und gingen so wohlbezecht nach Hause. Wir fuhren fort den Schnapps- konradi fleißig zu besuchen; wa- ren aber doch nicht im Stande, die Mode aus Nö- ßeln zu Schnappsen, einzuführen, obgleich einige es nachmachten: denn man kann nichts so sehr närri- sches anfangen, das nicht einige Nachahmer finden sollte.
Herr Walch erfuhr diese Wirthschaft, und gab mir deshalb einen derben Wischer. Ich unterließ hierauf das häufige Besuchen des Konradi's, des Kellers und der Dörfer, und fing an, ernstlich zu studiren.
Meine Kollegien hatte ich, so lange ich mich in Göttingen aufhielt, so eingetheilt, daß ich bei Mi- chaelis die Psalmen, das Mosaische Recht und den Hiob hörte: bei Schlözern die Staatengeschichte, bei Walchen Kirchengeschichte und Dogmatik, bei Herrn Leß Moral, aber nicht ganz aus, bei Heyne eini- ge Philologica, bei Kästner Mathematik u. s. w. Den Herrn Kulenkamp konnte ich in der Erklä- rung des Theokrits nicht ausstehen: da wußte ich mehr als er, ob ich gleich blutwenig wußte. Es ist wunderbar, daß ein Kulenkamp es sich heraus- nimmt, auf einer Universität zu dociren, wo ein Heyne ähnliche Vorlesungen hält! Der verstorbene Geheimerath Klotz hat ihm mehrmals die Exerci- tia korrigirt.
und gingen ſo wohlbezecht nach Hauſe. Wir fuhren fort den Schnapps- konradi fleißig zu beſuchen; wa- ren aber doch nicht im Stande, die Mode aus Noͤ- ßeln zu Schnappſen, einzufuͤhren, obgleich einige es nachmachten: denn man kann nichts ſo ſehr naͤrri- ſches anfangen, das nicht einige Nachahmer finden ſollte.
Herr Walch erfuhr dieſe Wirthſchaft, und gab mir deshalb einen derben Wiſcher. Ich unterließ hierauf das haͤufige Beſuchen des Konradi's, des Kellers und der Doͤrfer, und fing an, ernſtlich zu ſtudiren.
Meine Kollegien hatte ich, ſo lange ich mich in Goͤttingen aufhielt, ſo eingetheilt, daß ich bei Mi- chaelis die Pſalmen, das Moſaiſche Recht und den Hiob hoͤrte: bei Schloͤzern die Staatengeſchichte, bei Walchen Kirchengeſchichte und Dogmatik, bei Herrn Leß Moral, aber nicht ganz aus, bei Heyne eini- ge Philologica, bei Kaͤſtner Mathematik u. ſ. w. Den Herrn Kulenkamp konnte ich in der Erklaͤ- rung des Theokrits nicht ausſtehen: da wußte ich mehr als er, ob ich gleich blutwenig wußte. Es iſt wunderbar, daß ein Kulenkamp es ſich heraus- nimmt, auf einer Univerſitaͤt zu dociren, wo ein Heyne aͤhnliche Vorleſungen haͤlt! Der verſtorbene Geheimerath Klotz hat ihm mehrmals die Exerci- tia korrigirt.
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und gingen ſo wohlbezecht nach Hauſe. Wir fuhren
fort den Schnapps- konradi fleißig zu beſuchen; wa-
ren aber doch nicht im Stande, die Mode aus Noͤ-
ßeln zu Schnappſen, einzufuͤhren, obgleich einige es
nachmachten: denn man kann nichts ſo ſehr naͤrri-
ſches anfangen, das nicht einige Nachahmer finden
ſollte.
Herr Walch erfuhr dieſe Wirthſchaft, und gab
mir deshalb einen derben Wiſcher. Ich unterließ
hierauf das haͤufige Beſuchen des Konradi's, des
Kellers und der Doͤrfer, und fing an, ernſtlich zu
ſtudiren.
Meine Kollegien hatte ich, ſo lange ich mich in
Goͤttingen aufhielt, ſo eingetheilt, daß ich bei Mi-
chaelis die Pſalmen, das Moſaiſche Recht und den
Hiob hoͤrte: bei Schloͤzern die Staatengeſchichte, bei
Walchen Kirchengeſchichte und Dogmatik, bei Herrn
Leß Moral, aber nicht ganz aus, bei Heyne eini-
ge Philologica, bei Kaͤſtner Mathematik u. ſ. w.
Den Herrn Kulenkamp konnte ich in der Erklaͤ-
rung des Theokrits nicht ausſtehen: da wußte ich
mehr als er, ob ich gleich blutwenig wußte. Es
iſt wunderbar, daß ein Kulenkamp es ſich heraus-
nimmt, auf einer Univerſitaͤt zu dociren, wo ein
Heyne aͤhnliche Vorleſungen haͤlt! Der verſtorbene
Geheimerath Klotz hat ihm mehrmals die Exerci-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/270>, abgerufen am 21.11.2024.
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