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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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Nach ohngefähr drei Stunden kam der Major
zurück mit noch zwei jungen Officieren. Der eine
war der Sohn eines lutherischen Predigers aus
Schwaben, und hieß Funk. Der Major trat ganz
höflich zu mir "Mein Freund sagte er, Sie geben
die vier Dukaten heraus!" -- Ich that dieses mit
Freuden -- "der Spektakel hier, fuhr er fort, hat
"ohngefähr zwölf Reichsthaler Unkosten gemacht: aber
"da Sie wahrscheinlich nicht so viel bei sich haben;
"so habe ich mit Herrn Bucher gesprochen, und der
"haftet dafür. Sie schicken aber innerhalb sechs
"Wochen zwölf Thaler an den ehrlichen Mann, da-
"mit er sie sonst nicht aus seinem Beutel bezahlen
"müsse. Uebrigens sind Sie frei: denn unser Kai-
"ser will nicht, daß man besoffene Leute anwirbt:
"ja, wenn Sie auch jetzt Dienste nehmen wollten;
"so müßten Sie erst Ihren Rausch ausschlafen."

Ich: Herr Major, wie soll ich Ihnen meinen
Dank --

Major: Stille, mein Freund: ich thue, was
Menschenliebe erfordert, und vollbringe den Willen
meines Herrn, der edel denkt. Danken Sie Gott,
daß der Emissär Sie nicht in ein Paar andere der
hiesigen Werbhäuser geführt hat. Da wären Sie,
so wahr ich lebe, nicht wieder weggekommen. Diese
Herren scheeren sich den Henker um Menschenliebe und
Menschenrechte, wenn sie nur Leute kriegen: obs ehr-

Nach ohngefaͤhr drei Stunden kam der Major
zuruͤck mit noch zwei jungen Officieren. Der eine
war der Sohn eines lutheriſchen Predigers aus
Schwaben, und hieß Funk. Der Major trat ganz
hoͤflich zu mir „Mein Freund ſagte er, Sie geben
die vier Dukaten heraus!“ — Ich that dieſes mit
Freuden — „der Spektakel hier, fuhr er fort, hat
„ohngefaͤhr zwoͤlf Reichsthaler Unkoſten gemacht: aber
„da Sie wahrſcheinlich nicht ſo viel bei ſich haben;
„ſo habe ich mit Herrn Bucher geſprochen, und der
„haftet dafuͤr. Sie ſchicken aber innerhalb ſechs
„Wochen zwoͤlf Thaler an den ehrlichen Mann, da-
„mit er ſie ſonſt nicht aus ſeinem Beutel bezahlen
„muͤſſe. Uebrigens ſind Sie frei: denn unſer Kai-
„ſer will nicht, daß man beſoffene Leute anwirbt:
„ja, wenn Sie auch jetzt Dienſte nehmen wollten;
„ſo muͤßten Sie erſt Ihren Rauſch ausſchlafen.“

Ich: Herr Major, wie ſoll ich Ihnen meinen
Dank —

Major: Stille, mein Freund: ich thue, was
Menſchenliebe erfordert, und vollbringe den Willen
meines Herrn, der edel denkt. Danken Sie Gott,
daß der Emiſſaͤr Sie nicht in ein Paar andere der
hieſigen Werbhaͤuſer gefuͤhrt hat. Da waͤren Sie,
ſo wahr ich lebe, nicht wieder weggekommen. Dieſe
Herren ſcheeren ſich den Henker um Menſchenliebe und
Menſchenrechte, wenn ſie nur Leute kriegen: obs ehr-

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[244/0258] Nach ohngefaͤhr drei Stunden kam der Major zuruͤck mit noch zwei jungen Officieren. Der eine war der Sohn eines lutheriſchen Predigers aus Schwaben, und hieß Funk. Der Major trat ganz hoͤflich zu mir „Mein Freund ſagte er, Sie geben die vier Dukaten heraus!“ — Ich that dieſes mit Freuden — „der Spektakel hier, fuhr er fort, hat „ohngefaͤhr zwoͤlf Reichsthaler Unkoſten gemacht: aber „da Sie wahrſcheinlich nicht ſo viel bei ſich haben; „ſo habe ich mit Herrn Bucher geſprochen, und der „haftet dafuͤr. Sie ſchicken aber innerhalb ſechs „Wochen zwoͤlf Thaler an den ehrlichen Mann, da- „mit er ſie ſonſt nicht aus ſeinem Beutel bezahlen „muͤſſe. Uebrigens ſind Sie frei: denn unſer Kai- „ſer will nicht, daß man beſoffene Leute anwirbt: „ja, wenn Sie auch jetzt Dienſte nehmen wollten; „ſo muͤßten Sie erſt Ihren Rauſch ausſchlafen.“ Ich: Herr Major, wie ſoll ich Ihnen meinen Dank — Major: Stille, mein Freund: ich thue, was Menſchenliebe erfordert, und vollbringe den Willen meines Herrn, der edel denkt. Danken Sie Gott, daß der Emiſſaͤr Sie nicht in ein Paar andere der hieſigen Werbhaͤuſer gefuͤhrt hat. Da waͤren Sie, ſo wahr ich lebe, nicht wieder weggekommen. Dieſe Herren ſcheeren ſich den Henker um Menſchenliebe und Menſchenrechte, wenn ſie nur Leute kriegen: obs ehr-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/258>, abgerufen am 27.11.2024.