des Pfarrers ungültig sey, weil er nicht recht bei Sinnen wäre. Herr von Köth erschrak über meine Vorstellung; der Amtmann aber sagte mir gerade heraus, daß ich die Rechte nicht verstünde, und da- her zur Sache nichts sagen könnte. Den Vikariats- rath Hettersdorf besuchte ich auch; aber das ist ein kalter Jesuitenschüler, der mich ohne Trost für den Pfarrer gehen ließ. Nun fragte ich den Assessor Schad, meinen Freund, den ich bei Schönburgen hatte kennen lernen, und der ein vollkommner Rechtsgelehrter war, was in dieser Sache Rechtens wäre? Dieser versicherte mich, daß die Resignation des Pfarrers unstatthaft sey, daß man aber doch ei- nen geschickten Juristen annehmen müßte, der die Sache erst bei Hn. von Köth betriebe, und wenn das nichts helfen würde, zu Wezlar anhängig machte. Dieser Rath gefiel mir, und als ich ihn dem Pfarrer entdeckte, überließ er mir die ganze Sache, und bath mich, einen geschickten Advokaten für ihn anzu- nehmen. Dergleichen Männer sind nun in der Pfalz sehr selten, ob es gleich an Rabulisten nicht fehlt: doch fand ich einen in der Person des Leiningischen Amtmanns Hn. Süssenmiehl zu Bechtheim, eines Juristen, der in der Pfalz, wenige seines glei- chen hat. Ich stellte diesem braven Mann das Un- recht vor, welches man dem guten Thiels anthun wollte, und er nahm sich seiner auf eine so thätige
des Pfarrers unguͤltig ſey, weil er nicht recht bei Sinnen waͤre. Herr von Koͤth erſchrak uͤber meine Vorſtellung; der Amtmann aber ſagte mir gerade heraus, daß ich die Rechte nicht verſtuͤnde, und da- her zur Sache nichts ſagen koͤnnte. Den Vikariats- rath Hettersdorf beſuchte ich auch; aber das iſt ein kalter Jeſuitenſchuͤler, der mich ohne Troſt fuͤr den Pfarrer gehen ließ. Nun fragte ich den Aſſeſſor Schad, meinen Freund, den ich bei Schoͤnburgen hatte kennen lernen, und der ein vollkommner Rechtsgelehrter war, was in dieſer Sache Rechtens waͤre? Dieſer verſicherte mich, daß die Reſignation des Pfarrers unſtatthaft ſey, daß man aber doch ei- nen geſchickten Juriſten annehmen muͤßte, der die Sache erſt bei Hn. von Koͤth betriebe, und wenn das nichts helfen wuͤrde, zu Wezlar anhaͤngig machte. Dieſer Rath gefiel mir, und als ich ihn dem Pfarrer entdeckte, uͤberließ er mir die ganze Sache, und bath mich, einen geſchickten Advokaten fuͤr ihn anzu- nehmen. Dergleichen Maͤnner ſind nun in der Pfalz ſehr ſelten, ob es gleich an Rabuliſten nicht fehlt: doch fand ich einen in der Perſon des Leiningiſchen Amtmanns Hn. Suͤſſenmiehl zu Bechtheim, eines Juriſten, der in der Pfalz, wenige ſeines glei- chen hat. Ich ſtellte dieſem braven Mann das Un- recht vor, welches man dem guten Thiels anthun wollte, und er nahm ſich ſeiner auf eine ſo thaͤtige
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des Pfarrers unguͤltig ſey, weil er nicht recht bei
Sinnen waͤre. Herr von Koͤth erſchrak uͤber meine
Vorſtellung; der Amtmann aber ſagte mir gerade
heraus, daß ich die Rechte nicht verſtuͤnde, und da-
her zur Sache nichts ſagen koͤnnte. Den Vikariats-
rath Hettersdorf beſuchte ich auch; aber das iſt ein
kalter Jeſuitenſchuͤler, der mich ohne Troſt fuͤr den
Pfarrer gehen ließ. Nun fragte ich den Aſſeſſor
Schad, meinen Freund, den ich bei Schoͤnburgen
hatte kennen lernen, und der ein vollkommner
Rechtsgelehrter war, was in dieſer Sache Rechtens
waͤre? Dieſer verſicherte mich, daß die Reſignation
des Pfarrers unſtatthaft ſey, daß man aber doch ei-
nen geſchickten Juriſten annehmen muͤßte, der die
Sache erſt bei Hn. von Koͤth betriebe, und wenn
das nichts helfen wuͤrde, zu Wezlar anhaͤngig machte.
Dieſer Rath gefiel mir, und als ich ihn dem Pfarrer
entdeckte, uͤberließ er mir die ganze Sache, und
bath mich, einen geſchickten Advokaten fuͤr ihn anzu-
nehmen. Dergleichen Maͤnner ſind nun in der Pfalz
ſehr ſelten, ob es gleich an Rabuliſten nicht fehlt:
doch fand ich einen in der Perſon des Leiningiſchen
Amtmanns Hn. Suͤſſenmiehl zu Bechtheim,
eines Juriſten, der in der Pfalz, wenige ſeines glei-
chen hat. Ich ſtellte dieſem braven Mann das Un-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/340>, abgerufen am 25.11.2024.
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