sprechen Sie mir, daß Sie Heute Nachmittag um 3 Uhr im Schloßgarten seyn wollen, da soll er an der Landgräfin Begräbniß auf Sie warten. Wollen Sie?
Sie: Das kann ich nicht.
Ich: So kömmt wahrlich der närrische Amts- verwalter hieher. Sie kennen ihn, und haben nichts als Schimpf und Schande davon. Ich dächte, Sie machtens, wie ich Ihnen gesagt habe.
Das gute Kind sann hin und her, und wußte nicht, wozu sie sich entschließen sollte: nachdem ich ihr aber betheuert hatte, daß der Amtsverwalter ganz gewiß selbst kommen, und Skandal machen würde; so versprach sie endlich, um 3 Uhr in den Schloßgarten zu kommen. Ich berichtete diesen Trost meinem Schönburg, und der flog schon gleich nach zwei Uhr in den Schloßgarten. Als er wieder zu- rück kam, war er ganz ausser sich vor Freuden, soff vor lauter Jubel drei Buteillen Burgunder ganz allein aus, und ward so selig, daß er nicht mehr ste- hen konnte.
Aber, werden meine Leser fragen, blieben Sie denn so nüchtern? -- Hören Sie nur an, lieben Leser. Ich war nicht zu Hause, als das vorging, und hatte einen guten Freund besucht, der mich nun eben zum Trinken nicht forcirte. Als ich nach dem
ſprechen Sie mir, daß Sie Heute Nachmittag um 3 Uhr im Schloßgarten ſeyn wollen, da ſoll er an der Landgraͤfin Begraͤbniß auf Sie warten. Wollen Sie?
Sie: Das kann ich nicht.
Ich: So koͤmmt wahrlich der naͤrriſche Amts- verwalter hieher. Sie kennen ihn, und haben nichts als Schimpf und Schande davon. Ich daͤchte, Sie machtens, wie ich Ihnen geſagt habe.
Das gute Kind ſann hin und her, und wußte nicht, wozu ſie ſich entſchließen ſollte: nachdem ich ihr aber betheuert hatte, daß der Amtsverwalter ganz gewiß ſelbſt kommen, und Skandal machen wuͤrde; ſo verſprach ſie endlich, um 3 Uhr in den Schloßgarten zu kommen. Ich berichtete dieſen Troſt meinem Schoͤnburg, und der flog ſchon gleich nach zwei Uhr in den Schloßgarten. Als er wieder zu- ruͤck kam, war er ganz auſſer ſich vor Freuden, ſoff vor lauter Jubel drei Buteillen Burgunder ganz allein aus, und ward ſo ſelig, daß er nicht mehr ſte- hen konnte.
Aber, werden meine Leſer fragen, blieben Sie denn ſo nuͤchtern? — Hoͤren Sie nur an, lieben Leſer. Ich war nicht zu Hauſe, als das vorging, und hatte einen guten Freund beſucht, der mich nun eben zum Trinken nicht forcirte. Als ich nach dem
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ſprechen Sie mir, daß Sie Heute Nachmittag um
3 Uhr im Schloßgarten ſeyn wollen, da ſoll er an
der Landgraͤfin Begraͤbniß auf Sie warten. Wollen
Sie?
Sie: Das kann ich nicht.
Ich: So koͤmmt wahrlich der naͤrriſche Amts-
verwalter hieher. Sie kennen ihn, und haben nichts
als Schimpf und Schande davon. Ich daͤchte, Sie
machtens, wie ich Ihnen geſagt habe.
Das gute Kind ſann hin und her, und wußte
nicht, wozu ſie ſich entſchließen ſollte: nachdem ich
ihr aber betheuert hatte, daß der Amtsverwalter
ganz gewiß ſelbſt kommen, und Skandal machen
wuͤrde; ſo verſprach ſie endlich, um 3 Uhr in den
Schloßgarten zu kommen. Ich berichtete dieſen
Troſt meinem Schoͤnburg, und der flog ſchon gleich
nach zwei Uhr in den Schloßgarten. Als er wieder zu-
ruͤck kam, war er ganz auſſer ſich vor Freuden, ſoff
vor lauter Jubel drei Buteillen Burgunder ganz
allein aus, und ward ſo ſelig, daß er nicht mehr ſte-
hen konnte.
Aber, werden meine Leſer fragen, blieben Sie
denn ſo nuͤchtern? — Hoͤren Sie nur an, lieben
Leſer. Ich war nicht zu Hauſe, als das vorging,
und hatte einen guten Freund beſucht, der mich nun
eben zum Trinken nicht forcirte. Als ich nach dem
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/288>, abgerufen am 24.11.2024.
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