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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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pfehlung an diesen Herrn Stauch; und der war auch
sogleich bereit mir, das beste Zeugniß zu geben,
und mich seinem Vetter de optima nota zu empfeh-
len. Sein Brief würkte; Herr Stauch versprach,
sich für mich zu verwenden, nur möchte er mich erst
sehen, und seinem Herren vorstellen. Ich reisete
also nach Pirmasens, wo der Landgraf Ludwig IX.
seine Residenz hatte. Pirmasens liegt in der Graf-
schaft Lichtenberg ohnweit der französischen Gränze.
Es ist ein kleiner Ort, den der Landgraf voll Solda-
ten gesteckt hat. Man muß wissen, daß dieser Fürst
eben so in Soldaten verliebt war, wie der Herzog
von Zweibrücken in seine Jagdhunde und Katzen.
Nach Darmstadt kam der Landgraf niemals, und die
Regierungsgeschäfte waren gänzlich in den Händen
seiner Bedienten und seiner Kreaturen. Er hatte
immer Mätressen, freilich gegen das Ende seines
Lebens blos zum Spiel und Zeitvertreib. Die, welche
er damals hatte, war ein gemeines Mädchen von
Rheims, die lange in Paris als fille de joie gelebt
hatte. Der Fürst hatte die Gnade gehabt, ihr den
Titel einer Comtesse von Lemberg zu geben.

In Pirmasens logirte ich bei meinem Vetter,
dem reichen Gerber Böhmer, welcher bei Herrn
Stauch gut stand, und mich auch da einführte.
Herr Stauch parlirte französisch mit mir, und war
ausserordentlich höflich. Es war ihm, meinte er,

pfehlung an dieſen Herrn Stauch; und der war auch
ſogleich bereit mir, das beſte Zeugniß zu geben,
und mich ſeinem Vetter de optima nota zu empfeh-
len. Sein Brief wuͤrkte; Herr Stauch verſprach,
ſich fuͤr mich zu verwenden, nur moͤchte er mich erſt
ſehen, und ſeinem Herren vorſtellen. Ich reiſete
alſo nach Pirmaſens, wo der Landgraf Ludwig IX.
ſeine Reſidenz hatte. Pirmaſens liegt in der Graf-
ſchaft Lichtenberg ohnweit der franzoͤſiſchen Graͤnze.
Es iſt ein kleiner Ort, den der Landgraf voll Solda-
ten geſteckt hat. Man muß wiſſen, daß dieſer Fuͤrſt
eben ſo in Soldaten verliebt war, wie der Herzog
von Zweibruͤcken in ſeine Jagdhunde und Katzen.
Nach Darmſtadt kam der Landgraf niemals, und die
Regierungsgeſchaͤfte waren gaͤnzlich in den Haͤnden
ſeiner Bedienten und ſeiner Kreaturen. Er hatte
immer Maͤtreſſen, freilich gegen das Ende ſeines
Lebens blos zum Spiel und Zeitvertreib. Die, welche
er damals hatte, war ein gemeines Maͤdchen von
Rheims, die lange in Paris als fille de joie gelebt
hatte. Der Fuͤrſt hatte die Gnade gehabt, ihr den
Titel einer Comteſſe von Lemberg zu geben.

In Pirmaſens logirte ich bei meinem Vetter,
dem reichen Gerber Boͤhmer, welcher bei Herrn
Stauch gut ſtand, und mich auch da einfuͤhrte.
Herr Stauch parlirte franzoͤſiſch mit mir, und war
auſſerordentlich hoͤflich. Es war ihm, meinte er,

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[312/0326] pfehlung an dieſen Herrn Stauch; und der war auch ſogleich bereit mir, das beſte Zeugniß zu geben, und mich ſeinem Vetter de optima nota zu empfeh- len. Sein Brief wuͤrkte; Herr Stauch verſprach, ſich fuͤr mich zu verwenden, nur moͤchte er mich erſt ſehen, und ſeinem Herren vorſtellen. Ich reiſete alſo nach Pirmaſens, wo der Landgraf Ludwig IX. ſeine Reſidenz hatte. Pirmaſens liegt in der Graf- ſchaft Lichtenberg ohnweit der franzoͤſiſchen Graͤnze. Es iſt ein kleiner Ort, den der Landgraf voll Solda- ten geſteckt hat. Man muß wiſſen, daß dieſer Fuͤrſt eben ſo in Soldaten verliebt war, wie der Herzog von Zweibruͤcken in ſeine Jagdhunde und Katzen. Nach Darmſtadt kam der Landgraf niemals, und die Regierungsgeſchaͤfte waren gaͤnzlich in den Haͤnden ſeiner Bedienten und ſeiner Kreaturen. Er hatte immer Maͤtreſſen, freilich gegen das Ende ſeines Lebens blos zum Spiel und Zeitvertreib. Die, welche er damals hatte, war ein gemeines Maͤdchen von Rheims, die lange in Paris als fille de joie gelebt hatte. Der Fuͤrſt hatte die Gnade gehabt, ihr den Titel einer Comteſſe von Lemberg zu geben. In Pirmaſens logirte ich bei meinem Vetter, dem reichen Gerber Boͤhmer, welcher bei Herrn Stauch gut ſtand, und mich auch da einfuͤhrte. Herr Stauch parlirte franzoͤſiſch mit mir, und war auſſerordentlich hoͤflich. Es war ihm, meinte er,

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/326>, abgerufen am 28.11.2024.