Vorwürfe machen dürfen. Das waren aber meine tollen Streiche noch nicht alle.
Einmal war es mir gar eingefallen, einem Ball am Ludwigstage als dem Namenstage des Landgrafen, beizuwohnen. Ich ließ mich deswegen chapeaubas frisiren, zog seidne Strümpfe an -- und ging nach dem Rathhause zu, wo der Ball gegeben wurde. Unterwegs begegnete mir ein gewisser Brumhard, welcher eben dahin wollte. Wir beredeten uns, vor- her zum Stangenwirth -- so hieß der Wirth Bal- thasar bei den Studenten -- zu gehen, und da einige Stangen Doppelbier auszuleeren. Als wir ins Bierhaus kamen -- man stelle sich eine erzraucherige Stube, voll Tabacksqualm vor, wo Studenten, Philister und Soldaten beisammen sitzen, und Bier trinken: und dann denke man sich uns beide, ball- mäßig gekleidet und chapeaubas auf der Bierbank mit einer Stange -- einem großen Paßglase in der Hand: -- genug, als wir hinkamen, fanden wir so viel Bekannte, daß wir bis zehn Uhr verweilten, und uns derb benebelten. Dann fiel es uns ein, auf den Ball zu gehen. Wir gingen hin; aber gleich merkte jederman, daß uns der Kopf schwer war. Brumhard hörte, daß man sich über ihn aufhielt, er fing daher an zu spektakeln, bis man ihn endlich zur Thür hinaus transportirte. Er trat hierauf vors Rathhaus und perirte den ganzen Ball: dafür
Vorwuͤrfe machen duͤrfen. Das waren aber meine tollen Streiche noch nicht alle.
Einmal war es mir gar eingefallen, einem Ball am Ludwigstage als dem Namenstage des Landgrafen, beizuwohnen. Ich ließ mich deswegen chapeaubas friſiren, zog ſeidne Struͤmpfe an — und ging nach dem Rathhauſe zu, wo der Ball gegeben wurde. Unterwegs begegnete mir ein gewiſſer Brumhard, welcher eben dahin wollte. Wir beredeten uns, vor- her zum Stangenwirth — ſo hieß der Wirth Bal- thaſar bei den Studenten — zu gehen, und da einige Stangen Doppelbier auszuleeren. Als wir ins Bierhaus kamen — man ſtelle ſich eine erzraucherige Stube, voll Tabacksqualm vor, wo Studenten, Philiſter und Soldaten beiſammen ſitzen, und Bier trinken: und dann denke man ſich uns beide, ball- maͤßig gekleidet und chapeaubas auf der Bierbank mit einer Stange — einem großen Paßglaſe in der Hand: — genug, als wir hinkamen, fanden wir ſo viel Bekannte, daß wir bis zehn Uhr verweilten, und uns derb benebelten. Dann fiel es uns ein, auf den Ball zu gehen. Wir gingen hin; aber gleich merkte jederman, daß uns der Kopf ſchwer war. Brumhard hoͤrte, daß man ſich uͤber ihn aufhielt, er fing daher an zu ſpektakeln, bis man ihn endlich zur Thuͤr hinaus transportirte. Er trat hierauf vors Rathhaus und perirte den ganzen Ball: dafuͤr
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Vorwuͤrfe machen duͤrfen. Das waren aber meine
tollen Streiche noch nicht alle.
Einmal war es mir gar eingefallen, einem Ball
am Ludwigstage als dem Namenstage des Landgrafen,
beizuwohnen. Ich ließ mich deswegen chapeaubas
friſiren, zog ſeidne Struͤmpfe an — und ging nach
dem Rathhauſe zu, wo der Ball gegeben wurde.
Unterwegs begegnete mir ein gewiſſer Brumhard,
welcher eben dahin wollte. Wir beredeten uns, vor-
her zum Stangenwirth — ſo hieß der Wirth Bal-
thaſar bei den Studenten — zu gehen, und da einige
Stangen Doppelbier auszuleeren. Als wir ins
Bierhaus kamen — man ſtelle ſich eine erzraucherige
Stube, voll Tabacksqualm vor, wo Studenten,
Philiſter und Soldaten beiſammen ſitzen, und Bier
trinken: und dann denke man ſich uns beide, ball-
maͤßig gekleidet und chapeaubas auf der Bierbank
mit einer Stange — einem großen Paßglaſe in der
Hand: — genug, als wir hinkamen, fanden wir ſo
viel Bekannte, daß wir bis zehn Uhr verweilten,
und uns derb benebelten. Dann fiel es uns ein, auf
den Ball zu gehen. Wir gingen hin; aber gleich
merkte jederman, daß uns der Kopf ſchwer war.
Brumhard hoͤrte, daß man ſich uͤber ihn aufhielt,
er fing daher an zu ſpektakeln, bis man ihn endlich
zur Thuͤr hinaus transportirte. Er trat hierauf
vors Rathhaus und perirte den ganzen Ball: dafuͤr
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/158>, abgerufen am 24.11.2024.
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