mußte er auf einige Tage nach Cordanopolis wan- dern.
Ich war, als dieses vorgieng, in einem Ne- benzimmer, wo ein gewisses Frauenzimmer, welches ich kannte, mir Thee einschenkte. Es war die De- moiselle Langsdorf, welche mir besonders gewo- gen war, weil ich einem dummen Jungen (Musje Lauer hieß er), der ihr einen Eckelnamen einst gab, derbe Ohrfeigen zugetheilt hatte. Diese Heldenthat hatte sie erfahren, und belohnte mich dafür mit ihrer Freundschaft u). Mamsel Langsdorf hatte wohl gesehen, daß es mit mir nicht richtig war: sie sorgte also dafür, daß ich im Nebenzimmer blieb, und kei- nen Skandal machte, wie mein Kamerad. Endlich ging ich doch in den Tanzsaal, und tanzte einige Menuets; wie aber -- das kann man schon denken!
Kurz darauf schrieb ich meinem Vater, daß jetzt bald Ferien wären: er möchte mir also erlauben, ihn zu besuchen. Meine Leser errathen, ohne daß
u) Woraus sich die Regel ergiebt: daß man sich beim Frauenzimmer stark in Gunst setzt, wenn man ihrent- wegen Ohrfeigen austheilt. Die alten Ritter waren warlich nicht dumm: sie wagten noch mehr; aber auch -- wie's sich versteht -- gegen etwas mehr, als eine Tasse Thee.
Erster Theil. K
mußte er auf einige Tage nach Cordanopolis wan- dern.
Ich war, als dieſes vorgieng, in einem Ne- benzimmer, wo ein gewiſſes Frauenzimmer, welches ich kannte, mir Thee einſchenkte. Es war die De- moiſelle Langsdorf, welche mir beſonders gewo- gen war, weil ich einem dummen Jungen (Musje Lauer hieß er), der ihr einen Eckelnamen einſt gab, derbe Ohrfeigen zugetheilt hatte. Dieſe Heldenthat hatte ſie erfahren, und belohnte mich dafuͤr mit ihrer Freundſchaft u). Mamſel Langsdorf hatte wohl geſehen, daß es mit mir nicht richtig war: ſie ſorgte alſo dafuͤr, daß ich im Nebenzimmer blieb, und kei- nen Skandal machte, wie mein Kamerad. Endlich ging ich doch in den Tanzſaal, und tanzte einige Menuets; wie aber — das kann man ſchon denken!
Kurz darauf ſchrieb ich meinem Vater, daß jetzt bald Ferien waͤren: er moͤchte mir alſo erlauben, ihn zu beſuchen. Meine Leſer errathen, ohne daß
u) Woraus ſich die Regel ergiebt: daß man ſich beim Frauenzimmer ſtark in Gunſt ſetzt, wenn man ihrent- wegen Ohrfeigen austheilt. Die alten Ritter waren warlich nicht dumm: ſie wagten noch mehr; aber auch — wie's ſich verſteht — gegen etwas mehr, als eine Taſſe Thee.
Erſter Theil. K
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0159"n="145"/>
mußte er auf einige Tage nach Cordanopolis wan-<lb/>
dern.</p><lb/><p>Ich war, als dieſes vorgieng, in einem Ne-<lb/>
benzimmer, wo ein gewiſſes Frauenzimmer, welches<lb/>
ich kannte, mir Thee einſchenkte. Es war die De-<lb/>
moiſelle <hirendition="#g">Langsdorf</hi>, welche mir beſonders gewo-<lb/>
gen war, weil ich einem dummen Jungen (Musje<lb/>
Lauer hieß er), der ihr einen Eckelnamen einſt gab,<lb/>
derbe Ohrfeigen zugetheilt hatte. Dieſe Heldenthat<lb/>
hatte ſie erfahren, und belohnte mich dafuͤr mit ihrer<lb/>
Freundſchaft <noteplace="foot"n="u)">Woraus ſich die Regel ergiebt: daß man ſich beim<lb/>
Frauenzimmer ſtark in Gunſt ſetzt, wenn man ihrent-<lb/>
wegen Ohrfeigen austheilt. Die alten Ritter waren<lb/>
warlich nicht dumm: ſie wagten noch mehr; aber<lb/>
auch — wie's ſich verſteht — gegen etwas mehr, als<lb/>
eine Taſſe Thee.</note>. Mamſel <hirendition="#g">Langsdorf</hi> hatte wohl<lb/>
geſehen, daß es mit mir nicht richtig war: ſie ſorgte<lb/>
alſo dafuͤr, daß ich im Nebenzimmer blieb, und kei-<lb/>
nen Skandal machte, wie mein Kamerad. Endlich<lb/>
ging ich doch in den Tanzſaal, und tanzte einige<lb/>
Menuets; wie aber — das kann man ſchon<lb/>
denken!</p><lb/><p>Kurz darauf ſchrieb ich meinem Vater, daß<lb/>
jetzt bald Ferien waͤren: er moͤchte mir alſo erlauben,<lb/>
ihn zu beſuchen. Meine Leſer errathen, ohne daß<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Erſter Theil. K</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[145/0159]
mußte er auf einige Tage nach Cordanopolis wan-
dern.
Ich war, als dieſes vorgieng, in einem Ne-
benzimmer, wo ein gewiſſes Frauenzimmer, welches
ich kannte, mir Thee einſchenkte. Es war die De-
moiſelle Langsdorf, welche mir beſonders gewo-
gen war, weil ich einem dummen Jungen (Musje
Lauer hieß er), der ihr einen Eckelnamen einſt gab,
derbe Ohrfeigen zugetheilt hatte. Dieſe Heldenthat
hatte ſie erfahren, und belohnte mich dafuͤr mit ihrer
Freundſchaft u). Mamſel Langsdorf hatte wohl
geſehen, daß es mit mir nicht richtig war: ſie ſorgte
alſo dafuͤr, daß ich im Nebenzimmer blieb, und kei-
nen Skandal machte, wie mein Kamerad. Endlich
ging ich doch in den Tanzſaal, und tanzte einige
Menuets; wie aber — das kann man ſchon
denken!
Kurz darauf ſchrieb ich meinem Vater, daß
jetzt bald Ferien waͤren: er moͤchte mir alſo erlauben,
ihn zu beſuchen. Meine Leſer errathen, ohne daß
u) Woraus ſich die Regel ergiebt: daß man ſich beim
Frauenzimmer ſtark in Gunſt ſetzt, wenn man ihrent-
wegen Ohrfeigen austheilt. Die alten Ritter waren
warlich nicht dumm: ſie wagten noch mehr; aber
auch — wie's ſich verſteht — gegen etwas mehr, als
eine Taſſe Thee.
Erſter Theil. K
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/159>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.