Juͤnglingen! —</p><lb/><p>Dem Paſtor <hirendition="#g">Neuner</hi> und hernach dem Pater<lb/><hirendition="#g">Hermenegild</hi> verſprach ich, nicht auf eine prote-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[56/0070]
zen. Er verſicherte mich endlich, wenn ich der
Wahrheit getreu bleiben, und dieſelbe oͤffentlich be-
kennen wuͤrde, daß man bereit waͤre, mich auf der
Univerſitaͤt zu Heidelberg etwas rechts lernen zu laſ-
ſen und mir mit der Zeit auch eine Verſorgung zu
verſchaffen: und ſo wuͤrde ſchon alles gut werden.
Dieſes zuͤndete wieder neue Hoffnung in meiner
Seele an, und der Himmel hing mir voll Geigen,
wie man in der Pfalz zu ſprechen pflegt. — Ich
durfte ſeit dieſer Zeit mit meinem Maͤdchen unter den
Augen des Vaters vertraut umgehen, durfte ſie her-
zen und kuͤſſen, ohne daß er uns je etwas anders ge-
ſagt haͤtte, als: Leutchen, macht, daß ihr nicht in
wuͤſte (ſchaͤndliche) Maͤuler kommt! — Noch dank'
ich es dem guten Schickſal — denn meinen Grund-
ſaͤtzen habe ich es wahrlich nicht zu danken — daß
unſer Umgang nicht in eine allzu große und ſchaͤdliche
Vertraulichkeit ausgeartet iſt. Gelegenheit war uͤber-
fluͤßig da; aber ſo ausſchweifend ich auch ſonſt ſchon
bei andern gefaͤlligen Maͤdchen geweſen war, ſo fiel
mir doch niemals der Gedanke ein, etwas mit meiner
lieben Thereſe vorzunehmen, das wider die Ehr-
barkeit geſtritten haͤtte. So viel vermag ein be-
ſtimmter, ehrbarer Gegenſtand der Liebe, auch bei
verwoͤhnten feurigen Juͤnglingen! —
Dem Paſtor Neuner und hernach dem Pater
Hermenegild verſprach ich, nicht auf eine prote-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/70>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.