Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

"wie der Kandidat Laukhardt noch immer das Vika-
"riat in Obersaulheim verwalte, welches ohne großes
"Aergerniß und Skandal der christlichen Gemeinde
"nicht mit angesehen werden könnte. Der Kandidat
"sey als ein Mensch bekannt, der ganz und gar keine
"Religion habe -- der über die heiligsten Geheim-
"nisse der christlichen Lehre öffentlich spotte -- über-
"dies ausschweifend lebe -- dem Trunk sich ergebe --
"Pasquillen auf andere schmiede, und sogar die Kan-
"zel zum Tummelplatz seiner skandalösen Auftritte
"mache: deshalb trügen Seine Durchlauchten dem
"Konsistorio auf, den bisherigen Vikarius Laukhardt
"zu removiren, und ein anderes unbescholtenes Sub-
"jekt an die Stelle zu setzen."

Herr von Zwirnlein hatte mir diesen Befehl des
Fürsten, den er aber selbst geschmiedet und diesem
Herrn zur Unterschrift vorgelegt hatte, abschriftlich
zugeschickt, und mir es freigestellt, ob ich entweder
freywillig, oder gezwungen durch das Konsistorium
meinen Posten verlassen wollte. Ich wählte natür-
lich das Erste, schrieb dem Administrator, daß er
einen Vikarius schicken könnte, welchen er wollte --
ich ginge gern weg; denn die Freiheit über alles
reden zu können, was mir mißfiele, und ein Zustand,
worin ich mich vor keinen Kabalisten und Dumm-
köpfen zu fürchten brauchte, sey mir theurer als das
Predigervikariat zu Obersaulheim. Dann hielt ich

„wie der Kandidat Laukhardt noch immer das Vika-
„riat in Oberſaulheim verwalte, welches ohne großes
„Aergerniß und Skandal der chriſtlichen Gemeinde
„nicht mit angeſehen werden koͤnnte. Der Kandidat
„ſey als ein Menſch bekannt, der ganz und gar keine
„Religion habe — der uͤber die heiligſten Geheim-
„niſſe der chriſtlichen Lehre oͤffentlich ſpotte — uͤber-
„dies ausſchweifend lebe — dem Trunk ſich ergebe —
„Pasquillen auf andere ſchmiede, und ſogar die Kan-
„zel zum Tummelplatz ſeiner ſkandaloͤſen Auftritte
„mache: deshalb truͤgen Seine Durchlauchten dem
„Konſiſtorio auf, den bisherigen Vikarius Laukhardt
„zu removiren, und ein anderes unbeſcholtenes Sub-
„jekt an die Stelle zu ſetzen.“

Herr von Zwirnlein hatte mir dieſen Befehl des
Fuͤrſten, den er aber ſelbſt geſchmiedet und dieſem
Herrn zur Unterſchrift vorgelegt hatte, abſchriftlich
zugeſchickt, und mir es freigeſtellt, ob ich entweder
freywillig, oder gezwungen durch das Konſiſtorium
meinen Poſten verlaſſen wollte. Ich waͤhlte natuͤr-
lich das Erſte, ſchrieb dem Adminiſtrator, daß er
einen Vikarius ſchicken koͤnnte, welchen er wollte —
ich ginge gern weg; denn die Freiheit uͤber alles
reden zu koͤnnen, was mir mißfiele, und ein Zuſtand,
worin ich mich vor keinen Kabaliſten und Dumm-
koͤpfen zu fuͤrchten brauchte, ſey mir theurer als das
Predigervikariat zu Oberſaulheim. Dann hielt ich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0409" n="395"/>
&#x201E;wie der Kandidat Laukhardt noch immer das Vika-<lb/>
&#x201E;riat in Ober&#x017F;aulheim verwalte, welches ohne großes<lb/>
&#x201E;Aergerniß und Skandal der chri&#x017F;tlichen Gemeinde<lb/>
&#x201E;nicht mit ange&#x017F;ehen werden ko&#x0364;nnte. Der Kandidat<lb/>
&#x201E;&#x017F;ey als ein Men&#x017F;ch bekannt, der ganz und gar keine<lb/>
&#x201E;Religion habe &#x2014; der u&#x0364;ber die heilig&#x017F;ten Geheim-<lb/>
&#x201E;ni&#x017F;&#x017F;e der chri&#x017F;tlichen Lehre o&#x0364;ffentlich &#x017F;potte &#x2014; u&#x0364;ber-<lb/>
&#x201E;dies aus&#x017F;chweifend lebe &#x2014; dem Trunk &#x017F;ich ergebe &#x2014;<lb/>
&#x201E;Pasquillen auf andere &#x017F;chmiede, und &#x017F;ogar die Kan-<lb/>
&#x201E;zel zum Tummelplatz &#x017F;einer &#x017F;kandalo&#x0364;&#x017F;en Auftritte<lb/>
&#x201E;mache: deshalb tru&#x0364;gen Seine Durchlauchten dem<lb/>
&#x201E;Kon&#x017F;i&#x017F;torio auf, den bisherigen Vikarius Laukhardt<lb/>
&#x201E;zu removiren, und ein anderes unbe&#x017F;choltenes Sub-<lb/>
&#x201E;jekt an die Stelle zu &#x017F;etzen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Herr von Zwirnlein hatte mir die&#x017F;en Befehl des<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten, den er aber &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chmiedet und die&#x017F;em<lb/>
Herrn zur Unter&#x017F;chrift vorgelegt hatte, ab&#x017F;chriftlich<lb/>
zuge&#x017F;chickt, und mir es freige&#x017F;tellt, ob ich entweder<lb/>
freywillig, oder gezwungen durch das Kon&#x017F;i&#x017F;torium<lb/>
meinen Po&#x017F;ten verla&#x017F;&#x017F;en wollte. Ich wa&#x0364;hlte natu&#x0364;r-<lb/>
lich das Er&#x017F;te, &#x017F;chrieb dem Admini&#x017F;trator, daß er<lb/>
einen Vikarius &#x017F;chicken ko&#x0364;nnte, welchen er wollte &#x2014;<lb/>
ich ginge gern weg; denn die Freiheit u&#x0364;ber alles<lb/>
reden zu ko&#x0364;nnen, was mir mißfiele, und ein Zu&#x017F;tand,<lb/>
worin ich mich vor keinen Kabali&#x017F;ten und Dumm-<lb/>
ko&#x0364;pfen zu fu&#x0364;rchten brauchte, &#x017F;ey mir theurer als das<lb/>
Predigervikariat zu Ober&#x017F;aulheim. Dann hielt ich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[395/0409] „wie der Kandidat Laukhardt noch immer das Vika- „riat in Oberſaulheim verwalte, welches ohne großes „Aergerniß und Skandal der chriſtlichen Gemeinde „nicht mit angeſehen werden koͤnnte. Der Kandidat „ſey als ein Menſch bekannt, der ganz und gar keine „Religion habe — der uͤber die heiligſten Geheim- „niſſe der chriſtlichen Lehre oͤffentlich ſpotte — uͤber- „dies ausſchweifend lebe — dem Trunk ſich ergebe — „Pasquillen auf andere ſchmiede, und ſogar die Kan- „zel zum Tummelplatz ſeiner ſkandaloͤſen Auftritte „mache: deshalb truͤgen Seine Durchlauchten dem „Konſiſtorio auf, den bisherigen Vikarius Laukhardt „zu removiren, und ein anderes unbeſcholtenes Sub- „jekt an die Stelle zu ſetzen.“ Herr von Zwirnlein hatte mir dieſen Befehl des Fuͤrſten, den er aber ſelbſt geſchmiedet und dieſem Herrn zur Unterſchrift vorgelegt hatte, abſchriftlich zugeſchickt, und mir es freigeſtellt, ob ich entweder freywillig, oder gezwungen durch das Konſiſtorium meinen Poſten verlaſſen wollte. Ich waͤhlte natuͤr- lich das Erſte, ſchrieb dem Adminiſtrator, daß er einen Vikarius ſchicken koͤnnte, welchen er wollte — ich ginge gern weg; denn die Freiheit uͤber alles reden zu koͤnnen, was mir mißfiele, und ein Zuſtand, worin ich mich vor keinen Kabaliſten und Dumm- koͤpfen zu fuͤrchten brauchte, ſey mir theurer als das Predigervikariat zu Oberſaulheim. Dann hielt ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/409
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/409>, abgerufen am 25.11.2024.