Zeiten der Reformation an, fürchterlich geherrscht hat und noch herrscht. Daher war er denn auch über- trieben orthodox, und roch, wie D. Bahrdt sagt, die Ketzer von weitem. Uebrigens wußte er gar nichts, und war ein trübseliger unwissender Schüler. Und dennoch ließ sich dieser saubere Herr beigehen, ein Buch zum Unterrichte der Kinder in der Rhein- grafschaft herauszugeben. Er sudelte zu dem Ende ein Ding aus seinen dogmatischen Heften zusammen, welches das non plus ultra alles Unsinns und aller Grillenfängerei war: ein Ding, worin sogar von Mittheilung der Eigenschaften, von der Höllenfahrt Christi h), vom Antichrist und von allen Raritäten des Systems weitläuftig gefaselt wird. Am Ende des Wisches steht obendrein ein Anhang von der Verschiedenheit der Religionen, oder eine Nachricht für Bauerkinder, -- von den Gnostikern, Arianern, Nestorianern, Eutychianern, Monothe- leten, Schwenkfeldern, Majoristen, Atheisten, De- isten, u. dgl.
Das Buch wurde ganz in der Stille zu Stras- burg abgedrukt, und sollte auf Befehl des Herrn
h) Auf die Frage: warum Christus zur Hölle gefahren sey? heißt die Antwort: daß er predigte ewige Ver- dammniß den verdammten Geistern, und sich seines Sieges an ihrer Quaal und Marter erfreute. - Pfui der Schadenfreude!
Zeiten der Reformation an, fuͤrchterlich geherrſcht hat und noch herrſcht. Daher war er denn auch uͤber- trieben orthodox, und roch, wie D. Bahrdt ſagt, die Ketzer von weitem. Uebrigens wußte er gar nichts, und war ein truͤbſeliger unwiſſender Schuͤler. Und dennoch ließ ſich dieſer ſaubere Herr beigehen, ein Buch zum Unterrichte der Kinder in der Rhein- grafſchaft herauszugeben. Er ſudelte zu dem Ende ein Ding aus ſeinen dogmatiſchen Heften zuſammen, welches das non plus ultra alles Unſinns und aller Grillenfaͤngerei war: ein Ding, worin ſogar von Mittheilung der Eigenſchaften, von der Hoͤllenfahrt Chriſti h), vom Antichriſt und von allen Raritaͤten des Syſtems weitlaͤuftig gefaſelt wird. Am Ende des Wiſches ſteht obendrein ein Anhang von der Verſchiedenheit der Religionen, oder eine Nachricht fuͤr Bauerkinder, — von den Gnoſtikern, Arianern, Neſtorianern, Eutychianern, Monothe- leten, Schwenkfeldern, Majoriſten, Atheiſten, De- iſten, u. dgl.
Das Buch wurde ganz in der Stille zu Stras- burg abgedrukt, und ſollte auf Befehl des Herrn
h) Auf die Frage: warum Chriſtus zur Hoͤlle gefahren ſey? heißt die Antwort: daß er predigte ewige Ver- dammniß den verdammten Geiſtern, und ſich ſeines Sieges an ihrer Quaal und Marter erfreute. – Pfui der Schadenfreude!
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Zeiten der Reformation an, fuͤrchterlich geherrſcht hat
und noch herrſcht. Daher war er denn auch uͤber-
trieben orthodox, und roch, wie D. Bahrdt ſagt,
die Ketzer von weitem. Uebrigens wußte er gar
nichts, und war ein truͤbſeliger unwiſſender Schuͤler.
Und dennoch ließ ſich dieſer ſaubere Herr beigehen,
ein Buch zum Unterrichte der Kinder in der Rhein-
grafſchaft herauszugeben. Er ſudelte zu dem Ende
ein Ding aus ſeinen dogmatiſchen Heften zuſammen,
welches das non plus ultra alles Unſinns und aller
Grillenfaͤngerei war: ein Ding, worin ſogar von
Mittheilung der Eigenſchaften, von der Hoͤllenfahrt
Chriſti h), vom Antichriſt und von allen Raritaͤten
des Syſtems weitlaͤuftig gefaſelt wird. Am Ende
des Wiſches ſteht obendrein ein Anhang von der
Verſchiedenheit der Religionen, oder eine Nachricht
fuͤr Bauerkinder, — von den Gnoſtikern,
Arianern, Neſtorianern, Eutychianern, Monothe-
leten, Schwenkfeldern, Majoriſten, Atheiſten, De-
iſten, u. dgl.
Das Buch wurde ganz in der Stille zu Stras-
burg abgedrukt, und ſollte auf Befehl des Herrn
h) Auf die Frage: warum Chriſtus zur Hoͤlle gefahren
ſey? heißt die Antwort: daß er predigte ewige Ver-
dammniß den verdammten Geiſtern, und ſich ſeines
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/33>, abgerufen am 24.11.2024.
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