Daß ich den Baron F.... in Mainz mehrmals während meines Auffenthalts daselbst besucht habe, daß ich ihn auch oft im erwähnten Pastorhause zu Niederolm antraf, und ich allemal, wenn ich in seiner Gesellschaft war, in Freund und Wonne schwamm, kann jeder sich schon von selbst denken, wer das Harmonische und Gleiche unter beider Denkungsart in den vorigen Kapitel bemerkt hat.
Einst besuchte ich ihn, und er bat mich, da ich gewöhnlich diese Vergnügenstour hin und her in einem Tage machte, die Nacht bei ihm zu bleiben: denn er wolle mich auf den Abend an einen Ort bringen, wo es recht flott und fidel herginge. Ich erkundigte mich nach diesem Orte, und erfuhr, daß daselbst einige Nymphen sich aufhielten, welche nicht böse würden, wenn junge Mannspersonen sie besuch- ten. Zu Deutsch war also dieser fidele Ort weiter nichts, als ein Bordel, welches nur das Schild und das Privilegium nicht aushangen durfte: denn so viel öffentliche Huren es auch sonst in Mainz giebt, welche des Abends alle Straßen durchkreuzen, so ist doch da kein öffentliches Haus, wo man unterm Schutz der Obrigkeit huren könnte. -- Ich stellte meinem Freunde vor, daß dergleichen mir als Theo- logen nachtheilig werden könnte, zumal wenn ich verrathen, oder erkannt würde, "Narr, erwie- "derte der Baron, bist nicht klug! -- wer kennt dich
Daß ich den Baron F.... in Mainz mehrmals waͤhrend meines Auffenthalts daſelbſt beſucht habe, daß ich ihn auch oft im erwaͤhnten Paſtorhauſe zu Niederolm antraf, und ich allemal, wenn ich in ſeiner Geſellſchaft war, in Freund und Wonne ſchwamm, kann jeder ſich ſchon von ſelbſt denken, wer das Harmoniſche und Gleiche unter beider Denkungsart in den vorigen Kapitel bemerkt hat.
Einſt beſuchte ich ihn, und er bat mich, da ich gewoͤhnlich dieſe Vergnuͤgenstour hin und her in einem Tage machte, die Nacht bei ihm zu bleiben: denn er wolle mich auf den Abend an einen Ort bringen, wo es recht flott und fidel herginge. Ich erkundigte mich nach dieſem Orte, und erfuhr, daß daſelbſt einige Nymphen ſich aufhielten, welche nicht boͤſe wuͤrden, wenn junge Mannsperſonen ſie beſuch- ten. Zu Deutſch war alſo dieſer fidele Ort weiter nichts, als ein Bordel, welches nur das Schild und das Privilegium nicht aushangen durfte: denn ſo viel oͤffentliche Huren es auch ſonſt in Mainz giebt, welche des Abends alle Straßen durchkreuzen, ſo iſt doch da kein oͤffentliches Haus, wo man unterm Schutz der Obrigkeit huren koͤnnte. — Ich ſtellte meinem Freunde vor, daß dergleichen mir als Theo- logen nachtheilig werden koͤnnte, zumal wenn ich verrathen, oder erkannt wuͤrde, „Narr, erwie- „derte der Baron, biſt nicht klug! — wer kennt dich
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0389"n="375"/><p>Daß ich den Baron F.... in Mainz mehrmals<lb/>
waͤhrend meines Auffenthalts daſelbſt beſucht habe,<lb/>
daß ich ihn auch oft im erwaͤhnten Paſtorhauſe zu<lb/>
Niederolm antraf, und ich allemal, wenn ich in ſeiner<lb/>
Geſellſchaft war, in Freund und Wonne ſchwamm,<lb/>
kann jeder ſich ſchon von ſelbſt denken, wer das<lb/>
Harmoniſche und Gleiche unter beider Denkungsart<lb/>
in den vorigen Kapitel bemerkt hat.</p><lb/><p>Einſt beſuchte ich ihn, und er bat mich, da<lb/>
ich gewoͤhnlich dieſe Vergnuͤgenstour hin und her<lb/>
in einem Tage machte, die Nacht bei ihm zu bleiben:<lb/>
denn er wolle mich auf den Abend an einen Ort<lb/>
bringen, wo es recht flott und fidel herginge. Ich<lb/>
erkundigte mich nach dieſem Orte, und erfuhr, daß<lb/>
daſelbſt einige Nymphen ſich aufhielten, welche nicht<lb/>
boͤſe wuͤrden, wenn junge Mannsperſonen ſie beſuch-<lb/>
ten. Zu Deutſch war alſo dieſer fidele Ort weiter<lb/>
nichts, als ein Bordel, welches nur das Schild und<lb/>
das Privilegium nicht aushangen durfte: denn ſo<lb/>
viel oͤffentliche Huren es auch ſonſt in Mainz giebt,<lb/>
welche des Abends alle Straßen durchkreuzen, ſo iſt<lb/>
doch da kein oͤffentliches Haus, wo man unterm<lb/>
Schutz der Obrigkeit huren koͤnnte. — Ich ſtellte<lb/>
meinem Freunde vor, daß dergleichen mir als Theo-<lb/>
logen nachtheilig werden koͤnnte, zumal wenn ich<lb/>
verrathen, oder erkannt wuͤrde, „Narr, erwie-<lb/>„derte der Baron, biſt nicht klug! — wer kennt dich<lb/></p></div></body></text></TEI>
[375/0389]
Daß ich den Baron F.... in Mainz mehrmals
waͤhrend meines Auffenthalts daſelbſt beſucht habe,
daß ich ihn auch oft im erwaͤhnten Paſtorhauſe zu
Niederolm antraf, und ich allemal, wenn ich in ſeiner
Geſellſchaft war, in Freund und Wonne ſchwamm,
kann jeder ſich ſchon von ſelbſt denken, wer das
Harmoniſche und Gleiche unter beider Denkungsart
in den vorigen Kapitel bemerkt hat.
Einſt beſuchte ich ihn, und er bat mich, da
ich gewoͤhnlich dieſe Vergnuͤgenstour hin und her
in einem Tage machte, die Nacht bei ihm zu bleiben:
denn er wolle mich auf den Abend an einen Ort
bringen, wo es recht flott und fidel herginge. Ich
erkundigte mich nach dieſem Orte, und erfuhr, daß
daſelbſt einige Nymphen ſich aufhielten, welche nicht
boͤſe wuͤrden, wenn junge Mannsperſonen ſie beſuch-
ten. Zu Deutſch war alſo dieſer fidele Ort weiter
nichts, als ein Bordel, welches nur das Schild und
das Privilegium nicht aushangen durfte: denn ſo
viel oͤffentliche Huren es auch ſonſt in Mainz giebt,
welche des Abends alle Straßen durchkreuzen, ſo iſt
doch da kein oͤffentliches Haus, wo man unterm
Schutz der Obrigkeit huren koͤnnte. — Ich ſtellte
meinem Freunde vor, daß dergleichen mir als Theo-
logen nachtheilig werden koͤnnte, zumal wenn ich
verrathen, oder erkannt wuͤrde, „Narr, erwie-
„derte der Baron, biſt nicht klug! — wer kennt dich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/389>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.