Ich mußte mit ihm hinabgehen. In der großen Stube fanden wir eine Menge Leute; aber mein sau- berer Begleiter war nicht darunter. Hören Sie, meine Herren, fing mein Unterofficier an, ist der Herr da halter nicht Soldat? -- Alle bejahten dies. Hat er halter nicht Handgeld genommen? -- Auch diese Frage wurde bejahet. Ich läugnete das alles, aber man befahl mir, meine Börse zu untersuchen. Ich that es und fand, außer meinem Gelde, noch vier Kremnitzer Dukaten. Ich erschrack zu Tode, da ich den Beweis sahe, von dem, was der Unter- officier mir gesagt hatte. Doch faßte ich mich, und fragte, ob kein Officier da wäre: ich müste mit ihm sprechen. Das soll schon halter geschehen, war die Antwort: er wird bald kommen.
Ich setzte mich in eine Ecke des Zimmers, stieß jeden, der mit mir reden wollte, von mir, forderte ein Glas Brandtewein, und las vor lauter Aerger in mei- nem Siegwart. So leerte ich zwei oder drei Gläser, und da der Spiritus vom vorigen Tage noch nicht ganz verraucht war; so wurde mein Kopf wieder verwirrt.
Es schlug zwölf, und noch kam kein Officier. Ich ließ mir etwas zu essen geben, und muste vieles
Erster Theil. Q
Ich: Was, Soldat?
Der Unterof. Ja, komm nur mit hinunter.
Ich mußte mit ihm hinabgehen. In der großen Stube fanden wir eine Menge Leute; aber mein ſau- berer Begleiter war nicht darunter. Hoͤren Sie, meine Herren, fing mein Unterofficier an, iſt der Herr da halter nicht Soldat? — Alle bejahten dies. Hat er halter nicht Handgeld genommen? — Auch dieſe Frage wurde bejahet. Ich laͤugnete das alles, aber man befahl mir, meine Boͤrſe zu unterſuchen. Ich that es und fand, außer meinem Gelde, noch vier Kremnitzer Dukaten. Ich erſchrack zu Tode, da ich den Beweis ſahe, von dem, was der Unter- officier mir geſagt hatte. Doch faßte ich mich, und fragte, ob kein Officier da waͤre: ich muͤſte mit ihm ſprechen. Das ſoll ſchon halter geſchehen, war die Antwort: er wird bald kommen.
Ich ſetzte mich in eine Ecke des Zimmers, ſtieß jeden, der mit mir reden wollte, von mir, forderte ein Glas Brandtewein, und las vor lauter Aerger in mei- nem Siegwart. So leerte ich zwei oder drei Glaͤſer, und da der Spiritus vom vorigen Tage noch nicht ganz verraucht war; ſo wurde mein Kopf wieder verwirrt.
Es ſchlug zwoͤlf, und noch kam kein Officier. Ich ließ mir etwas zu eſſen geben, und muſte vieles
Erſter Theil. Q
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Ich: Was, Soldat?
Der Unterof. Ja, komm nur mit hinunter.
Ich mußte mit ihm hinabgehen. In der großen
Stube fanden wir eine Menge Leute; aber mein ſau-
berer Begleiter war nicht darunter. Hoͤren Sie,
meine Herren, fing mein Unterofficier an, iſt der
Herr da halter nicht Soldat? — Alle bejahten dies.
Hat er halter nicht Handgeld genommen? — Auch
dieſe Frage wurde bejahet. Ich laͤugnete das alles,
aber man befahl mir, meine Boͤrſe zu unterſuchen.
Ich that es und fand, außer meinem Gelde, noch
vier Kremnitzer Dukaten. Ich erſchrack zu Tode,
da ich den Beweis ſahe, von dem, was der Unter-
officier mir geſagt hatte. Doch faßte ich mich, und
fragte, ob kein Officier da waͤre: ich muͤſte mit ihm
ſprechen. Das ſoll ſchon halter geſchehen, war die
Antwort: er wird bald kommen.
Ich ſetzte mich in eine Ecke des Zimmers, ſtieß
jeden, der mit mir reden wollte, von mir, forderte ein
Glas Brandtewein, und las vor lauter Aerger in mei-
nem Siegwart. So leerte ich zwei oder drei Glaͤſer,
und da der Spiritus vom vorigen Tage noch nicht
ganz verraucht war; ſo wurde mein Kopf wieder
verwirrt.
Es ſchlug zwoͤlf, und noch kam kein Officier.
Ich ließ mir etwas zu eſſen geben, und muſte vieles
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/255>, abgerufen am 23.11.2024.
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